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Ihr seid nur ein Marke-ting-verein

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Berlin -

Nicht aggressiver, sondern erfolgreicher wollte die ABDA schon vor Jahren werden. Aggressiver ist sie nicht geworden. Geradezu schüchtern wurden bei der Anhörung im Bundestag kleinere Änderungswünsche zur Nullretax-Reglungen vorgetragen. Schon die schriftliche Stellungnahme war von Zurückhaltung geprägt. Das hat in dieser Woche nicht nur Lutz Engelen auf den Plan gerufen, sondern auch den MVDA. Der hat mal wieder viel vor.

Ja, der MVDA will der ABDA richtig Druck machen. Denn deren Berufsbild sei konservativ, rückwärtsgewandt und nicht mehr zeitgemäß. In Köln hält man sich für gesundheitspolitisch moderner und überhaupt für einen „Treiber“ im Apothekenmarkt. Die Gedanken im Positionspapier reichen von einem Linda-internen Interaktionsmanagement mit Selektivverträgen bis zum Wachwechsel am Verhandlungstisch der Vertragspartner.

Wer im MVDA allerdings künftig die Rolle des Cheftreibers übernehmen soll, muss sich die Kooperation vor ihrem anstehenden Generationswechsel noch überlegen. Denn zur Jagd auf die ABDA geblasen wurde beim MVDA schon öfter, doch am Ende wollten alle im überdachten Hochsitz bleiben und aufmüpfige Briefe schreiben. Diesmal muss was kommen, sonst singen sie in der Jägerstraße demnächst: „Ihr seid nur ein Marketingverein!“

Frei von Marketing bleibt die „Pille danach“. Der Bundesrat hat das Werbeverbot durchgewinkt und außerdem die Erstattungsfähigkeit für junge Frauen. Doch auch ohne Anzeigen ist der Absatz der „Pille danach“ in der ersten Woche nach dem OTC-Switch um satte 31 Prozent gestiegen. Doch bevor jetzt Jens Spahn & die PiDaNa-Kritiker der Union eine neue #wiesmarties-Debatte bei Twitter lostreten, sei auf einige Absatztreiber verwiesen, die die Statistik verunschärfen: Trotz BAK-Abgabeleitfaden werden die Apotheker nicht jede vorgespielte Notfallsituation enttarnt haben. Will sagen: Manche Frau, womöglich auch besorgte Mütter, haben sich die „Pille danach“ eben doch auf Lager gelegt.

Nicht zu unterschätzen ist außerdem der Absatzanteil der Mitarbeiter zahlreicher Fernsehteams, lokaler und überregionaler Radiosender, Tages- und Wochenzeitungen, die sich zu Testkäufen in die Apotheken aufgemacht haben. Und man staune: Die Apotheken kommen in den sonst wegen jedes Kombipräparats hyperventilierenden Kontrollteams gut weg. Die öffentliche Stimmung war allerdings auch pro OTC-Switch und nicht wie sonst gegen „Apothekenpreise“. Und zum Glück hatte sich die Falle mit der „rezeptpflichtigen“ PiDaNa-Packung noch nicht bis zu „NDR Markt“ und Professor G. aus B. herumgesprochen.

Dass in Märkten der Drogeriekette dm wieder offensiv für Apothekenkosmetik geworben wird, ärgert die jeweils benachbarten Apotheken. Gibt es ab April Hoffnung, dass den Drogisten die Graumarktware ausgeht? Chefeinkäuferin und Geschäftsführerin Marketing, Petra Schäfer, geht von Bord. Die hat selbst mal Pharmazie studiert und jetzt offenbar Lust auf was Neues.

Da gibt es noch Einen. Denn die Woche hatte stürmisch begonnen, zumindest mit einem Sturmtief in Hessen: Hans-Rudolf Diefenbach erklärte seinen Rücktritt aus dem Vorstand des Apothekerverbands. So richtig überraschend kam das zwar nach den Entwicklungen der vergangenen Monte nicht mehr, eine Zäsur ist es trotzdem. Immerhin war Diefenbach 20 Jahre im Verband aktiv, die meiste Zeit in der Spitze. Die einen werden den Querkopf schwer vermissen, andere sich über das Mehr an Abstimmung in einen neu ausgerichteten Mitmachverband freuen.

