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Das kann man alles heilen

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Berlin -

Eines darf den Apothekern jetzt auf keinen Fall passieren: Dass die Ärzte Wind von ihrem Retax-Deal bekommen. Denn sonst flattern demnächst Rezepte in die Offizin, die weder ordentlich ausgefüllt noch unterschrieben sind. Nach dem Motto: „Der Kollege in der Apotheke darf doch jetzt alles heilen.“ Darf er nicht. Und will er auch nicht.

Ist der Retax-Deal jetzt ein Erfolg für die Apotheker oder nicht? So richtig sicher sind sich die Beteiligten selbst nicht. Aber vorsichtig optimistisch. Die Apotheker dürfen immerhin hoffen, dass sie von einigen ganz bescheuerten Retaxationen künftig verschont werden, von wegen unverständlichen Abkürzungen wie „tägl.“ oder dergleichen.

Tragisch ist das für die Retaxstellen, ob nun direkt bei der Kasse angesiedelt oder outgesourced. Es geht um viel mehr als fehlende Einnahmen, es geht um Identifikation, Selbstbestimmung: Das Suchen nach neuen retaxfähigen Formfehlern war ein liebgewonnenes Hobby. Neue Entdeckungen wurden gemeinsam gefeiert, die Retax-Konkurrenz beobachtet, Verteidigungsstrategien und Warnungen der Apotheker analysiert. Und jetzt sollen plötzlich keine Rezepte mehr auf Null retaxiert werden dürfen, nur, weil die Arzneimittelsicherheit nicht betroffen war?! Unerhört!

Ganz so schlimm ist es für die Retaxeure nicht: Die Apotheker dürfen zwar künftig selbst Hand anlegen, um ein Rezept zu korrigieren. Aber das haben sie auch früher schon gemacht – im Zweifel in Rücksprache mit dem Arzt. Die dummen Fälle waren doch meist die, bei denen Apotheker, Arzt und Patient sich einig waren, dass mit der Versorgung alles gestimmt hat, aber das fehlende Kreuz auf dem Rezept übersehen hatten. Wird das in Zukunft übersehen, schlägt weiterhin die Nullretax ein. Nach Einreichung sollen die Heilberufler jegliche Fähigkeit zur Heilung einbüßen.

Wie weit der Retax-Deal wirklich reicht, wird sich also ab Juni zeigen. Von vornherein ausgeklammert waren die Rabattverträge. Die Kassen haben der Politik ihren Standpunkt klargemacht: Rabatte oder Zusatzbeiträge. Da nimmt Politik verständlicherweise lieber die Rabatte. Also bleibt es dabei: Wer Hexal abgibt, obwohl Ratiopharm den Zuschlag bekommen hat, wird retaxiert. Und Dank dem Bundessozialgericht auch gleich auf Null. Nur eines wurde dabei offenbar übersehen: Die Apotheker haben künftig mehr Spielraum bei den Sonder-PZN. Das wird noch spannend.

Die Apotheker können es sich jedenfalls nicht leisten, dass der Rx-Umsatz in den Keller retaxiert wird. Wo doch die „Bild“-Zeitung jetzt auch noch gegen die Freiwahl wettert. Das Blatt warnt vor den „Psychotricks“ der Apotheker, die zum Kaufen verführen sollen. Wie man Kunden „das Geld aus der Tasche ziehen“ kann, wüssten viele Apotheker vermutlich auch gerne. Vielleicht mal bei den Kollegen in den Retaxstellen nachfragen.

Wer sein Geschäft mit lauteren Mitteln voranbringen möchte, kann in Werbung investieren. Wobei auch da die Grenzen fließend sind, vor allem die Grenzen des ärztlichen Einflussbereiches. Kein Apotheker käme auf die Idee, einen sogenannten Kundenstopper im Wartezimmer des benachbarten Arztes aufzustellen. Aber was ist mit dem Foyer einer Klinik? Die Apothekerkammer hatte jedenfalls keine Probleme mit dem Aufsteller einer Apotheke, der den Weg zur Rezeptabgabestelle wies. Ein Klinikflur sei schließlich öffentlicher Raum.

Weil das Apothekengeschäft hierzulande nicht nur mit Werbeaufstellern so derartig kompliziert ist, wollte sich Teva-Chef Erez Vigodman selbst ein Bild machen. Er besuchte Apotheker Martin Schad in dessen A4-Apotheke und informierte sich über die Rabattverträge, die Distribution und das Abrechnungssystem. Wenn er lachen oder weinen musste, hat er es still in sich hinein gemacht.

Schon traditionell sind die Praktika der Chefs des privaten Pharmagroßhandels: Thomas Jenne war in der Anker-Apotheke von Hubertus Herrmuth in Heiligenhafen, Christian Jenne in der Flensburger Duburg-Apotheke von Malte Freynhagen, Hanns-Heinrich Kehr in der Bohlweg-Apotheke in Braunschweig usw. Zu besprechen gibt es ja immer viel, man hat sogar ein gemeinsames Retax-Thema: die nicht akzeptierten Lieferengpassbescheinigungen. Soll aber demnächst auf DAV-Phagro-Ebene mit den Kassen geklärt werden. Im Notfall holt man Dr. Hess dazu.

Während die Einen in die Apotheke reingehen, wollen die Anderen die Apotheker rausschicken: Bei Stada soll der Aufsichtsrat aufgeräumt werden. Der Angriff kommt ursprünglich vom Finanzinvestor Active Ownership Capital (AOC), Stada will sich aber nicht treiben lassen. Statt 2018 soll der Aufsichtsrat schon in diesem Jahr erneuert werden. Parallel, passend oder jedenfalls gleichzeitig gibt es neue Verkaufsgerüchte. Wie das Wall Street Journal (WSJ) berichtet, führt Herr Retzlaff, Vorname Stada-Chef Hartmut, Gespräche mit mindestens einem Finanzinvestor. Dazu passt, dass Generika das Absatz-Ranking dominieren.

1000 Euro Kopfgeld hatten Apotheker aus Mönchengladbach für die Ergreifung eines Mannes ausgelobt, der serienmäßig Apotheken überfallen hat. Fünfmal innerhalb weniger Wochen hatte er zugeschlagen. Jetzt konnte die Polizei einen Tatverdächtigen in seiner Wohnung festnehmen. Aber ist das Geld bei der Bank wirklich sicherer, wenn die sogar Geld für Donald Duck überweist?

Geld mitbringen müssen in vielen Fällen die Versicherten, wenn sie Bedarf an Inkontinenzmitteln haben. Die Kassen senken die Pauschalen für die Versorgung immer weiter und behaupten dann auch noch, sie würden jetzt neue Qualitätsstandards einhalten. Und dass es früher einfach oft zu teuer gewesen sei.

Wenn Sie jetzt deswegen wütend werden, singen Sie ein Lied. Das hilft oft. Und wenn Sie gut singen können, lassen Sie sich aufnehmen und schicken das Video ein. Gesucht wird the Revoice of Pharmacy. Schnapsidee? Nee, die hatten schon die Kreuzfahrer von der Aida Apotheke. Schönes Wochenende!

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