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Lindner: FDP-Stand auf der Expopharm APOTHEKE ADHOC, 02.09.2017 07:53 Uhr

Berlin - 

Es ist DIE Sensation der Expopharm: Die FDP wird nicht nur in den politischen Runden beim parallel stattfindenden Deutschen Apothekertag ihren Parteitagsbeschluss zum Fremdbesitzverbot verteidigen, sondern zeitgleich auf der Messe ihre eigene Apothekenkette vorstellen.

Liberale sind immer auch Unternehmer, frei in ihrer beruflichen Entfaltung. Politik und Geschäft sind doch gar nicht vollständig voneinander zu trennen. Trotzdem musste die Parteizentrale lernen, dass sie nicht selbst eine Apothekenkette betreiben darf. Kein Problem, die Lösung heißt – in dieser wie in jeder freidemokratischen Frage dieser Tage – Christian Lindner.

Da die FDP ohnehin zu 98 Prozent aus Lindner besteht, kann der Parteichef auch als Geschäftsführer einer neu gegründeten Firma die Sache mit der Apothekenkette übernehmen. Pardon: Apothekenkooperation. Daher der Auftritt auf der Messe: Franchisenehmer mit Approbationsurkunde werden noch gesucht. Der bereits beim Markenamt eingetragene Name versucht aber keine Sekunde, seine Herkunft zu verschleiern: Friendly Devot Pharmacy (FDP) soll der Verbund heißen.

Das Konzept: Die Kunden werden als freie Bürger wieder ernst genommen und dürfen bei ihrer Medikation mehr mitreden. Die Sichtwahl wird aufgelöst und dem Bürger zur freien Verfügung gestellt. „Apothekenpflicht? Das sind doch nur Arzneimittel unter Naturschutz”, heißt es aus FDP-Kreisen. Mit ein bisschen Regierungsverantwortung werde man das schon glattziehen.

Die Rezeptpflicht soll zumindest liberalisiert werden: „Im digitalen Zeitalter kann der mündige Bürger über Dosierung und Wirkstärke rational mitreden“, heißt es im Konzept, das ApoRetrO ADHOC exklusiv vorliegt. Der freundlich-devote Apotheker hat sich nach den Wünschen des Wählerkunden zu richten, schließlich könnte der gleichzeitig Aktionär der FDP-Apotheken AG sein.

Über die konkrete Ausgestaltung der Apotheken wird noch verhandelt. Lindner hätte das Fotoshooting zur Präsentation am liebsten selbst gemacht. Doch der Art Director meinte, das Apotheken-A sähe in lila-gelb nicht aus – und da wollte CL nicht mehr. „Dann nehmt doch den Rainer, der sieht eh wie so ein alter Apotheker aus“, hat er noch zornig gerufen und ist in die Maske zum Kanzlerduell abgerauscht. Es hatte sich nämlich noch niemand getraut, ihm das zu sagen.

Eine Herausforderung könnte angesichts der Marktlage die Fachkräftebeschaffung sein. „Prio!!!“ hat Lindner im Konzept handschriftlich daneben gemalt. Problem erkannt. Gute PKA und Apotheker sind rar. Wir empfehlen einen diskreten Anruf bei Simone Ballack, Ex-Spielergattin, Ex-PKA. Sie kehrte zurück zu den Wurzeln ihrer beruflichen Karriere und plauderte kürzlich auf RTL aus ihrem weit zurückliegenden Leben in der Post Apotheke in Starnberg. Dort hat sie vier Jahre gearbeitet, drei davon als PKA-Azubi.

Ihre Erinnerungen an die Zeit in der Offizin sind durchwachsen: „Das waren 14 Frauen als quasi deine Vorgesetzten, und Frauen untereinander sind ja eh schwierig und dann als Auszubildende noch mal doppelt, das erste Jahr war ich nur Semmeln kaufen.“ Im CV würden wir das weglassen, weil man von einer PKA ja durchaus tiefere Kenntnisse erwartet, auch in Zeiten von Fachkräftemangels. Mit Frauenüberschuss würde sie bei der FDP jedenfalls kein Problem haben, in der Partei dominieren traditionell die Herren. Die werden bestimmt nicht traurig sein, wenn ihnen jemand die Semmeln holt. Und nicht vergessen: Friendly & devot servieren.

Sonst ist Lindner hinterher wieder beleidigt. In seiner liberalen Welt sieht es nämlich neuerdings so aus, dass die Apotheker die FDP im Stich gelassen haben. Wir mussten es auch erst zweimal lesen, aber der Mann glaubt das tatsächlich und gibt den Apothekern öffentlich die Mitschuld am Ausscheiden der FDP 2013 aus dem Bundestag: Nur 5 Prozent hätten trotz guter Politik die FDP gewählt. Wo gibt‘s denn so was! Devot sieht anders aus. Originell, dass er für diese Erkenntnis fast vier Jahre gebraucht hat.

Ein bisschen Ablenkung würde dem FDP-Chef trotz Wahlkampfstress offensichtlich gut tun. Vielleicht klickt er sich ja mal nervenschonend durch die fragwürdigen Pillennamen, die in Deutschlands Apotheken kursieren. Als Offizin-Greenhorn liest er unter diesem Link hübsche Namen: Feanolla, Aristelle, Evaluna ... Das sind keine Praktikantinnen, die man mal eben zum Semmeln holen schicken kann, es handelt sich auch nicht um die Namen von Dirndl-Modellen, sondern um Phantasienamen, die auf erfolgreichen Arzneimitteln stehen. Experten wissen nämlich, dass die Wirkweise eines Medikaments nicht alles ist, sondern der Name zum Erfolg eines Produktes beiträgt.

