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Geheimsache Apotheke

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Berlin -

Undercover gibt es in verschiedenen Abstufungen: Manche Chefs sind so selten im Betrieb, dass sie dort kaum bekannt sind und von Mitarbeitern mit Kunden verwechselt werden. Andere kommen als Undercover-Boss in die Apotheke, obwohl sie dort auch ohne Cover gar nicht Boss sind. Und wieder andere sind heimlich Boss und lassen sich deshalb in der Apotheke nur ungern blicken.

Die letzte ist die extremste Form. Während der Esel lieber Stroh als Gold mag, bevorzugt der gemeine geheime Apothekenbetreiber beides: Strohmänner und Gold. Idealerweise anstellen lässt sich das mit Blankoschecks und/oder Kontovollmachten. So wird Stroh zu Gold, Standortbetreiber sind gewissermaßen die Rumpelstilzchen unserer Zeit.

Sie zogen vor allem nach der Wende in die neuen Lande und halfen bei der Existenzgründung. Zwielichtige Glücksritter, manchmal selbst Apotheker, mal aus deren wirtschaftlichem Umfeld. Die gesponserten Teilinhaber wussten selbst, dass die Starthilfe nicht aus Nächstenliebe geschah, Dennoch willigten sie in Verträge ein, die sie lieber nicht geschlossen hätten.

So wie die Apothekerin aus Brandenburg, deren Hintermänner sich jahrelang am Konto der Apotheke bedienten und immer wieder ungefragt Geld abhoben. Auch sie getraute sich lange keine Gegenwehr, denn auch sie hatte jenen Pakt geschlossen, der ihr Darlehen und Standort verschaffte. Irgendwann stieg sie aus, widerklagte auf die Räumungsklage und gewann: 420.000 Euro müssen ihre Rumpelstilzchen zurückzahlen.

Und so endet die Geschichte, wie sie immer endet: Das eine Männlein stieß mit dem rechten Fuß vor Zorn so tief in die Erde, dass es bis an den Leib hineinfuhr, dann packte es in seiner Wut die Verträge mit beiden Händen und riss sie mitten entzwei. Das andere griff verzweifelt nach dem letzten Strohmann, doch vergebens: Das Imperium versank in der Insolvenz.

Nur pro forma als Undercover-Boss war easy-Vorstand Lars Horstmann Anfang der Woche in der gleichnamigen RTL-Sendung zu sehen. Der Informationsgewinn war für Boss und Zuschauer gleichermaßen und erwartungsgemäß überschaubar. Die Rezeption war das Spannende: Wurde Horstmann nun als Chef der Apotheken verkauft oder nicht? Die „Bild“-Zeitung hat es so verstanden und postete bei facebook: „Stell dir vor, du lästerst gerade so richtig über die Unfähigkeit eines Praktikanten und später stellt sich heraus: es ist dein Chef!“

Manchmal sind aber auch die Kunden bloß getarnte Blogger. So wie Béa Beste, die eigentlich gar keinen Testkauf machen wollte, aber eben schon wieder vergessen hatte, sich ein Rezept zu besorgen. Also bekam sie ihre Pille nicht und ließ wütend bloggend ihrem Ärger freien Lauf. Nach erfolgter Aufklärung wurde sie versöhnlicher. Doch einen guten Tipp für die Apotheker hat sie noch: Wenn sie nicht gegen die Gesetze verstoßen wollen, sollten sie stärker auf deren Änderung hinarbeiten.

Eine andere Kundin verscherzte es sich mit ihrer Stammapotheke: Weil sie nicht in einer Offizin einkaufen möchte, wo Menschen mit Kopftuch arbeiten, wechselt sie das Stammlokal. Dem Apotheker ist das nur recht, weil er keine Kunden bedienen möchte, die Menschen aufgrund ihrer religiösen Überzeugung bewerten. Seine Antwort hat er veröffentlicht und bietet der Kundin auch die Rückgabe ihrer Anzahlung für bestellte Arzneimittel an.

Solche Kunden werden sich die wohnortnahe Versorgung zusehends selbst erschweren. Denn einerseits wird die Gesellschaft immer bunter, andererseits gibt es immer weniger Apotheken: Im vergangenen Jahr schlossen wieder 200. Wenn das so weiter geht, ist Hamburg bald apothekenfrei – hier ist der Rückgang prozentual am größten. Wobei die Zahl unter Vorbehalt steht: Die Kammer Sachsen-Anhalt konnte noch keine Zahlen liefern. Der Titel „Land der Frühaufsteher“ ist hiermit offiziell entzogen, morgen werden die Angeberschilder an der Autobahn abgeschraubt.

Die Noweda darf dagegen etwas Neues bauen: Wenn nicts mehr dazwischen kommt, ist der Weg frei für ein neues Logistikzentrum der Genossenschaft in Barsbüttel. Das Bürgerbegehren der Interessengemeinschaft Willinghusen (gegen die Arzneimittelversorgung?!) scheint zu scheitern.

Aber auch bei der Noweda läuft nicht alles rund: Die Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe lief anscheinend nicht so gut. Im Verfahren gegen die Versandapotheke Medikamente-per-Klick hatte der Großhändler in erster Instanz noch gewonnen. Doch im Berufungsverfahren fanden die Richter, dass ein paar Retouren mehr schon hätten gutgeschrieben werden müssen. In Zahlen: 1,9 Millionen Euro soll Noweda laut Vergleichsvorschlag an den Versender zahlen. In Essen ist benötigt man noch Bedenkzeit.

Ärger mit einer Reklamation hatte auch Apotheker Erik Tenberken: Zwei Tabletten im geschlossenen Blister eines HIV-Präparats waren offensichtlich beschädigt. Als Ersatz bekam er eine Gutschrift über zwei Tabletten. Seine Beschwerde wurde schließlich doch erhört: Jetzt will ihm der Hersteller eine neue Packung schicken.

Voll durchstarten will Bayer mit seinem Iberogast XL. Apotheker werden mit Sonderkonditionen gelockt. Denn der Schwung aus dem MCP-Abschied ist weg und wer weiter wachsen muss, hilft sich mit der Großpackung. Mit Blick auf die Aufbrauchsfristen eher als Familienflasche geeignet.

Bei der Familienplanung spielen Apotheken sowieso eine große Rolle, auch wenn das nicht immer schön ist. Zum Beispiel, wenn die Kundin ihre Hormontherapie von der Kasse bezahlt bekommt, in der Apotheke aber gar nichts vorgestreckt hat und sich anschließend taub stellt.

Oder wenn sie nach der Verhütungspanne die Pille danach als OTC kauft, trotzdem schwanger wird und dann Offizin-Unterhalt fordert. Zugegeben, den Fall gab es noch nicht, aber die Generali hat Angst davor und will deshalb von allen haftpflichtversicherten Apothekern eine Dokumentation der Beratung.

Und dabei dachten die Apotheker bislang, Retaxationen wären ihr größtes finanzielles Risiko. Auf dem Gebiet ist die DAK unangefochtener Marktführer – zumindest in der Wahrnehmung der Apotheker. Im Retax-Ranking liegt die Kasse uneinholbar vorn. Und da sie auch bei den Zusatzbeiträgen weit oben ist, wird sich am Retaxverhalten wohl nichts ändern. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Schönes Wochenende.

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