„In meiner Apotheke herrscht Krieg!“ Alexander Müller, 27.08.2016 08:48 Uhr
Es fing alles ganz harmlos an – ein kleiner Streit um Urlaubstage, wie er in jeder Apotheke vorkommt. Weil PTA Tina* zuerst den Urlaub eingetragen hatte, konnte Kollegin Franzi* ihre für August geplante Spanienreise nicht mehr buchen. Als Tina braungebrannt aus Kreta zurückkam, waren bei allen ihren Kitteln die Aufhänger kaputt. Zuerst glaubte sie an Pech. Doch als das „Pech“ sich häufte, schlug sie zurück.
*Namen echt, Fall von der Redaktion erfunden.
Franzi hatte nicht nur die Kittel von Tina zerschnitten, sondern auch ihr Bedienerpasswort am HV-Tisch geändert. Doch das hatte Tina mitbekommen und sann auf Rache. Der Klebezettel auf dem Kittel mit „Kick me!!!“ war der Anfang – ein Klassiker. Etwas perfider war es schon, die Bildschirmanzeige an Franzis Arbeitsplatz um 180° zu drehen. Die Kollegin kennt sich nicht so gut mit Computern aus und musste erst die Chefin um Hilfe bitten.
Inhaberin Susanne wurde da schon misstrauisch. Aber als Franzi sich wiederum mit Kresse rächte, die sie in Susis Tastatur säte und diese als Reaktion Juckpulver in den Kittel der Kollegin rieb, bat die Chefin zum gemeinsamen Gespräch. Im Team wurden daraufhin fünf goldene Harmonieregeln aufgestellt. Jetzt haben sich alle wieder lieb.
Auch wenn es nicht immer so eskaliert wie in diesem fiktiven Fall von Offizinrache – Zwist im Team kann den Erfolg einer Apotheke nachhaltig beeinträchtigen. Arbeiten bei schlechter Stimmung macht keinen Spaß, Kittel mit Brandlöchern können auf Kunden unprofessionell wirken. Umgekehrt gilt: Harmonie und gute Laune im Team sind bares Geld wert.
Manchmal ist Hilfe von außen sinnvoll: Ein Trainer kann dabei helfen, Konflikte aufzudecken und zu lösen. Michel Eggebrecht will sich auf Apotheken spezialisieren – offenbar vermutet der Freund einer Apothekerin ausreichend Bedarf in dieser Nische. Und die Explosivität der Mischung altgediente PTA/junger PhiP dürfte tatsächlich vielen Inhabern vertraut sein. Hier ist gute Führung gefragt. Die hängt natürlich immer auch davon ab, welcher Typ Apotheker man ist.
Von Friedemann Schmidt dachten wir bislang, er sei der präsidiale Typ – spätestens seit seiner Nachtdienstansprache. Aber das ist alles ein großes Missverständnis! In seiner Hauspostille verkündete er nicht nur seine Wiederkandidatur, sondern beschrieb auch, wie er sein Amt interpretiert: „Ich habe versucht, das Amt etwas kleiner und menschlicher zu gestalten. Es ist nicht mehr so präsidial, wie es vorher war.“ Hoffentlich liest sein Vorgänger Heinz-Günther Wolf das nicht. Eines kann Schmidt wirklich: Aus Versehen andere beleidigen. Also doch eher der „Typ Schlipstreter“.
Aber mit dem Vorgänger etwas härter ins Gericht zu gehen, liegt anscheinend im Trend: Auch Stada-CEO Matthias Wiedenfels sagte bei der mit Spannung erwarteten Hauptversammlung, dass man sich lange auf dem Erfolg ausgeruht habe – wobei „man“ Matthias Wiedenfels einschließt. Gemeint war aber recht offenkundig Ex-CEO Hartmut Retzlaff, wenn davon die Rede war, die Stada sei zu hierarchie- statt businessplanorientiert gewesen. Zu unbeweglich. Zu intransparent. Zu inkonsequent. Zu unprofitabel. Zu unglaubwürdig. „Aber damit ist jetzt Schluss“, so Wiedenfels.
Gerungen wird auch um die Behandlung von COPD-Patienten. Teva hat ein Generikum zum Blockbuster Spiriva von Boehringer auf den Markt gebracht und gleich mehrere Rabattverträge mit Krankenkassen geschlossen. Zur Austauschbarkeit gibt es mehr als eine Meinung.
Keine zwei Meinungen gibt es dagegen zu der Frage, wie angemessen Abmahnwellen wegen irgendwelcher Health Claims zu Randprodukten sind. Besonders bitter, wenn Kollegen hinter den Aktionen stecken. Eine Apothekerin wurde im Prozess von der Gegenseite gar als „Abmahnvehikel“ ihres Anwalts bezeichnet. Das OLG Hamburg sah das offenbar ähnlich – jedenfalls wurden die Abmahnungen als rechtsmissbräuchlich abgebügelt.
Ein Machtwort gesprochen hat auch die Bundesregierung in Sachen Apothekenhonorar: Die Erhöhung für Rezepturen soll kommen – ungeachtet der bösartigen Kritik der Krankenkassen und der zumindest missgünstigen Kritik der Pharmaindustrie. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will zu dieser Zusage stehen.
Bei der Fachanhörung zum Pharmadialog-Gestez (AM-VSG) ging es auch nur am Rande um die Rezepturerhöhung – erwartbar wurden Pharmthemen mehr diskutiert. Länger besprochen wurden indes die Zyto-Ausschreibungen der Kassen. Die ABDA, der VZA, die DKG, die Onkologen und der gesunde Menschenverstand sind dagegen, die Kassen dafür. Das BMG muss sich entscheiden. In der Praxis beweisen die Verträge, wie toll sie funktionieren. Im Sinne einer Krebspatientin riskiert eine Apotheke eine fünfstellige Retaxation.
Die Regierung empfiehlt jetzt außerdem den Bürgern, einen Arzneimittelvorrat anzulegen. Hausapotheke gegen die Krise. Dumm nur, dass das BMG vor dem Problem der Lieferengpässe beharrlich die Augen verschließt. Die Linke kann aus der Opposition heraus nicht mehr tun, als die Regierung mit kleinen Anfragen zum öffentlichen Schulterzucken zu zwingen.
Sehr viel ernsthaftere Engpässe als hierzulande drohen aktuell in Italien. Bei den Erdbeben haben nicht nur viele Menschen ihr Leben verloren, sondern vielfach auch die Überlebenden die Arzneimittelversorgung. Wer sich mit einer Spende am Wiederaufbau der Apotheken beteiligen möchte, kann das hier an eine Tochterfirma des Apothekerverbands tun:
Empfänger: Edra Spa
IBAN: IT 22 V 03069 09502 100000001613
Verwendungszweck: donazioni terremoto agosto 2016
Vielen Dank und schönes Wochenende!