Wenn es der neuen FDP-Apothekenfirma gelingt, den politischen Aufwind des Mutterkonzerns zu nutzen, ist alles möglich. Auch ein kuscheliges Plätzchen in den beliebten Listen mit Deutschlands Reichsten. Mit dabei sind eine ganze Reihe von Unternehmern, die mit Arzneimitteln oder Gesundheitsprodukten zu Wohlstand gekommen sind. Vier davon sind Apotheker.

Die politische Konkurrenz wird die Ohren anlegen, wenn der Gründer von Friendly Devot Pharmacy in einem der nächsten Rankings des Wirtschaftsmagazins „Bilanz“ vorne mit dabei sein wird. Spätestens dann wird Lindner auch nicht mehr öffentlich den Apothekern die Schuld an Wahlniederlagen in die Schuhe schieben. Wetten?

Kleine Umfaller gehören in der großen Politik zum Tagesgeschäft. Ja, nein, vielleicht, mal sehen. Klaus-Dieter Gröhler ist der CDU-Kandidat für den Berliner Wahlkreis Charlottenburg-Wilmersdorf. Wenn irgendjemand glaubt, dass die CDU/CSU relativ geschlossen hinter dem Rx-Versandverbot von Gröhe steht, liegt er falsch. „Es gibt diese und jene Auffassungen in der Unionsfraktion. Wir sind nicht so furchtbar festgelegt.“ Er selbst habe sich eines Besseren belehren lassen und sei vom Rx-Versandverbot wieder abgerückt. Diese Woche jedenfalls. Mal sehen, was die nächste bringt.

Deshalb ist es immer schlau, Zahlen zu kennen. Einen Monat vor der Bundestagswahl sind die Sympathien in der Apotheke klar verteilt. Wenn am vergangenen Sonntag Wahl gewesen wäre, hätte die Union im Parlament die absolute Mehrheit. Dagegen würden es die Liberalen nicht in den Bundestag schaffen, genauso wie die Grünen und die AfD.

Ein bisschen Bereitschaft zu Randale gehört zu den Grundausstattungen eines Politikers, man muss schon ein wenig trommeln, damit man in der Menge nicht untergeht. Die Dosis macht‘s, da hätten wir eine Parallele zur Pharmazie. Als Jung-Unternehmer in der Apothekenbranche sollte sich Lindner mal mit Stephan Hartmann zum Business-Lunch treffen. Der hat sich über die Firma Walter Bouhon und deren Ankündigung, die Kosmetikmarke Frei Öl künftig auch bei dm zu verkaufen, dermaßen geärgert, dass er die Kollegen zu einer gemeinsamen Protestaktion aufruft. Aus Protest gegen die FDP legt er parallel auch noch seine Parteiämter nieder.

Fliegende Wechsel gibt es auch bei Stada: Erst schickt der Aufsichtsrat den Vorstand nach Hause, dann geht der Aufsichtsrat, dann braucht man auch den neuen Vorstand nicht mehr, weil es schon den nächsten gibt, der aber auch nur vorübergehend da sein wird. Und der neue Aufsichtsrat kommt erst noch. Klingt verwirrend? Wie wäre es damit: Blindflug in Asien, Geheimdeal mit Ladival. In Bad Vilbel geht es drunter und drüber.

Wenn bei Friendly Devot Pharmacy wider Erwarten eines Tages nichts mehr gehen sollte, geht immer noch ein Flohmarkt. Es gibt viele Menschen, die sich ausgediente Gegenstände aus einer Apotheke ins Wohnzimmer stellen. Vielleicht nicht gerade einen Kommissionierer, aber für alte Fantaschalen, Regale oder Gläser findet sich immer ein Abnehmer.

Wie bei Apotheker Klaus Rabe, der alle Ups and Downs der Branche kennt. Der ehemalige Vize des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein verabschiedet sich nach 30 Jahren, guten Zeiten und Insolvenz-Zeiten, gerade von seinen Kunden. Am Ende wird es einen kleinen Flohmarkt geben. Wir verneigen uns vor ihm für sein Durchhaltevermögen und seinen tapferen und eleganten Abschied. Das kann nicht jeder. Schon gar nicht in der Politik.

Auch der Kölner Apotheker Steffen Kuhnert gehört in die Kategorie der Tapferen. Er hat den Mietvertrag für seine Maxmo-Apotheke Hohe Straße fristlos gekündigt. Beste Adresse, aber Schimmel im Keller. Nun hat er die Apotheke geräumt und verklagt die Vermieterin auf Schadenersatz. Es geht um 500.000 Euro.

Die gute Nachricht zum Wochenende ist die Geschichte von Ali Hussain. Er ist als Minderjähriger aus dem Irak geflohen und vor zwei Jahren in Berlin angekommen. Nach Monaten der Ungewissheit ist er nun auf der sicheren Seite und hat in Berlin eine PKA-Ausbildung begonnen. Schönes Wochenende!