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In der Falle

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Berlin -

Das waren aber auch schöne Beschlüsse. Damals beim Apothekertag, zum Leitbild 2030. Der Apotheker der Zukunft sollte Pharmazeut, Heilberufler, Ethiker, Gutmensch und vor allem Medikationsmanagementanalytiker werden. Geblieben sind die Zukunftsfantasien. Die Ärzte haben sich still und heimlich dazwischen gemauschelt, die Bundesregierung befasst sich anscheinend lieber mit dem Jahr 2015 und sieht den Apotheker in seiner Apotheke womöglich ganz anders als die ABDA.

Als gleich nach Pfingsten der Referentenentwurf zum E-Health-Gesetz der Bundesregierung die Runde machte, muss es im Apothekerhaus andere ziemlich wichtige Themen gegeben haben. Wahrscheinlich hat man bei einer guten Tasse Kaffee über den Haus- und Umzugsplänen gebrütet. Oder hat sich an der Verschmelzung der wirtschaftenden Töchter berauscht. Oder das Personaltableau hin und her bewegt. Da kam der blöde Entwurf unpassend. Gibt halt Wichtigeres. Vielleicht aber hat man im Präsidentenzimmer auch nur die FIFA-News verfolgt. Wer weiß das schon?

Aber bleiben wir fair: Die FIFA hat nichts mit der ABDA zu tun. Dafür hat die ABDA halt verdammt viel mit sich selbst zu tun. Und so wurde, von der Apothekerlobby höchstens nickend zur Kenntnis genommen, aus dem Referenten- ein Kabinettsentwurf, der noch am Mittwoch die Ministerrunde von Kanzlerin Angela Merkel passierte. Die war schon im G7-Modus, und lief sich beim Besuch des Pharmagiganten Sanofi warm. Schöne Bilder gab es da und anderswo von der Kanzlerin der Herzen.

Zurück zum E-Health-Gesetz: Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe freute sich vor laufenden Kameras, die Ärzte kommentierten, die Kliniken, die Kassen, die Gesundheitspolitiker der Koalition und die Oppositionsparteien. Nur in der Jägerstraße waren anscheinend schon Telefone und PCs demontiert und abtransportiert. Wer weiß das schon?

Jedenfalls hörte man aus der guten Stube des deutschen Pharmazeutentums nichts. Aber es äußerten sich andere ApothekerspitzenvertreterInnen, von Magdalene Linzüber Ursula Funkebis hin zu Thomas Preis. Alle forderten eine Änderung des Gesetzentwurfs und eine Einbringung der Apotheken. Nur von der ABDA war lange nichts zu hören. Nicht am Dienstag, nicht am Mittwoch, nicht am Donnerstag. Erst am Freitag, kurz vor dem Wochenende, gab es die offizielle Erklärung des ABDA-Präsidenten Friedemann Schmidt. Zu spät, viel zu spät war das mal wieder.

Aber seien wir fair. Die Apotheker haben sich in Sicherheit gewogen und ernsthaft gedacht, den Ärzten mit einem Medikationsmanagement die Show stehlen zu können – zum Nutzen von Politik, Kassen, Patienten und sogar zum Nutzen der Ärzte. Nur: Das hat der ABDA niemand so recht abgekauft. Die hat sich damit in die Ecke gestellt.

Also erneut: Bleiben wir fair. Die Ärzte haben einen besseren Job gemacht. Nicht bei der Beratung von Patienten in pharmazeutischen Fachfragen. Das könnten sicher die Apotheker besser. Aber beim Lobbyieren, beim Überzeugen, da haben’s die Mediziner einfach besser drauf als die Umzugsplaner aus der Jägerstraße. Die Ärzte haben nicht die Apotheker, sondern sicherheitshalber den Gesundheitsminister untergehakt. Und ab damit.

Immerhin: Der pharmazeutische Nachwuchs hat die Hoffnung auf eine bessere berufliche Zukunft noch nicht aufgegeben. Die Präsidentin des Bundesverbands der Pharmaziestudierenden (BPhD), Franziska Möllers, fordert im Interview mit APOTHEKE ADHOC eine Reform der Ausbildung. Mehr Praxisbezug und weniger Ausbeutung sind ihr Credo.

Derweil helfen einige hundert Medizinstudierende beim Projekt „Was hab ich?“ Patienten. Denn die sollen von komplizierten Formulierungen und den Fachbegriffen der Ärzte nicht weiter verunsichert werden. Sie sollen in Zukunft besser nachvollziehen können, was in Diagnosen, Entlass- und Arztbriefen so geschrieben steht. Studierende und Ärzte arbeiten in diesem Projekt gemeinsam daran, die Kommunikation zum Patienten zu verbessern. Ein Projekt, das live und in Farbe, hier und heute bereits real existiert.

Bis 2030 will auch Celesio nicht mehr warten. Spätestens 2017 wird der Konzern den bisherigen Standort verlassen und mit Sack und Pack Richtung Stuttgart21 ziehen. Also ebenfalls in direkte Bahnhofsnähe. Ist irgendwie „in“ derzeit. Der Beschluss steht, keine lange Debatte. Und die deutsche Gehe-Tochter darf in das bislang von den Oberbossen genutzte Gebäude einziehen.

Ausziehen werden bald leider auch viele Mitarbeiter, denn Sandoz will gleich zwei Produktionsstandorte dicht machen. Nun wehrt sich der Betriebsrat. Doch ändern dürfte dies nichts mehr.

Manchmal ist auch das Apothekengeschäft hart. Besonders dann, wenn der Großhandel einer Apotheke wegen vermeintlich unbezahlter Rechnungen ohne langes Zaudern die Regale leer räumt. Dann steht man plötzlich vor den Ruinen der eigenen Existenz. Aufgeben will ein Apotheker aus dem westfälischen Bösensell aber nicht. Er will kämpfen.

Dabei scheinen die Zahlen vieler Apotheken dermaßen schlecht zu sein, dass dies auch an den Ausbildungsverhältnissen abzulesen ist. Jedenfalls geht die Zahl der Azubis seit Jahr und Tag in den Keller. Fakt ist: Apotheken bilden weniger aus. Und angesichts sinkender Apothekenzahlen ist das auch eigentlich keine Überraschung.

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