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Schnapp sie dir, Tiger!

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Berlin -

Luft holen: „Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten rechtswidriges Skonto zu verschaffen, das Vermögen eines Großhändlers dadurch beschädigt, dass er zu harte Verhandlungen über Einkaufskonditionen führt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Und durchatmen. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) wird das Strafgesetzbuch (StGB) nun doch nicht um einen Skonto-Paragraphen ergänzen. Das Anti-Korruptionsgesetz wird jedenfalls nicht als Tiger landen.

Da hatte Minister Maas den Apothekern wirklich einen Schrecken eingejagt: Sie könnten sich schon „unlauter“ verhalten, also strafbar machen, wenn sie im Einkauf die Arzneimittelpreisverordnung umgingen, hieß es sinngemäß im ersten Gesetzesentwurf aus dem Justizressort. Und aus Sicht der Hardliner von der Wettbewerbszentrale kann das bekanntlich schon eine 3,5-prozentige Mischung aus Skonto und Rabatt sein.

Jetzt kommt die Bettvorlegervariante: Strafbar macht sich laut Kabinettsentwurf, wer im Direktbezug Rabatte von seinem Lieblingshersteller annimmt und diesem auch noch versichert, die Patienten bevorzugt mit seinen Produkten zu versorgen. Merke: Korruption benötigt eine Unrechtsvereinbarung, Konditionen an sich sind unverdächtig.

Welche Geige der Phagro in diesem Konzert spielt, ist schwer herauszuhören. Der Großhandelsverband soll zwar eine Stellungnahme zum Gesetz an Maas geschickt haben, die wurde aber nicht veröffentlicht. Für eine Streichung der Skontoklausel hat man sich dem Vernehmen nach aber nicht nachdrücklich eingesetzt.

Der Kabinettsentwurf wurde vom Phagro bislang ebenfalls nicht öffentlich kommentiert – dafür sonst von fast jedem. Die Ärzte fühlen sich immer noch generalverdächtigt, begrüßen aber die erfolgten Änderungen. Die Opposition versteckt ihr Lob hinter einem „längst überfällig“ und äußert noch einen Wunsch: Für Informanten und Pfeifenbläser müsse arbeitsrechtlicher Schutz garantiert werden – Zeugenschutzprogramm für PTA, PKA und das Sprechzimmerpersonal.

Am nächsten Tag meldete sich auch ABDA-Präsident Friedemann Schmidt noch zu Wort. Er mahnte eine genaue Definition von korruptivem Verhalten an, damit Heilberufler nicht in rechtlichen Grauzonen leben müssten. Glücklicherweise sei die Sache mit den Einkaufsvorteilen geklärt worden. Dennoch: Den neuen Entwurf werde man wiederum kritisch durchsehen, ob und wo der Korruptionsbegriff weiter konkretisiert werden müsse, kündigt Schmidt an. Das Orchester geht dann im parlamentarischen Verfahren nach der Sommerpause weiter.

Schon nach dem ersten Wurf war die Branche so aufgebracht, dass über die ungelegten Eier sogar vor Gericht gestritten wurde. Der „Godfather-Prozess“ hat die Richtung angedeutet, wie das Verfahren zwischen AEP und der Wettbewerbszentrale laufen könnte. Am 27. August trifft man sich erstmals in „Aschebersch“.

Der Großhändler hat sich einiges vorgenommen: AEP hat nicht nur stapelweise Angebote der Konkurrenz auf den Richtertisch gelegt, um die Branchenüblichkeit der eigenen Skonti zu belegen, sondern will auch Phagro-Chef Dr. Thomas Trümper als Edelzeugen vor Gericht. Zitat aus Der Pate II: „Vergiss ja nicht, mit deinen Freunden zu sprechen.“

Für zusätzliche Würze sorgt Professor Dr. Nikolaus Fuchs, seines Zeichens Honorarkonsul der Seychellen, vor allem aber AEP-Erfinder. In seinem Buch über AEP erzählt er unverblümt die Geschichte des Großhändlers, skizziert die Schwäche der anderen und schreibt launig von seinem Frust, als keiner der Großen seine Idee kaufen wollte. Die Zukunft wird zeigen, wer 2013 Recht hatte.

