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Hexaldi in der Testphase

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Berlin -

Aldi hat Arzneimittel neu ins Visier genommen. Aktuell gibt es eine ganze Palette von Erkältungsmitteln beim Lebensmitteldiscounter. Und das ist erst der Anfang. Nach der bewährten Strategie, bekannte Produkte mit Eigenmarken zu kopieren, wird das Sortiment im vierten Quartal extrem ausgeweitet: Dann kommen Hexaldi, STAldi und Aldipharm in die Regale. Sogar ein umgestaltetes Logo wird an und in ersten Märkten getestet.

Zuletzt war zu lesen, dass die Discounter ihr Discounter-Image ablegen wollen und mehr Markenprodukte ins Sortiment nehmen wollen. Babynahrung von Milasan zum Beispiel. Und warum dann nicht Ginkgo? Auf der Suche nach neuen Absatzfeldern ist das Thema Gesundheit sehr schnell im Fokus.

Die Abteilung „Apotheke“ innerhalb des Konzerns ist damit betraut, zentrale Produkte ausfindig zu machen. Die sollen dann im nächsten Schritt adaptiert oder besser noch gekapert werden. Denn so eine Apothekenpflicht ist ja nicht in Stein gemeißelt. Und Kundentrenner akzeptiert Aldi traditionell nur an der Kasse. So wird der LEH ganz leicht zum AEH.

Wehe, wenn es so kommt. Noch lachen die Apotheker über die Ramschextrakte in der Schütte. Aber ihre eigenen Handelspartner machen es vor. Da werden etablierte Phyto-Präparate kopiert. Hexal versucht jetzt mit Solvohexal ein Konkurrenzprodukt zu Sinupret forte zu etablieren. Der Kommentar eines Apothekers war, die Packung sehe „schwer nach Aldi-Regal aus“.

Nicht nach Aldi, aber nach zu kurz sah das Regal der Phytothek aus. Beziehungsweise sollten die 20 Extra-Zentimeter anders als besprochen plötzlich bei der Abrechnung veranschlagt werden. Der Apotheker kündigte alles und wartet jetzt auf das klärende Gespräch mit dem Hersteller. Das sollte sich klären lassen.

Innerhalb der Apotheke wechseln manchmal auch bekannte Produkte den Status: Kytta ist jetzt Kosmetik – nach kurzer Marktabstinenz. Was noch wechselt – und zwar heute – sind die Rabattpartner der AOK. Also aufgepasst, damit Sie dem richtigen Präparat die Nichtlieferfähigkeit attestieren. Ohne hier vorverurteilen zu wollen: Metformin von Dexcel wäre zumindest aus der historischen Perspektive ein Kandidat für den ein oder anderen Ausfall. Zum Glück hat die AOK aus der Erfahrung gelernt und vergibt bei solchen Wirkstoffen jetzt Mehrfachzuschläge.

Man muss aber nicht aus Erfahrungen lernen. Jeder hat das Recht, bekannte Fehler selbst zu machen. Die Ersatzkassen wählen diesen in Siddhartha ausführlich beschriebenen Weg: Sie schreiben die Zyto-Versorgung bundesweit aus und zwingen Onkologen, Apotheken und Krebspatienten in Exklusivverträge. Barmer, TK, KKH und Deutsche BKK sind sehr positiv gestimmt. Meistens lässt sich die Versorgung allerdings nicht verbessern, wenn man 20 Prozent weniger dafür ausgeben möchte. Die AOK bleibt dennoch dabei: Unbedingt bei den Apothekern sparen!

Der BKK-Dienstleister SpectrumK hat bewusst einen etwas anderen Weg gewählt und Open-house-Verträge geschlossen. So können die Apotheken beitreten und die eingespielte Versorgung kann weitergehen. Gestern hat Spectrum K die Apotheken über den Start der Verträge informiert – nach dem langen Wochenende. Wer nicht beigetreten ist, darf nicht mehr liefern und darf von der Kasse auf Null retaxiert werden. So kommt man tatsächlich ohne Qualitätsverlust schnell auf Einsparungen.

Während die Drogeriekette dm einen Lieferanten vor Gericht zerrt, werden die Lieferanten der Apotheker womöglich vor Gericht gezerrt: Das Bundeskartellamt wurde über mutmaßlich illegale Absprachen der Großhändler informiert. Nachfragen über eine anonyme E-Mail-Adresse und ein Telefonat mit verstellter Stimme überzeugten die Wettbewerbshüter. Wir haben Whistleblower geschrieben, man hätte auch Informant, Hinweisgeber, Zeuge, Verräter oder Maulwurf schreiben können. Suchen Sie sich etwas aus.

Bei einem Großhändler wurden die Durchsuchungen womöglich mir mehr Gelassenheit hingenommen. Nicht wegen der Vorwürfe, sondern wegen der Arbeitsplätze: Service-Center von Alliance Healthcare sollten geschlossen werden, zum 30. September. Doch seitdem haben die Mitarbeiter nichts mehr von der Zentrale gehört, fühlen sich unter Guillotine und wissen nicht, ob sie Dienstag zur Arbeit kommen sollen, dürfen oder müssen.

In der Apotheke könnten am Dienstag die ersten Patienten mit einem Medikationsplan vom Arzt kommen. Könnten. Denn die Halbgötter bekommen nur einen müden Euro dafür und werden ihre Informationspflicht vermutlich einfach vergessen. Andererseits: Mehr als ein Zettel ist es ja nicht – und auf der Rückseite ist sogar noch eine Werbefläche frei.

Um das Amt des ABDA-Präsidenten bewerben sich zwei Kandidaten: Der eine ist Friedemann Schmidt und Mathias Arnold, der andere Kai-Peter Siemsen. Gegen das kandidierende Doppelpack und die alternativen Doppelpacks muss sich Siemsen natürlich etwas einfallen lassen. Er hat sich für ein Facebook-Video entschieden, das in einem früheren Leben eine Diashow zum 60. Geburtstag war.

Fraglos kann man mit Videos Aufmerksamkeit wecken. Eine Münchener Apotheke hat es geschafft, mitten in der Nacht eine Menschentraube vor dem Schaufenster zu versammeln. Warum? Weil auf dem Monitor ein Porno lief – gegen Wissen und Willen der Apothekerin. Vermutlich war es ein Hackerangriff. Trotzdem hat nicht nur die Bild-Zeitung über den „Porno in der Apotheke“ geschrieben, sondern eigentlich alle. Warum? Ja, warum nur. Schönes Wochenende!

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