Unzufrieden mit der ABDA ist Lutz Engeln. Dass Oberen die Importquote vergessen hat, ärgert Nordrheins Kammerpräsidenten sehr. Schließlich wurde auf mehreren Deutschen Apothekertagen beschlossen, dass der Gesetzgeber die 15-Prozent-15-Euro-Regel abschalten soll. In der Stellungnahme zum GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) hat sich die ABDA aber auf ihr Kernanliegen besonnen – den Einstieg in ein dynamisches Honorar. Trotzdem: Engeln findet es nicht korrekt, abgestimmte Forderungen unter den Tisch fallen zu lassen.

Die Kassen hatten im Vorfeld zum Thema Nullretaxation auch noch etwas zu sagen. Es sei nämlich „der Aufwand zu berücksichtigen, der den Krankenkassen durch einen Verstoß gegen Abgabevorschriften entsteht“. Ja aber, eine kleine Entschädigung sollte doch wohl eine Selbstverständlichkeit sein, gerne auch zusätzlich zur Komplettkürzung. Die KKH hat zwischenzeitlich mal wieder bekannt gegeben, dass Apotheker sowieso die Schlimmsten sind.

DocMorris ist am Ziel, zumindest geographisch, nämlich wieder in Luxemburg. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat einen Fall zu Rx-Boni dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt. Offiziell kämpfen die Deutsche Parkinson Vereinigung und die Wettbewerbszentrale gegeneinander. Jetzt hoffen alle Hollandversender, dass sie von der Preisbindung freigestellt werden. Und die Apotheker hierzulande hoffen, dass die Preisbindung nicht komplett einstürzt.

Vor Gericht treffen sich vielleicht auch Generikahersteller Wörwag und Großhändler Noweda. Weil der eine das Skonto des anderen kürzt und das am Ende natürlich auf die Apotheken durchschlägt, wird jetzt über die korrekte Formulierung gestritten, wie man es den Apothekern sagt.

Apotheker Dr. Armin Welker kritisiert die Empfehlungen der Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG) zur Temperaturführung. Denn während die Behörden beim Transport ganz normaler Medikamente keinen Strich über der 25-Grad-Grenze tolerieren, sind sie bei kühlpflichtigen Arzneimitteln erstaunlich flexibel: Für kühlpflichtige, aber nicht kühlkettenpflichtige Arzneimittel erlaubt die ZLG einen kurzfristigen Temperaturanstieg. „Man hat den Anschein, hier würden zufällige Definitionen ausgesprochen“, kritisiert Welker.

Nicht wärmer als 25 Grad dürfen Arzneimittel defintiv nicht in der Apotheke gelagert werden. Das gilt auch für Kommissionierautomaten. Je nach Anbieter können sich die Geräte so aufheizen, dass eine interne Klimaanlage zum Muss wird, sonst meckert der Pharmazierat. Besonders strenge Zeitgenossen sollen sogar schon Automaten kurzfristig stillgelegt haben – auf Eis sozusagen.

Noch ein Fallstrick im Automatenlager ist das Verfalldatum. Wenn der Roboterfreund dieses bei vollautomatischer Einlagerung nicht erfasst, könnten theoretisch abgelaufene Packungen auf Lager sein – eine schwere QMS-Sünde. In der Praxis ist das Problem aber nicht so schwer zu umgehen, nur eben nicht vollautomatisch. Noch nicht.

Personalkosten sparen will auch der Generikahersteller Stada. Deshalb wird die komplette Logistik im Juni an DHL abgetreten. DHL freut sich über die Chance, sich als Pharmalogistiker einen Namen zu machen, Stada will sich um das Kerngeschäft kümmern und lokal eingeführte Marken jetzt auf internationaler Ebene zu Größe bringen. Beim Sonnenschutzmittel Ladival war man bereits erfolgreich.

Auch die Apotheken können noch wachsen, und zwar mit digitalen Produkten, findet das private Rechenzentrum AvP. Die Offizin soll zum Showroom werden; Lieferung, Retouren und Haftung sollen Sache des Herstellers oder Distributors bleiben. Um ein Bewusstsein für dieses neue Marktsegment zu schaffen, hat AvP einen Innovationswettbewerb „HiMi-Scout 2015“ ausgeschrieben. Pflichttermin für MVDA/Linda, oder?

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