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Ein neues Apotheken-A Alexander Müller, 03.10.2015 08:00 Uhr

Berlin - 

Die Marschrichtung wurde an Tag 1 vorgegeben: Die Apotheker würden sich nicht länger damit abspeisen lassen, beim Medikationsmanagement nicht dabei zu sein. Eine Studie beweist eindeutig, wie nutzlos und falsch die heutigen Zettelchen der Ärzte sind. Anschließend wurde die mental anwesende Politik in die Pflicht genommen. Sogar über eine entsprechende Umgestaltung des Apotheken-A in einen Medikationsplan wurde am Rande des Deutschen Apothekertags (DAT) diskutiert.

Hausärztechef Ulrich Weigeldt hatte den Apothekern schon vor ihrem DAT klar gemacht, wo der Medikationsplan seiner Ansicht nach hingehört, vielmehr, wo nicht: in die Apotheke. Unter der Woche legte er nach: In einem Celebrity Deathmatch bei den Kollegen der „Ärzte Zeitung“ duellierte er sich mit Detlef Weidemann, Chef des Hessischen Apothekerverbandes (HAV).

Weigeldt räumte freundlich mit dem Vorurteil auf, er würde die Apotheker für zu blöd halten, um ein Medikationsmanagement durchzuführen. Sie seien nur eben dafür nicht ausgebildet. Weidemann hält die ärztlichen Kollege ebenfalls nicht für unfähig, nur fehle ihnen leider die Hälfte der Medikation in ihrer sowieso unzureichenden Software.

Saures gab es parallel von einem anderen Fachärzteverband: Die Frauenärzte kommen einfach noch nicht über den OTC-Switch der „Pille danach“ hinweg. Der Mehrverbrauch an Notfallkontrazeptiva soll allein der mangelnden Beratungskompetenz der Apotheker geschuldet sein. In wie vielen Fällen die „Pille danach“ allerdings tatsächlich nicht hätte abgegeben werden sollen, weil mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden kann, weiß nur der liebe Gott. Und der will es vermutlich gar nicht wissen.

Summ, summ, summ, Bienchen flieg – weg: Die Apothekenkooperation Bienen-Apotheken steht vor der Spaltung. Die Vorstellungen über die Ausrichtung der Münchner Gruppe gingen auseinander. Und deshalb geht man jetzt auseinander. Genauer gesagt: Zum Jahresende geht die Hälfte der Mitglieder. Man habe sich aber im Guten getrennt, heißt es. Genauer gesagt: „Ei, wir tun dir nichts zuleide, flieg nur aus in Wald und Heide!“

Seit dem AMNOG, spätestens aber seit den Mindestlohnbeteiligungen, können Apotheker eine Lieblingsformulierung der Großhändler nicht mehr hören: „Wir sitzen alle in einem Boot.“ Diese Floskel wurde auch schon in jeder Variante breit getreten: wer rudern muss, wer steuert, wer ein Leck in den Rumpf geschlagen hat und so weiter. Es ist furchtbar.

Aber bitteschön: Die Expopharm ist kein Boot, jedenfalls saßen nicht alle Großhändler mit drin. Nur die Noweda hat einen dicken Kahn von Messestand, Pharma Privat ein PTA-Partyboot und die Gehe immerhin ein kleines Beiboot. Phoenix ist unter falscher Flagge gesegelt und die Sanacorp hat vor den Toren geankert. Alliance und AEP hat der Kompass gar nicht nach Düsseldorf geführt. Vielleicht haben die Großhändler aber auch einfach das Datum verwechselt. Im Januar ist auch eine Messe in Düsseldorf: die Boot.

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt ist bei seiner DAT-Eröffnungsrede darauf nicht weiter eingegangen, dafür für seine Verhältnisse geradezu ausfallend geworden. Wenn die Grenzen der Freiberuflichkeit „durch die Engstirnigkeit der Controller“ immer enger gezogen würden, würden die Apotheker bald auch nur noch „Dienst nach Vorschrift“ machen. Die Delegierten waren von dieser und anderen kämpferischen Passagen in Schmidts Rede so perplex, dass die stehende Ovationen spendeten.

ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz war am nächsten Tag etwas leiser gestimmt, aber immerhin: Er wird sich nicht von Resignation und Mutlosigkeit leiten lassen. Trotz mehrfacher Honorarenttäuschungen bleibt er positiv: Mit Blick auf das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) bilanzierte Schmitz, die Berufsvertretung sei „nicht ohne Wirkung“. Der Anspruch ist in Wirklichkeit aber bestimmt viel höher.

Zum einem richtigen DAT gehört auch eine Debatte über den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und die Nichtvertretenheit der Apotheker beim „kleinen Gesetzgeber“ der Gesundheitspolitik. Einmal hatten die Apotheker schon beschlossen, nicht mehr über einen Aufnahmeantrag abzustimmen, weil die Debatte sich seit Jahren im Kreis dreht.

Aber so geht das natürlich nicht – ein DAT und keine G-BA-Debatte?! Also wurde der Antrag der Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) besprochen, ob die Apotheker nicht einen pharmazeutischen Beirat zum G-BA gründen sollten. Finale Entscheidung? Weit gefehlt: in den Ausschuss verwiesen.

Erneuert wurden freilich auch die Honorarforderungen der Apotheker. Der DAV-Chef Fritz Becker ist dabei wirklich zu bewundern: Er trägt die Forderungen zu Fixum, BtM, Rezeptur, Notdienst und Inkasso so variantenreich vor, dass es immer wieder neu klingt. Und wer weiß? Steter Tropfen höhlt den Stein.

Die Politik hatte den Apothekern zwar größtenteils abgesagt, wird sich aber vielleicht erweichen lassen – zumindest bei den softeren Honorarthemen wie der Rezepturgebühr. Anders die Krankenkassen: Die finden die Apotheker schon heute mehr als gut vergütet und können sich allenfalls mehr Honorar für zusätzliche Leistung vorstellen, Verhältnis 1:2 vorausgesetzt. Das führt dann dahin, dass Phagro-Chef Dr. Thomas Trümper die Apotheker vor Honorardebatten warnt. Als Großhändler tut man sich da vermutlich auch leichter.

Und was gab es noch Neues? Eine Uhr für vergessliche PTA, eine Compeed-Competition und eine Schulungsmotivation. Und vieles mehr. Am besten selber angucken, die Expopharm ist heute noch geöffnet. Spannendes Wochenende!