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Versender übernehmen Weihnachtsdienste

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Berlin -

Ausgerechnet an Weihnachten Notdienst schieben zu müssen, lässt das Glöckchen Gemeinwohlpflicht besonders süß klingen. Jahr für Jahr müssen sich die Notdienstplan-Auserwählten die Feiertage hinter dem HV-Tisch um die Ohren schlagen – und womöglich noch freche Sprüche anhören. Nicht so in diesem Jahr: Die Versandapotheken übernehmen alle Dienste bis zum 27. Dezember. Und Neujahr auch. Eine Geste der Versöhnung – in Gestalt eines satirischen Rückblicks.

Das EuGH-Urteil zu Rx-Boni hat das Verhältnis zwischen Versendern und Vor-Ort-Apotheken deutlich vergiftet. Der raue Umgangston erinnert an überwunden geglaubte Feindschaften aus der Zeit der ersten Pillenpäckchen. Zum Weihnachtsfest wollten die Versender deshalb ein Friedenszeichen senden: „Dieses Jahr übernehmen wir“, verkündeten die Versender im Chor.

Und das haben sie sich so vorgestellt. Jeder Notdienst-Apotheke wird eine Versandapotheke zugeordnet. Über die Klingel können die Patienten sich direkt mit deren Call-Center verbinden lassen. Das Päckchen mit den fernmündlich bestellten Arzneimitteln wird dann per Eilkurier zum Kunden nach Hause gebracht, auf Wunsch sogar mit Weihnachtsgans.

Der Apothekeninhaber muss allerdings sicherstellen, dass eine Diskretionszone um den Notdienstschalter herum gekennzeichnet ist und schneefrei gehalten wird. Und für den unwahrscheinlichen Fall, dass ein Kunde eine Rezeptur wünscht, muss der Apotheker trotzdem kurz anrücken. Und in Akutfällen. Und wenn der Kunde es wünscht. Aber trotzdem: Nette Geste von den Versendern. Das beweist einmal mehr, dass sie für die flächendeckende Versorgung wichtig sind, nur eben nicht hinreichend.

Weniger harmonisch ging die Adventszeit zwischen dem MVDA und Kohlpharma zu. Weil sich die Kooperation nach 20 Jahren Partnerschaft plötzlich einen Dreier wünscht, ist der Reimporteur vor den Kopf gestoßen. Ein fein vergiftetes Schreiben aus Merzig erreichte die Mentoren des MVDA. Doch kurz vor Weihnachten gab es auch hier Signale der Versöhnung.

Dabei war Kohlpharma in dieser Woche gar nicht auf Krawall aus, sondern ganz bewusst auf Schulterschluss mit den Apothekern. In einem Akt von Selbstjustiz werden die niederländischen Versender DocMorris und Europa Apotheek verklagt – indirekt wegen der Rx-Boni. Denn wer sich nicht an die im Rahmenvertrag als Conditio genannte Preisbindung hält, hat aus Sicht des Importeurs auch keinen Anspruch auf Erstattung des Herstellerabschlags.

Eigentlich wäre es Sache der Kassen, diesen schon früher vorgebrachten Gedanken in die Tat umzusetzen, trotzdem kam die Botschaft aus Merzig bei den meisten gut an. Ob es am Ende etwas bringt, bleibt abzuwarten. Dasselbe gilt für die Unterschriftenaktion, die die ABDA in der Woche vor Weihnachten in die Apotheken gebracht hat. Ein Bekenntnis zu Europa erschien den Verantwortlichen nach früheren Erfahrungen angebracht.

Einen kleinen Zwist kurz vor Heiligabend gab es auch zwischen dem Großhändler Gehe und dem Bundesverband Deutscher Großhandelsapotheker (BDGHA). Weil Gehe für Kontingentartikel ab Januar keine Rabatte mehr gewährt, regen sich die Großhandelsapotheker auf. Dass die Ankündigung gut in der Weihnachtspost versteckt wurde, wurde als besonders schäbig angesehen.

Gehe findet, dass die Einmischung in individuelle Konditionen seitens eines Verbandes schnell das Kartellamt auf den Plan rufen kann. Und dass es bei dessen Besuche nichts nutzt, Milch und Kekse vor die Tür zu stellen, weiß man in Stuttgart aus eigener Anschauung. Die Noweda hatte zuletzt zwischendurch mal eine positive Erfahrung mit den Wettbewerbshütern. Die Bonner erlaubten nämlich die Übernahme von Ebert+Jacobi durch die Noweda.

Unabhängig von dem Ärger mit dem BDGHA gab es bei Gehe zuletzt drei Abgänge: Betroffen sind die Vertriebsregionen Nord und Ost sowie die Zentrale. Bei Bayer geht der Leiter Key Account Management, Torsten Heun, und bei Alliance Jan-Detlef Wohlert. Er war in der Geschäftsleitung des Frankfurter Großhändlers als Direktor für den Vertrieb verantwortlich.

Und so wie jede Woche über Personalien zu berichten ist im Rückblick, kommt fast immer ein Apothekentest vor. Diesmal wurden 16 Apotheken in NRW von WDR heimgesucht und zur Kombination von Wick Medinait und Hoggar Night befragt. Im Testergebnis berieten elf Apotheken sehr gut. Die anderen fünf packten die Kombination kommentarlos in die Tüte, „als wären es harmlose Süßigkeiten“, so der Reporter.

Egal wie nervig TV-Reporter oder wie dreist Kunden im Notdienst sind – es gibt Grenzen: Die eigenen Kunden mit einer Waffe zu bedrohen, liegt eindeutig jenseits dieser Grenze. Tipps zum Umgang mit „Telefonterror“ kann ein Apotheker am Niederrhein geben. Er wird derzeit immer wieder von Hörern von Antenne Bayern angerufen.

Die AOK möchte nicht, dass es einen „Schutzzaun für Apotheker“ gibt. Das ist nicht neu. Eine offenbar neue Erfahrung für die Kassen ist, dass ärztliche Diagnosen eigentlich die Krankheit des Patienten beschrieben sollen und ihren Zweck nicht hauptsächlich als Zahlschein gegenüber dem Gesundheitsfonds erfüllen. Weil die Kassen aber anscheinend Ärzte zum „Upcoding“ ermuntern, gab es Besuch von der Staatsanwaltschaft. Des Mitgefühls der Apotheker können sich die Kassen sicher sein.

Noch das Wichtigste für die nächsten Tage: Das sind die Renner im Weihnachtsgeschäft, so dekorieren die Kollegen (360 Kugeln!) und das wünschen sie sich. Wir wünschen Ihnen ein Frohes Fest und allen, die währenddessen Gemeinwohlpflichten erfüllen, einen entspannten Notdienst.

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