Der neue James Bond-Film „Spectre“ ist ziemlich langweilig. Alle 007-Filme sind das irgendwie. Weil immer schon am Anfang klar ist, wer am Ende gewinnt: Bond. James Bond. Spannung versprachen lange Zeit Gerichtsverfahren, deren Ausgang nie jemand vorhersagen konnte. Das ist Geschichte. Die Showdown-Veranstaltungen vor dem Bundessozialgericht (BSG) enden alle gleich: Die Kasse gewinnt.
So auch diesmal. Das BSG entschied am Mittwoch, dass Krebspatienten kein Apothekenwahlrecht benötigen, weil der Arzt sich mit dem Apotheker absprechen darf und soll. Daher durfte und sollte die Kasse in diesem Fall alle Apotheker ohne Vertrag auf Null retaxieren – Leben und sterben lassen. Dass es diesmal so leicht würde, hat sogar die Goldfinger von der AOK Hessen überrascht.
Vielleicht war das aber auch nur gespielt. Denn nach Spannung roch es zu keinem Zeitpunkt im Jacob-Grimm-Saal des BSG. In der Verhandlung wurde ausschließlich die Apothekerseite befragt, was nie ein gutes Zeichen ist. Dafür wurden mit der anderen Seite viele Blicke getauscht.
Als sich alles zur Verkündung erhob, trugen die Kassenrichter, pardon, Kasseler Richter eine Begründung vor, die in der kurzen Beratungszeit von 25 Minuten erstaunlich ausführlich und pointiert ausformuliert worden sein muss. Immerhin ist offenbar zeitgleich die Pressemitteilung entstanden, die den Herausströmenden vor dem Saal von der Gerichtssprecherin prompt ausgehändigt wurde. Liebesgrüße aus Kassel.
Immerhin ein Quäntchen Trost: Nicht alle Apotheker werden von der vollen Wucht der Null-Retax getroffen: Wenigstens einige hatten im Angesicht des Retaxtodes mit der AOK einen Deal geschlossen, dass keine Seite alles bezahlen muss. Volles Vertrauen in das BSG hatte auch die Kasse offenbar nicht.
Totale Resignation bei den Zyto-Apothekern. Klaus Peterseim, Chef des Verbandes der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA), sieht nach dem Urteil entmündigte Versicherte und ruinierte Apotheker. Die AOK Hessen hat indes angekündigt, nun mit Augenmaß die Retaxationen vorzunehmen. Und inoffiziell bekannt ist bereits, dass die Kasse eine neue Ausschreibung plant. Die Welt ist eben nicht genug.
Welche Auswirkungen das Urteil auf die wohnortnahe Zytostatika-Versorgung haben wird, ist vorhersehbar. Das liegt allerdings im Trend, ist doch die Zahl der Apotheken ohnehin rückläufig. Das heißt nicht, dass es nicht hier und dort auch Überversorgung gäbe. Das Thünen-Institut hat aufschlussreiche Grafiken, wo die Apothekendichte am höchsten ist.
Das ist vor allem für potentielle Neugründer (manche U30) interessant – sofern sie es durch das Pharmaziestudium geschafft haben. Als Hilfestellung und Tipp: 25 Dinge, die im Pharmaziestudium nie passieren dürfen. Wer das durchhält, kann sich dann den Mund verbieten und 70 Dinge lesen, die er als Apotheker nie sagen würde.
Zu den Dingen, die eine Apothekerkammer nicht tun sollte, zählt Apothekerin Kerstin Kemmritz Testkäufe. Doch die Mehrheit der Delegiertenversammlung stimmte dafür, 30.000 Euro bereitzustellen, um das Rezepturverweigererproblem in den Griff zu bekommen, respektive zu belegen, dass es gar keines gibt.
Testkäufer am HV-Tisch sind grundsätzlich erlaubt, solange sie den Verstoß nicht selbst provozieren. Was dagegen strikt verboten ist, ist Sex am HV-Tisch. In der Apothekenbetriebsordnung fällt das schon unter die Hygienevorschriften, doch selbst in der Werbung ist ein Kondomtest in der Offizin tabu.
Dafür sind Apotheken doch zu prüde. Außer Ina Müller gibt ihr Comeback, kehrt der bunten Kabarettwelt den Rücken und besinnt sich auf ihre beruflichen Wurzeln. Die norddeutsche Quasselstrippe hat als PTA schon in der Rezeptur ihre Chansons geübt, wie ihr ehemaliger Chef berichten kann. Trotz Fachkräftemangel sollten wir alle froh sein über den Karrierewechsel, hat sich gelohnt.
Einen Sinneswandel der ganz anderen Art hat Ärztin Dr. Natalie Grams durchlebt. Die einst überzeugte Homöopathin wollte ein Buch schreiben, um Kritiker zu überzeugen – und war plötzlich selbst nicht mehr überzeugt: „Ich habe aus heutiger Sicht den Patienten gegenüber ein schlechtes Gewissen, dass ich ihnen Placebo verordnet habe“, so Grams bei Stern-TV. Jetzt warnt sie vor dem Einsatz der Kügelchen.
Es ist und bleibt eine Glaubensfrage: Es gibt auch unter Apothekern glühenden Homöopathie-Verfechter und Hardliner der Schulmedizin. Und eigentlich setzt sich das in Teilen der Sichtwahl fort. Nicht jeder Apotheker mag restlos überzeugt sein von jedem einzelnen der 20 umsatzstärksten OTC-Produkte.
Weil der Kunde aber nicht nur das richtige Arzneimittel, sondern zunächst eine Apotheke finden muss, hilft Gehe jetzt seinen Gesund leben-Mitgliedern. Ab kommendem Jahr gibt es Geo-Marketing für die Kooperation. Klingt spektakulär, ist aber letztlich eine bezahlte Privilegierung in Suchmaschinen. Und jetzt raus ins Wochenende: Man lebt nur zweimal.
APOTHEKE ADHOC Debatte