Dissonanzen gibt es natürlich auch abseits des Hauptthemas: AEP darf Betäubungsmittel (BtM) nachts nicht mehr in der Apothekenschleuse abstellen (außer dort gibt es einen AEP-exklusiven Tresor). Ein Konkurrent hatte sich beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) beschwert. Die Noweda hat ihre Mitglieder über den Fall informiert.

Anders als BtM bleibt Freiwahl in mancher Apotheke sogar nachts Freiwahl: Dr. Stefan Landshamer aus München hat vor seiner Bienen-Apotheke einen Automaten installiert. Kondome sind bei den Nachtschwärmern besonders gefragt. Ist jetzt nicht so überraschend.

Ebenfalls nicht überraschend ist, dass die ABDA auf die Einhaltung der Rezeptpflicht pocht. Vize Mathias Arnold redet den Kollegen ins Gewissen und erinnert an das große Ganze. Wer bei einer fehlenden Verordnung gerne mal ein Auge zudrückt, legt die Axt an Apothekenpflicht, Festpreise und Fremdbesitzverbot.

Privilegien in Form eines lebenserhaltenden Mietzuschusses gestrichen bekam die einzige Apotheke auf der schönen Nordseeinsel Baltrum. Mit der logischen Folge: Die Apotheke schließt. Für die 560 Einwohner und tausende Touristen ist das eine wirklich schlechte Nachricht. Aber noch besteht Hoffnung, dass die Kommunalpolitik eine Lösung und einen Nachfolger für die Apotheke findet.

Liebend gern in einer deutschen Apotheke arbeiten würde Jamal Ghanem. Der Syrer ist vor dem Bürgerkrieg in seinem Heimatland geflohen und seit Februar in Hamburg. Er wartet seitdem auf eine Aufenthaltsgenehmigung. „Als hätte jemand mein Leben angehalten“, beschreibt der sympathische 23-Jährige seine Situation.

Wie immer im Sommer kamen auch in dieser Woche Bundestagsabgeordnete zum Kurzpraktikum in die Apotheke. Dr. Georg Kippels (CDU), Jurist und Spahnersatz im Gesundheitsausschuss, hat gleich eine Doppelschicht in den Apotheken von Erik Tenberken absolviert. Er erlebte viel Kompetenz hinter dem HV-Tisch. Zum Glück ist da nicht gerade eine Salzsäure-Mischung hochgegangen, wie am Mittwoch in einer Duisburger DocMorris-Apotheke. Der Inhaber wollte lieber nicht erzählen, wie das passiert ist. Ungewohnt öffentlichkeitsscheu zeigte sich auch Almased-TV-Apotheker Rudolf Keil in Bezug auf seine Eigenmarken.

Die Lauterbach-Nachfolgerin als SPD-Gesundheitssprachrohr, Hilde Mattheis, war eher versehentlich zu Besuch in der Schloss-Apotheke von Heike Schnizer. Nett war es trotzdem. Und Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) war zwar nicht selbst in der Apotheke, dafür aber zwei Apothekerinnen bei ihm.

Zurück in die Apotheke kommen heute endlich MCP-Tropfen. Nach dem Rückruf im April vor einem Jahr bringt Ratiopharm als erster Hersteller die verdünnte Lösung auf den Markt. Die Professoren sind skeptisch, die Apotheker freuen sich, erwarten aber nicht zu viel. Diese Geisteshaltung gewöhnt man sich in der Offizin vermutlich zwangsläufig an, auch wenn das schade wäre. Also, frohen Mut und schönes Wochenende!

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