Diese Woche wurde Klartext gesprochen – oder vielleicht doch nicht? Jedenfalls waren sowohl Apotheker als auch Gesundheitspolitiker wild aufs Definieren. Das Wesen einer Sache sollte bestimmt werden, gerne auch mit Abgrenzungscharakter. Und die ABDA wollte sich gleich die gesamte Deutungshoheit über Begrifflichkeiten sichern. Wir sichern uns den Wochenrückblick.
Schwierig war die Woche für Emra. Der Reimporteur hatte Preise auf die zahlreichen neuen Festbeträge gesenkt – ein Alleingang der Nummer 2 auf dem Markt, wie sich herausstellte. Die zum Teil drastischen Reduzierungen wurden zum 1. Juli wirksam. Dass Originalhersteller und Konkurrenten nicht mitzogen, hatte Emra überrascht. Firmenchef Dirk Oltersdorf kritisierte, dass die Branche im „Blindflug“ in jede Preisänderung gehen müsse.
Andere dagegen sind gerne allein. Die ABDA stellte diese Woche ein Grundsatzpapier vor, um beim Thema Medikationsmanagement die Deutungshoheit zurückgewinnen; die Standesvertretung beansprucht das Definitionsmonopol. Ab sofort also Medikationsanalyse = „strukturierte Analyse der aktuellen Gesamtmedikation eines Patienten“. Damit sollen die Effektivität der Arzneimitteltherapie erhöht und Arzneimittelrisiken minimiert werden. Zudem will Präsident Friedemann Schmidt die Ärzte mit ins Boot holen. Die halten Arzneimitteltherapiesicherheit jedoch für ihre ureigene Aufgabe, die sie wohl kaum freiwillig abgeben werden.
Definitionen und Leitbilder sind auch anderswo beliebt, zum Beispiel im Ländle. Diese Woche hat die baden-württembergische Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) ein „Gesundheitsleitbild“ vorgestellt, Kernthemen: stärkere Ausrichtung auf die Patienten, bessere Vernetzung der Akteure, mehr Prävention. Die Landesapothekerkammer hat mitgeschrieben. In dem Papier wird Medikationsmanagement beschrieben als „pharmazeutische Tätigkeit, mit der die gesamte Medikation des Patienten, einschließlich der Selbstmedikation, wiederholt analysiert wird“. Von einem möglichen Honorierungsmodell für Apotheker ist hier nicht die Rede.
Konkret ums Geld geht es dagegen bei den geplanten Konditionenkürzungen bei den Großhändlern. Erst Alliance (in zwei Anläufen), dann Phoenix, dann Gehe, schließlich Sanacorp und Noweda kündigten neue Gebühren an. Insgesamt könnten den Apothekern gut 2 Prozent Rabatt verloren gehen. Ärgerlich bis gefährlich für die Pharmazeuten ist die vereinte Front der Anbieter.
Vielleicht kann einerseits ein Blick auf die Mitarbeiterrabatte in Apotheken trösten. Steuerlich erhalten die Mitarbeiter über die Rabatte geldwerte Vorteile, wobei darauf geachtet werden sollte, dass diese bei Arbeitnehmern grundsätzlich lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig sind. Also, Freibetrag ausnutzen und gute Laune verbreiten.
Sollte es andererseits so weitergehen wie mit der PTA-Schule in Hagen, die ihren Betrieb einstellt, und wie in Baden-Württemberg, wo es zu wenig Apotheker gibt, bleiben bald nicht mehr genug Apotheker und Apothekenangestellte übrig, die getröstet werden müssen.
Überhaupt sollten manche Dinge besser im Giftschrank bleiben: Hätte Rottapharm-Madaus gleich gewusst, dass bei einem Börsengang nur so wenig rumkommt, hätten sie das Vorhaben unterlassen können und dann auch keinen Rückzieher machen müssen.
Das italienische Kartellamt hätte bei genauerem Nachdenken vielleicht seinen Vorstoß in Richtung Regierung unterlassen können, Bedarfsplanung und Mehrbesitzverbot aufzuheben. Die Apotheker kritisierten den Vorstoß scharf. Seit mehr als 15 Jahren gibt es solche Forderungen. Ob sie dieses Mal tatsächlich umgesetzt werden? „Improbabile“, unwahrscheinlich, winkt der italienische Apothekerverband ab.
Und darauf sollte man nun wirklich den Deckel lassen: In einem Labor in den USA haben Mitarbeiter zwei vergessene Fläschchen mit Pockenviren entdeckt. Sie stammen wohl aus den 1950er Jahren. Sicher ist das nicht – aber immerhin waren die Glasfläschchen ordnungsgemäß definiert: mit „Pocken“.
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