„Die Pharmazierätin kontrolliert unsere Öffnungszeiten"

Apotheke von ÖPNV abhängig: Droht das Aus wegen 14 Minuten?

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Berlin -

Bodo Möller-Holtkamp ärgert sich: Seine Rursee-Apotheke in Nideggen bei Düren muss eigentlich 9 Uhr öffnen. Weil der öffentliche Nahverkehr, auf den seine angestellte Apothekerin angewiesen ist, den kleinen Ort im Aachener Raum aber erst 14 Minuten später erreicht, droht dem Inhaber nun die Schließung. Ein Gerichtsprozess wird im März beginnen.

Maren Wehr ist 78 Jahre alt und leidet unter einer Sehschwäche. Da sie nicht mehr Auto fahren kann, ist sie angewiesen auf den Rurtalbus, um weiterhin in der Rursee-Apotheke zu arbeiten. Gemeinsam mit ihrem Chef, mit dem sie auch privat liiert ist, der aber noch zwei weitere Apotheken betreibt und daher die Frühschicht nicht selbst übernehmen kann, hält sie so die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln in Nideggen aufrecht.

Das Problem: Der Bus kommt zu spät, ganze 14 Minuten. Die zuständige Pharmazierätin sei sehr gewissenhaft und kontrolliere regelmäßig, ob die Apotheke auch zur vorgeschriebenen Zeit geöffnet sei: „Drei Minuten nach 9 Uhr klingelt bei uns in der Apotheke das Telefon. Die Pharmazierätin prüft, ob jemand anwesend ist. Meine Partnerin kommt aber erst 14 Minuten nach 9 Uhr mit dem Bus vor der Apotheke an. Absurderweise zählt jede Minute.“

PTA darf nicht vertreten

Eine Vertretung für die beiden Approbierten konnte bisher nicht gefunden werden. Die einzige Angestellte ist eine erfahrene PTA, aber auch sie darf die kurze Zeit nicht aushelfen. „Unsere PTA könnte uns sehr gut vertreten. Sie ist berufserfahren und könnte die paar Minuten die Verantwortung übernehmen, aber da schiebt der Gesetzgeber den Riegel davor. Ich frage mich wirklich, was wichtiger ist: die Versorgung der Bevölkerung oder die Schließung der Apotheke aufgrund von 14 Minuten ohne Apotheker“, so Möller-Holtkamp.

Politik mischt sich ein

Zwischenzeitlich habe auch die Politik von dem abstrusen Fall gehört: „Der CDU-Landtagsabgeordnete Ralf Nolten aus Düren will die Schließung meiner Apotheke verhindern. Da wir hier im ländlichen Raum auf jede Apotheke angewiesen sind, hat er sich mit der Apothekerkammer Nordrhein auseinandergesetzt.“ Möller-Holtkamp hofft nun auf eine Ausnahmegenehmigung wegen wichtiger Gründe. Eine leichte Veränderung der Öffnungszeiten könnte das Problem lösen. Erst kürzlich musste der Apotheker diese anpassen, da Personal fehlt.

Bei der Kammer habe man von einem „Zielkonflikt“, gesprochen, berichtet Möller-Holtkamp: Als Inhaber sei er zur Öffnung um 9 Uhr angehalten. Die Regeln seien eindeutig. Man habe ihm geraten, einen begründeten Antrag auf Ausnahme von der Allgemeinverfügung zu den Öffnungszeiten zu stellen – und ihm versprochen, alles im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten zu tun, um die Schließung zu verhindern.

Prozess startet im März 2023

Möller-Holtkamp schaltete dafür einen Rechtsanwalt ein: „Wir werden den Antrag auf Ausnahmegenehmigung an die Kammer richten, aber parallel möchten wir gerichtlich prüfen lassen, warum eine kurze Vertretung durch eine fachkundige PTA nicht zulässig sein soll. Der Prozess dazu startet im März.“ Abschließend erwähnt Möller-Holtkamp noch seinen anstehenden 80. Geburtstag. Den würde er gern feiern, doch auch dazu bräuchte er eine Vertretung durch einen Approbierten.

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