Berufstätige Eltern: Aus Zeitmangel gestresst dpa, 01.08.2016 08:35 Uhr
Für alles zu wenig Zeit: Eltern, die beide berufstätig sind, leiden vor allem unter zeitlichem Stress. Das ergab eine Umfrage unter 1000 Müttern und Vätern im Auftrag des AOK-Bundesverbandes. Das kann gesundheitliche Beeinträchtigungen zur Folge haben.
Demnach beklagt knapp die Hälfte (47 Prozent), dass sie im Alltag durch mangelnde Zeit gestresst ist. Andere starke Belastungsfaktoren wie Finanzknappheit oder psychische Anstrengungen rangieren laut Studie mit jeweils 28 Prozent weit dahinter. Die Zahlen bestätigen frühere AOK-Familienstudien, die seit 2007 regelmäßig durchgeführt werden. Gaben 2010 noch 41 Prozent an, zu wenig Zeit zu haben, so stieg der Anteil 2014 auf 46 Prozent. Und in der aktuellen Erhebung legte dieser Wert nochmals leicht um einen Prozentpunkt zu.
Nach Ansicht des Gesundheitswissenschaftlers Klaus Hurrelmann von der Hertie School of Governance veranschaulicht die Studie, „dass die heutige junge Generation von Eltern nicht nur vor neuartigen, sondern vermutlich auch vor größeren Anforderungen an die Bewältigung des Familienalltags steht als frühere Generationen“. Die strukturellen Bedingungen hierfür verbesserten sich jedoch nicht im gleichen Ausmaß.
Im übrigen sei die Belastung der Frauen in Paarfamilien noch um einiges größer als die der Männer. Familienpolitik müsse sich daher flexibler auf die wandelnden Lebensläufe und die sich ändernden individuellen Muster der Lebensführung von modernen Eltern einstellen, fordert Hurrelmann. Denn der größte Teil von Müttern und Vätern ist heute erwerbstätig. Im Durchschnitt kommt die Studie auf einen Wert von 50 Prozent Erwerbstätigen in Vollzeit und 36 Prozent in Teilzeit. Frauen bevorzugen nach wie vor die Erwerbstätigkeit in Teilzeit.
Auch die Rolle der Kinder ändert sich: Sie beteiligen sich laut Hurrelmann von klein auf an der Gestaltung des Familienlebens. Sie verbringen ihre Zeit nicht mehr nur allein mit den Eltern, sondern zusätzlich mit Personal in Kitas, in Schulen und mit Freizeit- und Medienangeboten. „Kinder werden hierdurch im Vergleich zu früheren Generationen selbstständiger und selbstbewusster“, sagt Hurrelmann.
Mit dieser Belastung gehen Eltern auf ganz verschiedene Weise um. 41 Prozent der Befragten nennen Sport als wichtigsten Ausgleich. Ebenfalls 41 Prozent tanken Kraft, indem sie Hobbys nachgehen wie Lesen oder Freunde treffen. Immerhin 18 Prozent setzen auf bewusste Auszeiten von der Familie. 12 Prozent versuchen, die Organisation des Familienalltags zu optimieren und Pflichten besser aufzuteilen. Jeder Zehnte nutzt gelegentliche Kurzurlaube als Regenerationsstrategie.
Der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch, erklärt dazu an die Adresse der Politik: „Wir wissen, dass flexible Arbeitszeiten und eine verlässliche Betreuung der Kinder von berufstätigen Eltern viel zur Familiengesundheit beitragen. Dann bleibt auch Zeit für Entspannung, körperliche Aktivitäten und die Partnerschaft.“ Hier müssten auch Präventionsangebote ansetzen.