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Rezeptkontrolle live und in Farbe

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Berlin -

Versuchter Betrug oder bloß ein Formfehler, Schlampigkeit des Apothekers oder reine Schikane? Die Rezeptabrechnung vergiftet seit Jahren das Verhältnis zwischen Krankenkassen und Apothekern. Doch jetzt könnte das komplette System von Kontrolle und Retaxation revolutioniert werden: In Kassenkreisen wird das Konzept „RosaControl“ diskutiert, das absolute Transparenz bei der Abgabe bringen soll.

Obwohl die Apotheken unzählige Vorschriften einhalten müssen, bevor sie ein verschreibungspfichtiges Arzneimittel abgeben, bleiben die Kassen misstrauisch. Das V in GKV steht eben nicht für Vertrauen, sondern für Versicherung. Und deshalb wollen sich die Kassen künftig schon im Moment der Abgabe versichern, dass wirklich alles mit rechten Dingen zuging.

„Genau dafür wurde ‘RosaControl’ entwickelt”, berichtet der Projektverantwortliche. Mit dem modularen Konzept kann und soll die wechselseitige Übergabe von Rezept und Packung dokumentiert werden. Das bedeutet in der Praxis, dass ein zuvor geschultes Mitglied des Apothekenteams ein Foto von der Übergabe macht. „Für die Bildqualität reicht ein Handyfoto absolut aus“, versichert der Projektleiter. Wichtig sei nur, dass in der Datei Datum und Uhrzeit der Entstehung unveränderlich abgespeichert werden.

Hinzu kommen es verschiedene Echtzeitkontrollen: Die Prüfstelle der Kasse kann etwa direkt den Rezeptscan mitlesen. Zwar können über das Modul RetaxDirekt auch sofort Retaxationen ausgelöst werden, sobald der Apotheker den Vorgang abschließt. Aber das sei eigentlich nicht Ziel, versprechen die Macher.

Im Sinne einer „engmaschigen Begleitung der Leistungserbringer“ können die Apotheker nämlich auch die kostenpflichtige RosaControl-Hotline anrufen und einen Mitarbeiter der Prüfstelle beim Beratungsgespräch zuschalten. Wer in der Vergangenheit als Retaxsünder aufgefallen ist, bekommt dagegen per Videochat verpflichtend einen Big Brother der Kasse an die Seite gestellt.

Die meisten Ungereimtheiten heutiger Tage ließen sich mit „RosaControl“ vermeiden, schwärmen die Macher: „Hatte der Apotheker wirklich seine sogenannten pharmazeutischen Bedenken, oder hat er nur wieder dem Quengeln unseres Versicherten nachgegeben? Und zu welchem Zeitpunkt wurde das Rezept wirklich eingereicht?“ Das sei, wie er ganz offen zugibt, besonders bei Hochpreisern für die Kassen interessant.

Und damit sind wir aus dieser finsteren Dystopie direkt in der ebenfalls schon schattigen Wirklichkeit angekommen: Die AOK Bayern forscht nämlich tatsächlich in Apotheken nach, wann diese sehr teure Arzneimittel bestellt haben. Die so Überrumpelten sollen die Grundlage für eine spätere Retaxation offenbar frei Haus liefern. Bei der Kasse findet man das gar nicht so dramatisch, beim Bayerischen Apothekerverband (BAV) schon.

Das Misstrauen einiger Kassen ist leider nicht vollkommen unbegründet. Denn schwarze Schafe gibt es auch in weißen Kitteln: Einer Bande mutmaßlicher Abrechnungsbetrüger wird jetzt vor dem Landgericht Berlin der Prozess gemacht.

Dagegen fühlt es sich wie ein kleines Vergehen an, wenn man an der Notdienstglocke darauf hinweist, dass es eine Notdienstgebühr von 2,50 Euro gibt. Wenn jedoch daneben die Öffnungszeiten angeschlagen sind, könnte der arglose Kunde irrig annehmen, er müsse auch zwischen 18 und 20 Uhr die Gebühr entrichten und falls er das nicht muss, tue ihm der Apotheker einen Gefallen. Diese mittelschwere Irreführung kostete den Apotheker eine 1500-Euro-Spende an einen guten Zweck.

Natürlich hatte die Angelegenheit eine Vorgeschichte und jede Seite hat ihre Gründe. Es gilt auch gar nicht, die Aufsicht per se zu verteufeln: Denn anderenorts stellt sich der neue Amtsapotheker freundlich vor und kündigt an, worauf er achten wird. Cannabis ist aktuell ein sehr heißes Thema.

Sehr gewissenhaft müssen Apotheker auch ihre Inventur machen. Wer sie von Dritten machen lässt, sollte vielleicht vorher zumindest einmal in die Schubladen gucken, um peinliche Momente zu vermeiden. Es sei denn, beide Seiten nehmen das mit der Pornosammlung locker.

Das sind so die kleinen Sorgen an der Basis. So wie Hersteller, die auf die Shops von Versandapotheken verlinken (Bayer, GSK). Oder das wieder lassen (Ursapharm). Oder Hersteller, die bei ihrer Online-Werbung sogar die Versandapotheken verwechseln (Wick).

Und während Konkurrenz aus den Niederlanden mit Boni lockt, dürfen deutsche Apotheken nicht einmal ganz kleine Brötchen backen. Was allerdings auch deutsche Versender dürften, wäre eine gute Kundenberatung. Doch nach Warentest kommt auch Chip.de zu dem Ergebnis, dass die Telefon-Hotlines der Versender selten das gelbe vom Ei sind - mit löblichen Ausnahmen. Und währenddessen hat Amazon in den USA eine Großhandelserlaubnis beantragt.

Das wird noch spannend. In die heiße Phase kommen allmählich die Sondierungsgespräche zwischen Union, FDP und Grünen. Und siehe da: Es wird sogar über die Frage des Versandhandels gesprochen. Die CDU/CSU-Gesundheitsminister aus den Ländern stärken Hermann Gröhe (CDU) den Rücken, aber der Weg ist noch weit. Und der nächste Schritt führt ins Wochenende!

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