Apothekenschließung

„Halbtagsapotheken gehen nicht“ Maria Hendrischke, 21.07.2015 09:37 Uhr

Berlin - 

Die medizinische Versorgung auf dem Land ist gefährdet. Ein aktuelles Beispiel dafür ist Zeitlofs, ein Dorf in der bayerischen Rhön. Zum 1. Juli musste Ralf Brauer seine Rhön-Apotheke schließen: Er konnte keinen Apotheker finden, der aufs Land ziehen wollte. Der Bürgermeister hätte auch eine Halbtags-Apotheke akzeptiert –

aber das lassen die Vorschriften nicht zu.

„Die Rhön-Apotheke gab es schon vor etwa 160 Jahren, sie hat sogar noch eine königliche Lizenz aus Würzburg“, erzählt Brauer. Der Apotheker übernahm die Rhön-Apotheke vor zehn Jahren als Filiale seiner Löwen-Apotheke im nahe gelegenen Sinntal. Er wohne genau zwischen den beiden Dörfern, daher habe sich das angeboten. Damals beschäftigte Brauer drei angestellte Apothekerinnen in beiden Apotheken.

„Dann sind meine Angestellten Mütter geworden. Sie konnten daraufhin nicht mehr Vollzeit arbeiten. Ich habe also nach einer Ergänzungskraft gesucht“, berichtet der Apotheker. Die Situation spitzte sich zu, als eine Apothekerin einen anderen Job annahm. „Sie ist jeden Tag aus Fulda gependelt. Sie hat eine Stelle gefunden, die näher an ihrem Wohnort liegt“, so Brauer.

Er begab sich auf die Suche nach einem neuen Apotheker und fand einen jungen Kollegen, der gerade erst seine Approbation erhalten hatte. „Ich war da zwar zunächst etwas skeptisch, aber der junge Mann war sehr intelligent und hat die Arbeit super gemacht“, sagt Brauer. Der Haken: Von Anfang an stand fest, dass der Apotheker nur bis zum 1. Juli in der Rhön-Apotheke arbeiten würde. Danach wolle er bei der Bundeswehr Medizin studieren, so Brauer.

Damit fehlte Brauer nun eine Arbeitskraft, um die Filiale in Zeitlofs zu führen. Eine seiner Angestellten wäre zwar bereit, zwischen 9 und 15 Uhr in der Apotheke zu arbeiten, aber mehr Stunden könne sie als vierfache Mutter nicht übernehmen. „Und Halbtagsapotheken sind nicht erlaubt“, so Brauer. Das finde er auch sinnvoll, denn es sollte keine „Apotheke light“ geben.

Brauer hat über die Agentur für Arbeit nach einem Apotheker gesucht. Etwa 20 Namen von arbeitssuchenden Apothekern hat er erhalten. Die potenziellen Kandidaten habe er geschrieben, gemailt, sie angerufen – vergeblich: Keiner konnte sich vorstellen, eine Stelle auf dem Land anzutreten.

„Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Es ist so schön hier“, sagt Brauer. Er komme selbst aus einer Großstadt, aus Hamburg. Trotzdem sei er inzwischen in der Rhön verwurzelt und lebe sehr gerne in der Gegend: „Wir arbeiten dort, wo andere Urlaub machen“, sagt er. Und wenn es doch einmal Stadtluft sein soll, sei es nicht weit bis Frankfurt, Fulda oder Würzburg.

Auch bei Agenturen, die für kurze Zeiträume Aushilfen verleihen, habe Brauer nach Apothekern nachgefragt. „Für das gesamte zweite Halbjahr 2015 gibt es aber keine verfügbare Ersatzkraft, nicht einmal für eine Woche“, berichtet Brauer. Als er in den vergangenen Jahren für eine oder zwei Wochen auf diesem Weg eine Urlaubsvertretung gesucht habe, habe das funktioniert. „Ich weiß nicht, was sich da geändert hat“, sagt er. Daher musste er die Rhön-Apotheke zum 1. Juli schließen.

„Für die Bewohner von Zeitlofs ist das eine kleine Katastrophe“, berichtet Brauer. Das Dorf mit 700 Seelen war es gewohnt, neben einem Hausarzt auch eine Apotheke im Ort zu haben. Auch für die umliegenden Dörfer war die Filiale erste Anlaufstelle. Besonders Bürgermeister Wilhelm Friedrich (CSU) habe auf den Erhalt der Rhön-Apotheke gehofft; selbst eine halbtags geöffnete Offizin wäre ihm recht: „Er sieht die Infrastruktur im Ort wegbrechen, das möchte er verhindern“, so Brauer.

Die Löwen-Apotheke in Sinntal will Brauer auf jeden Fall weiterführen. Doch die Filiale in Zeitlofs zu betreuen, funktioniere mit den ihm zur Verfügung stehenden Arbeitskräften nicht. „Ein Apotheker, der 40 Stunden arbeiten könnte, wäre zwar optimal. Aber ich hatte auch nach Interessenten für eine Stelle mit 32 Stunden gesucht“, sagt Brauer. „Leider ließ sich wirklich niemand finden.“

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