Baustellen

Eingesperrtes Einhorn in Schwabstedt Torsten Bless, 22.07.2017 08:49 Uhr

Berlin - 

Seit einem guten Monat schneiden Straßenbaumaßnahmen die Einhorn-Apotheke praktisch von der Außenwelt ab. Inhaberin Frauke ter Haseborg beklagt mangelnde Kooperation der ausführenden Firma und der zuständigen Landesbehörden.

Ter Haseborg arbeitet seit 1976 als Apothekerin, seit 20 Jahren führt sie die Einhorn-Apotheke im nordfriesischen Schwabstedt. Doch auch all ihre Berufserfahrung hat sie nicht darauf vorbereiten können, was sie und ihr Team seit Anfang Mai durchleben müssen.

„Die Kreisstraße soll schon seit 20 Jahren renoviert werden“, berichtet ter Haseborg. „Jetzt ist es endlich so weit.“ Die zuständigen Behörden hätten am Anfang die Bewohner beschwichtigt. Doch die Folgen fielen dann doch gravierender aus, als zunächst vorhergesagt. Die Apotheke wurde wie die übrigen Anlieger erst einmal mit einer Vollsperrung praktisch von der Außenwelt abgeschnitten.

„Man hat alles aufgerissen und provisorisch wieder zugeschüttet. Die Kunden können von zwei Seiten zu uns gelangen, eine Seite ist aber immer komplett dicht“, sagt die Apothekerin. „Welche das ist, wechselt sich immer ab, sodass sich unsere Kunden nicht darauf einstellen können. Ständig gibt es neue ‚Durchfahrt verboten‘-Schilder. Wenn die Kunden zu uns wollen, müssen sie eigentlich ständig die Straßenverkehrsordnung verletzen. Für ältere Menschen ist das unzumutbar.“

Die Baufirma sei für Anfragen nicht gerade zugänglich. „Für meine Begriffe hätte man eine Lösung finden können, die den Apothekenbetrieb nicht so beeinträchtigt. Mit einem oder zwei Tagen Sperrung hätte ich leben können. Aber es wird so gearbeitet, dass immer neue Barrikaden und Gruben aufgebaut werden. Die Bagger hantieren so, dass man nicht weiß, wo die Schaufel im nächsten Moment landet.“ Sie hätte sie sich mehr Einflussnahme des zuständigen Landesbetriebs gewünscht, aber von der Behörde fühle sie sich sehr allein gelassen.

Seit Beginn der Baumaßnahmen habe die Apotheke schon ein Drittel weniger Umsatz verkraften müssen. „Wir haben hier zwar keine unmittelbare Konkurrenz, aber die Leute müssen mitunter einen Umweg von einem Kilometer in Kauf nehmen. So viel Einsatz muss man erst mal haben. Viele holen sich jetzt ihre Medikamente, wenn sie in die nächstgelegenen großen Städte Friedrichstadt oder Husum fahren. Wer weiß, ob sie dann nicht dabei bleiben, wenn die Bauarbeiten hier abgeschlossen sind?“

Auch die Ärzte an der Straße seien betroffen. „Doch sie haben den Vorteil, dass sie Termine verteilen und ihre Patienten vorab informieren können, wie sie zu ihnen gelangen. Das können wir hier mit unserer Laufkundschaft nicht.“

Ter Haseborg hat schon versucht, kleine Anzeigen in der örtlichen Zeitung zu erwirken, welcher Weg denn gerade frei sei. Doch sei man auf wenig Gegenliebe gestoßen. Dabei sei es dringend erforderlich, die Kunden auf dem Laufenden zu halten. Das gelte nicht nur für die rund 1000 Einwohner am Ort: „Wir sind als Notdienstapotheke für das gesamte Kreisgebiet zuständig“, sagt die Apothekerin.

Das Team steht sich mitunter die Beine in den Bauch. „Wir hatten vor Kurzem alles wegen eines Wasserschadens renoviert und dabei schon alles aufgeräumt.“ So gebe es mitunter nichts zu tun. „Ich habe schon Mitarbeiterinnen zu Hause gelassen.“

Ter Haseborg hat die örtliche Industrie- und Handelskammer eingeschaltet, die Erfolgsaussichten sind ungewiss. Auch die Landesapothekerkammer Schleswig-Holstein hat schon ihren Einfluss geltend gemacht. Seitdem verkünden Schilder, ob die Apotheke oder die umliegenden Praxen gerade erreichbar sind. Bis Ende September sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Doch ob der Zeitplan eingehalten werde, sei noch völlig unklar.