Rabattvertrag einhalten, sonst Nullretax – das ist gelernt. Außer der Wirkstoff steht auf der Aut-idem-Liste: Dann kein Austausch sonst Nullretax. Muss wieder neu gelernt werden. Aber ansonsten kann grundsätzlich alles substituiert werden: Der Eigentümer eines Rechenzentrums oder Großhändlers, Geschäftsführer bei Firmen sowieso – ja zuweilen sogar der Inhaber einer Apotheke.
Bei Sanicare hängt der Haussegen aber mal richtig schief: Erst hatte sich Dr. Volkmar Schein die Versandapotheke gekauft, dann seinen alten Kumpel Christoph Bertram an Bord geholt und zur Hälfte an der OHG beteiligt. Soll es ja geben unter Freunden – und der Freundeskreis von Pharm-Net ist ziemlich groß und offenbar auch recht gut betucht.
Im November hatte Bertram dann 95 Prozent an Sanicare. Weil das in einer OHG nur im Innenverhältnis relevant ist, konnte sich Schein nicht zu einfach aus dem operativen Geschäft zurückziehen, wie das offenbar Wunsch der Beteiligten war. Denn der Apotheker in seiner Apotheke wird so genannt, weil er sich in der Apotheke aufhält. Einen 5-Prozent-Anteil gewissermaßen als approbierte Kapitalanlage kennt das Apothekengesetz nicht.
Die Apothekerkammer Niedersachsen fragte sich zwischen zwei Apothekentests: Wo ist der Sanicare-Chef? Und sie fragte auch ihn: Schein wird dringend um Stellungnahme gebeten. Das Ganze ist nicht nur filmreif, sondern bietet genug Stoff für einen Mehrteiler. Jetzt klagt Frau Schein gegen den Gesellschaftervertrag. Ohne ihre Einwilligung dürfe Herr Schein nicht über das gemeinsame Vermögen verfügen, so das Ehe-Argument. Der eine Teil von Comtesse & Comtesse Rechtsanwälte vertritt sie, der andere ihn. Fortsetzung folgt.
Viel ruhiger ging es bei Klosterfrau aber auch nicht zu. Zwar kann hier schon wegen der drei Ordensschwestern im Logo schlecht über Eheverträge gestritten werden. Aber bei der Abendlektion im Kreuzgang (neudeutsch „Town Hall Meeting“) wurde über die anstehenden Veränderungen berichtet. Daraufhin verließen ein Geschäftsführer und zwei weitere Führungskräfte das Kölner Unternehmen. Quo vadis Klosterfrau?
In der Offizin gehört das „Bäumchen wechsle dich“ dagegen zum Alltag. Nicht unbedingt beim Personal, aber bei der Abgabe: Die Kasse entscheidet alle zwei Jahre neu, wer den verordneten Wirkstoff liefern darf. Es ist daher schon fast schon bösartig zu nennen, wenn AOK-Chef Martin Litsch die Abgabe von Arzneimitteln „hochgradig korruptionsgefährdet“ nennt, weil den Apothekern „ein großer Entscheidungsspielraum eingeräumt“ wird. Nämlich zwischen bis zu drei Rabattpartnern. Dass Anreize wettbewerbsrechtlich schon längst verboten wurden und die Hersteller nach dem Kampfbieten bei der AOK sowieso nichts mehr zu verschenken haben, hat Litsch vielleicht nur kurz vergessen.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) arbeitet jedenfalls weiter daran, den Austausch in der Offizin zu begrenzen. Für kritische Wirkstoffe gibt es die Substitutionsausschlussliste und die wird jetzt im zweiten Schritt verdoppelt: Antikonvulsiva und Opiodanalgetika mit verzögerter Wirkstofffreisetzung kommen auf die Liste sowie ein Gerinnungshemmer. Immerhin hat man aus dem Desaster der ersten Tranche gelernt: Diesmal gibt es einen zeitlichen Vorlauf für die Software. Die Kassen verlieren damit eine schöne Retaxoption.
Dafür müssen die Apotheker künftig noch mehr Patienten zum Arzt zurückschicken, wenn dieser einen Wirkstoff von der Liste nicht namentlich verordnet hat. Dabei sind die Mediziner sowieso schon genervt von den ständigen Rückfragen der Apotheker. Die nächste Generation der Pharmazeuten hofft auf mehr Miteinander und Gespräche auf Augenhöhe. Aber diese Hoffnung ist so alt wie die Pharmazie.
Wie sich Erstsemester heute im Vergleich zu früher schlagen, weiß Professor Theo Dingermann aus langjähriger und zum Teil sicher schmerzhafter Lehrtätigkeit. Smartphones im Hörsaal stören ihn nicht, nur das verlorene Einheitsabitur muss an der Uni nachgebügelt werden. Was man jedenfalls festhalten kann: Pharmazie boomt als Studiengang – die Nachfrage ist weit höher als das Angebot. Dabei ist so ein Pharmaziestudentenleben gar nicht so billig.
Alternativ gibt es einen Meisterkurs für PTA. Dass der Fachkräftemangel nicht jeder angehenden PTA hilft, musste Derja Deniz erfahren. Sie suchte über Facebook nach einer Praktikumsapotheke, wurde letztlich aber doch offline fündig. Wenn nichts mehr hilft, gibt es auch abseits der Offizin Beschäftigungsfelder – sogar als Exotin in der Kunststoffbranche.
Ihre Geschäfte in andere Bereiche ausdehnen möchte offensichtlich auch die Apobank: Nachdem man sich über die Schweizer Gesellschaft Profi Erste wenigstens heimlich und indirekt die Mehrheit am Rechenzentrum Dr. Güldener gesichert hat, wird jetzt der Anteil am ARZ Haan deutlich aufgestockt.
Das Bundeskartellamt hat den Zukauf der AVWL-Anteile mittwochsabends noch zugestimmt, sodass die außerordentliche Hauptversammlung des ARZ den Deal durchwinken konnte. Wenn die Apobank planmäßig jetzt alle Anteile ihrer zweiten Schweizer Gesellschaft CP Capital (vormals Profi Zweite, gleiche Adresse) zieht, hat sie etwa 49,9 Prozent am ARZ. So bindet man Umsatz und verdient auf beiden Seiten. Geldgeschäfte allein sind in der Niedrigzinsphase ja auch schwieriger geworden – auch die Apobank muss nun Strafzinsen von ihren Großanlegern nehmen. Die Versorgungswerke der Apotheker wird es nicht freuen.
Ein anderes Verkaufsgerücht wird dagegen vehement dementiert: Phoenix steht nach eigenen Angaben nicht zum Verkauf, auch wenn im Markt beständig von einem US-Interessenten gezwitschert wird. Phoenix will also seinen Marktanteil einfach so weiter ausbauen. Vom Wettbewerb können die Apotheker nur profitieren.
Und einen Glaeske haben wir noch zum Schluss. Der Gesundheitsökonomapotheker hat die 100 besten OTC-Arzneimittel gekürt, diesmal im Fachjournal BamS. Zurate gezogen wurden Stiftung Warentest, IMS und die ABDA. Da kann ja nichts mehr schief gehen, oder doch? Entscheiden Sie das. Schönes Wochenende!
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