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SPD: 5000 Apotheken weniger – zum Test Alexander Müller, 18.02.2017 08:06 Uhr

Berlin - 

Die Deutsche Post erzielte 2015 einen Umsatz von 59,23 Milliarden Euro. Das ist ein Postfakt. Ein Preiswettbewerb bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln hätte keinen Einfluss auf die Apothekendichte. Das ist postfaktisch. Weil die Debatte um Fake-News gerade so aufgeheizt ist, macht die SPD jetzt „den Markwort“ – Fakten, Fakten, Fakten. Der Vorschlag: 5000 Apotheken sollen schließen, um die Auswirkungen auf die Versorgung empirisch auszuwerten.

In der Debatte um ein Rx-Versandverbot hatten sich die Sozialdemokraten verrannt. Erst waren sie total dagegen, dann unter Auflagen einverstanden. Vor allem die NRW-SPD verspürte wenig Lust, im anstehenden Wahlkampf für ein Apothekensterben verantwortlich gemacht zu werden. Denn so gern die Menschen ihre Arzneimittel auch im Internet bestellen – sie tun es nicht besonders oft.

Doch als ein irrlichternder Lauterbach gerade eingefangen war, kuschte die Bundestagsfraktion vor zynischen Rufen aus dem Blätterwald. Die SPD konnte oder wollte es einfach nicht zulassen, dass Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sich mit seinem Vorhaben durchsetzen würde. Hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) nicht beanstandet, dass die Regierung die Preisbindung nicht mit Fakten verteidigt hatte? Also her mit den Fakten!

Aktuell werden deshalb alle Apotheken kontaktiert: Die Unternehmensberatung 1ms fragt im Auftrag der SPD ab, welche Inhaber grundsätzlich zu einer „vorübergehenden Rückgabe Ihrer Betriebserlaubnis über einen Zeitraum von 24 Monaten“ zur Verfügung stünden. In dieser Zeit soll der durchschnittliche Anfahrtsweg zur nächstgelegenen Apotheke empirisch erfasst werden, ebenso die Entwicklung der Krankenhauseinweisungen in Akutfällen. Wer sich verpflichtet, soll unbedingt eine Privatnummer für spätere Kontaktaufnahme hinterlassen. Bislang hat laut 1ms eine kleinere einstellige Zahl an Apothekern an der Befragung teilgenommen. Beide wollen nicht schließen.

Daher sucht die SPD jetzt nach Alternativen. Und weil sich der Schlingerkurs nicht mehr länger durchhalten ließ, musste schnell etwas anderes her. Irgendwo in einem Papierstapel fand sich zum Glück die Idee, gedeckelte Rx-Boni für alle zuzulassen. Diese sogenannte Bagatellgrenze von einem Euro war doch eigentlich eine gute Idee des Bundesgerichtshofs (BGH). Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) ist ja geduldig.

Während Minister Gröhe unbeeindruckt die Ressortabstimmung zu seinem Rx-Versandverbot einleitet, erheben sich die Grünen zu Standing Ovations für den SPD-Vorschlag. Das kann nicht weiter verwundern, interessierte sich die Fraktion in einer kleinen Anfrage, die nichts weniger sein möchte als eine KLEINE Anfrage, ausgiebig für das Rx-Versandverbot und die eigentlichen Beweggründe des Ministers. Auf der Woge apothekenkritischer Nostalgie wollten sich die Grünen sicherheitshalber beim Thema Fremdbesitzverbot noch auf den aktuellen Stand bringen lassen.

Die Grünen in den Niederlanden können nur zufrieden sein mit den Grünen im Bundestag. Und ein bisschen Support kann man in Heerlen nach dieser Woche gut gebrauchen: Erst gibt es eine Anzeige wegen einer Steuerordnungswidrigkeit – weil man angeblich den eigenen Boni-Kunden dabei hilft, die Kasse und das Finanzamt zu betrügen.

Und dann sollen auch noch alle Hersteller DocMorris die Erstattung des Herstellerabschlags verweigern. Und das nur, weil ausländische Versandapotheken den Rahmenvertrag als Steinbruch benutzen und Passagen darin überlesen, die nicht ins Geschäftskonzept passen. Die Idee ist nicht neu, hatte aber noch keinen so großen Aufschlag. Jetzt können die Apotheker sehen, wie sich die Unternehmen positionieren.

Neu positioniert hat sich die Deutsche Parkinson Vereinigung (DPV). Noch ein Korb für DocMorris, der aber weniger schmerzen dürfte. Immerhin hat die Patientenorganisation den Steigbügelhalter für das EuGH-Verfahren gegeben und damit ihren Zweck für DocMorris erfüllt. Dass die ABDA der DPV ein Bekenntnis zur Apotheke vor Ort abringt, sieht nach einem politischen Coup aus. Viele Apotheker fragen sich, wo jetzt genau der Mehrwert für sie ist und warum man sich ausgerechnet für diesen Verein besonders ins Zeug legen soll. Die Aussagen von DPV-Geschäftsführer Mehrhoff haben nicht gänzlich überzeugen können.

Doch die Zahlen zwingen die Apotheker in neue Bündnisse: Es gibt wieder 361 Hauptapotheken weniger, da müssen die Apotheker Kooperationen eingehen. Die Kooperation Linda ist dagegen mit sich selbst befasst. Eine Antwort auf das EuGH-Urteil wurde mehrfach angekündigt. Eine „Speerspitze“ in der zweiten Reihe kann gefährlich werden – hoffentlich ist das Konzept durchdachter als Vorteil24.

In den Apotheken sorgt – unabhängig von Farbe, Lage oder Konzept – derzeit ein Tee-Test für Unsicherheit bei einer Patientengruppe. Das Magazin WISO ließ insgesamt 17 Kräutertees für Babys in einem unabhängigen Labor testen. Die Tester bemängelten die Apothekenprodukte – sie enthalten eine zu hohe Konzentration an Pyrrolizidinalkaloiden.

Eine zu hohe Konzentration an geschützter Marke enthielt aus Sicht des Malteserordens eine Malteser-Apotheker. Weil sich diese auch noch das charakteristische achtspitzige Kreuz im Logo sicher lassen wollte, gab es Ärger vor dem Bundespatentgericht. Ärger mit der Staatsanwaltschaft hatte dagegen ein Leipziger Anwalt wegen seiner Abmahnwelle – Stichwort Brücken-Apotheke. Gegen Zahlung eines fünfstelligen Betrages darf er aber ohne Anklage laufen. Zivilklagen geschädigter Apotheker bleiben davon unberührt.

Die Versandapotheke Sanicare spielt Lidl und vergleicht auf ihrer Homepage Markenprodukte mit günstigen Anbietern – ohne Wissen der Hersteller. KSK Pharma setzt dagegen selbst voll auf Preisführerschaft und bewirbt seine Discount-OTC gegenüber Apotheken und Endkunden. Und noch etwas zum Thema Rabatt: Ein Apotheker hat in einem Retaxstreit den Achtungserfolg erzielt, dass ihm die Kasse ihren Rabattvertrag offenlegen muss – wenn das erstinstanzliche Urteil Bestand hat.

Vor Gericht geht es vielleicht auch bald für AEP. Nicht wegen Skonti, sondern interfamiliär und im Schatten des Oe. Geschichte wiederholt sich nicht. Schönes Wochenende!