Die Woche vor der Woche Katharina Lübke, 13.09.2014 07:08 Uhr
Am Mittwoch beginnt in München das Jahrestreffen der deutschen Apothekerinnen und Apotheker. Zur Expopharm, der größten Fachmesse im Pharmamarkt, erwarten rund 500 Aussteller bis zu 25.000 Besucher. Parallel diskutieren beim Deutschen Apothekertag (DAT) 300 Delegierte aus Kammern und Verbänden über die großen berufspolitischen Fragen: Honorar, Nullretaxationen, Lieferengpässe. Bei einigen Themen gab es bereits in dieser Woche entscheidende Wendungen.
Die Nachricht der Woche: Die AOKen haben sich darüber verständigt, das Thema Nullretaxation in den nächsten Wochen in den Bundesländern aufzugreifen und gemeinsam mit den Apothekerverbänden zu lösen. Beginnen soll der Dialog in Sachsen und Thüringen, wo die AOK Plus den Apothekern ein Angebot zu vertraglichen Regelungen unterbreiten will. Beide Seiten sollen die „gewünschte Sicherheit im vertragspartnerschaftlichen Umgang“ erhalten, so die Kasse. Das klingt, ganz wie bei ARMIN, zu schön, um wahr zu sein.
Gut läuft es auch in Hessen: Im Streit um die Zyto-Ausschreibung der AOK haben die Apotheker in einem zweiten Verfahren recht bekommen: Das Sozialgericht Marburg hat – wie zuvor das Sozialgericht Darmstadt – entschieden, dass es keine gesetzliche Grundlage für eine Beschränkung des Patientenwahlrechts gibt. Die Kasse darf daher Ärzte nicht dazu verpflichten, Zytostatika nur bei bestimmten Apotheken zu beziehen. Wobei laut Apothekerverband derzeit ohnehin schon fünf von insgesamt 22 Losen zurückgegeben wurden.
Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) wird demnächst Verträgen von Kassen mit Leistungserbringern unter die Lupe nehmen. Es geht um sogenannte „Open-House“-Vereinbarungen, bei denen der Preis von der Kasse vorgegeben wird. Führt das Diktat zu Exklusivität und muss deshalb formal ausgeschrieben werden, lautet die Frage. Oder kann die Kasse vorgeben, was sie will, weil ja jeder mitmachen kann, wenn er nur will?
Apropos exklusiv: Nicht ganz so genau mit der Apothekenexklusivität nimmt es Spirig/Galderma. Die Nestlé-Tochter lässt ihre Produkte in „Kosmetikinstituten“ – auch Arztpraxen genannt – verkaufen. Ein nettes Zubrot für so manche Arztehefrau – und richtiger Ärger für viele Apotheker.
Einen Rückschlag hinnehmen im Streit um seine Vertriebspraktiken musste der Kölner Hersteller Klosterfrau. Leere OTC-Packungen in der Freiwahl sind keine leeren Versprechungen, sondern Selbstbedienung und damit unzulässig, fand das Landgericht Köln. Denn auf den Moment der Kaufentscheidung kommt es an. Das Verfahren gegen die Wettbewerbszentrale wird der Hersteller vermutlich verlieren. Dann soll direkt der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden, denn laut Klosterfrau scharrt bereits die ganze Branche mit den Hufen. Warum eigentlich wollen OTC-Hersteller vor den HV-Tisch?
Eine tolle Marketingidee hatte auch Ratiopharm. Beim Kauf von Ambro Ratiopharm gab es ein Desinfektionsgel gratis dazu. Auch das fand die Wettbewerbszentrale nicht in Ordnung, diesmal mahnte sie einen Apotheker ab. Der hoffte auf den Hersteller und wurde im Stich gelassen. 900 Euro Gerichtskosten wurden fällig, von denen das Unternehmen am Ende doch noch die Hälfte übernahm. Gute Preise? Gute Besserung.
Viel einfacher hat es, wer als Privathändler seine Altmedikamente bei ebay verhökert. Der muss nämlich keine Konsequenzen befürchten, genauso wenig wie der Portalbetreiber selbst, der sich vorsichtshalber in Luxemburg in Sicherheit gebracht hat. Die „Freie Apothekerschaft“ erklärte das Problem dem SPD-Obmann im Petitionsausschuss des Bundestags, Stefan Schwartze. Ob der dem wilden Treiben ein Ende macht?
Andererseits: Auch in den Apotheken tauchen mittlerweile im Wochentakt neue Fälschungen auf. Diesmal warnte das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) vor MabThera-Plagiaten aus Rumänien. Auch im Fall gestohlener Ware aus Italien riefen wieder acht Reimporteure Chargen zurück. Einige Präparate seien bereits sicher an Apotheken ausgeliefert worden, hieß es. Und an ebay?
Auch ein Pharmazeutisch-Technischer Assistent (PTA) aus Dresden wurde zum Fälscher – zum Rezeptfälscher. Um herauszufinden, ob in den Apotheken gut oder schlecht beraten wird, brachte er ein paar Interaktionen auf rosa Papier. Nicht gut, fand das Amtsgericht Dresden und verurteilte ihn wegen Urkundenfälschung und Betrugs zu einer Geldstrafe.
Wie macht das eigentlich Stiftung Warentest? Wer’s wissen will, der frage bei der Expopharm. Die Apothekentester #1 wagen sich in die Höhle des Löwen. Aufregen bringt aber nichts: Die Hostessen am Messestand werden vermutlich gar nicht wissen, was es mit dem Ärger der Apotheker auf sich hat.