ApoRetrO – Der satirische Wochenrückblick

ApoKI: Neuer Reformentwurf dank ChatGPT

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Berlin -

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat, nach der scharfen Kritik an seiner Apothekenreform, noch einmal bei Null angefangen: Als selbsternannter Fan von KI- und Sprachmodellen hat der Minister nun ChatGPT zurate gezogen. Der neue Gesetzentwurf soll den Namen „Apotheken Koordinations- und Innovationsgesetz“ tragen, kurz: ApoKI.

Für seine Apothekenreform ist Lauterbach in den letzten Wochen scharf kritisiert worden. Bisher hielt er jedoch klar an seinen Maßnahmen fest. Doch sein letzter Besuch Apothekenbesuch scheint ihn umgestimmt zu haben: „Der Apotheker klagte mir sein Leid“, betonte der Gesundheitsminister anschließend auf X und versprach, die Reform komplett neu aufzurollen.

Dass er ein „großer Fan“ von KI-Modellen ist, daraus macht der Minister kein Geheimnis und wählt für die Überarbeitung einen ganz modernen Weg: Er möchte ChatGPT nutzen, um einen besseren Reformentwurf zur Rettung der Apotheken zu generieren. Ihm selbst fehle die nötige Expertise, schließlich sei er kein Apotheker, sondern Mediziner. Ausgangspunkt für den neuen Entwurf ist folgende Frage: „Was ist nötig, um das Apothekensterben zu verhindern?“

„Das Apothekensterben zu verhindern, erfordert eine vielschichtige Herangehensweise, die auf verschiedene Probleme und Herausforderungen im Apothekensektor abzielt“, heißt es zu Beginn des neuen Entwurfs. Die wichtigste Maßnahme ist demnach eine Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen, urteilt die KI. Durch eine Kombination aus besserer Vergütung, innovativen Technologien, rechtlichen Anpassungen und gezielten Fördermaßnahmen könne die langfristige Zukunft der Apotheken gesichert werden. Entscheidend sei dabei auch die Zusammenarbeit zwischen Apotheken, die Verbesserung der Attraktivität des Berufs und die Aufklärung der Öffentlichkeit.

Dabei sind unter anderem folgende Maßnahmen geplant:

  • Erhöhung der Vergütung: Anpassung der Honorare für apothekerliche Leistungen, um sicherzustellen, dass Apotheken wirtschaftlich tragfähig bleiben.
  • Subventionen und Förderprogramme: Einführung von staatlichen Subventionen oder Förderprogrammen, insbesondere für Apotheken in ländlichen oder strukturschwachen Regionen.
  • Automatisierung: Breiter Einsatz von Automatisierungstechnologien, wie Medikamentenautomaten und robotergestützten Systemen, um Effizienz und Präzision zu erhöhen.
  • Erweiterung des Aufgabenbereichs: Erlaubnis für Apotheken, zusätzliche Dienstleistungen anzubieten, wie Impfungen, Gesundheitschecks oder die Betreuung von Patienten mit chronischen Krankheiten.
  • Attraktivität der Berufe steigern: Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Vergütung für Apothekenpersonal, einschließlich PTA und PKA.

Ob das ApoKI tatsächlich die gewünschte Rettung für die Apotheken ist, bleibt aber abzuwarten: Denn die Maßnahmen von ChatGPT bleiben leider oft oberflächlich. Auch konkreten Nachfragen weicht die KI aus. So wollte der Minister wissen, um welchen Betrag das Honorar denn angehoben werden müsste, um die Apotheken wirtschaftlich zu gestalten. „Die Frage ist komplex und hängt von vielen Faktoren ab, wie zum Beispiel den aktuellen Kostenstrukturen der Apotheken, den Umsätzen durch verschreibungspflichtige Medikamente und anderen Produkten, den gesetzlichen Rahmenbedingungen sowie regionalen Unterschieden“, erklärt ChatGPT. „Eine genaue Zahl für eine Honorarerhöhung kann jedoch nicht pauschal angegeben werden, da dies von der individuellen Kostenstruktur jeder Apotheke abhängt und auch von gesetzlichen Vorgaben beeinflusst wird.“

Trotz der teils vagen Aussagen ist Lauterbach zuversichtlich, dass das ApoKI ohne große Probleme noch vor der Sommerpause durch das Kabinett kommt. Einen moderneren und fachlicheren Entwurf hat es schließlich noch nicht gegeben!

In dieser Woche hat der Gesundheitsminister tatsächlich eine Vor-Ort-Apotheke besucht. Gemeinsam mit der Abda-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening war der Minister in der Apotheke von Inhaber Mike Beyer in Teltow nahe Berlin zu Gast. Die Kritik des Apothekers an den Reformplänen und seine Ausführungen zu den Folgen scheinen beim Minister aber nur wenig Eindruck hinterlassen zu haben.

Die Reform sei notwendig, betonte der Minister während des Besuchs. Trotz der Kritik des Apothekers wolle er an seinen Maßnahmen festhalten. Durch Telepharmazie und Zweigapotheken solle die Versorgung in ländlichen Regionen gesichert werden. Durch die Flexibilisierungen bei Öffnungszeiten und Personaleinsatz komme man den Apotheken entgegen, argumentierte der Minister. Zudem sei er zuversichtlich, dass sein Apothekenreformgesetz (ApoRG) schon am 17. Juli vom Kabinett beschlossen wird.

Die Kritik der Apothekerschaft am ApoRG reist dagegen nicht ab. Zwei Inhaber:innen in Berlin machten diese Woche auf besondere Art auf die angespannte Situation in den Apotheken aufmerksam: Mit politischen Appellen auf ihren Kassenbons. Der Aufdruck der Die Katharinen Apotheke in Berlin erzürnte einen Zeit-Redakteur derart, dass er ihn sogleich auf X postete. Die Community stellte sich allerdings geschlossen hinter die Apotheke.

Die Landesapothekerkammer Niedersachsen stellte diese Woche in Aussicht, Protestmaßnahmen größeren Ausmaßes in Betracht zu ziehen. Nach der Kabinettssitzung am 17. Juli sei am Folgetag ein Treffen der Landesverbände angedacht. Nach den beiden Protesttagen in Hessen letzte Woche ruft der Hessische Apothekerverband (HAV) seit Montag per Petition zur Unterschrift auf. Das Motto: „Gegen das geplante Apothekenreformgesetz – keine ‚Apotheken ohne Apotheker!‘“

Auch die Freie Apothekerschaft (FA) hat bereits letzte Woche Stellung zum ApoRG genommen. Hierbei positioniert sie sich klar gegen das Konzept einer Light-Apotheke. Die vorgesehene Erweiterung der Impfkompetenzen begrüßt die FA dagegen – und liefert gleich weitere konkrete Vorschläge, die die Lage der Apotheken verbessern sollen. Denkbar wären demzufolge Kompetenzerweiterungen für Approbierte und PTA sowie eine höhere Zuzahlung durch die Patient:innen, was ein höheres Apothekenhonorar finanzieren könnte.

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