Anti-Corona-App: Datenschützer fordert „Informierte Freiwilligkeit“ dpa, 05.04.2020 09:33 Uhr
Erfurt Bei der Eindämmung des Coranavirus soll auch das Handy helfen. Mit einer App könnten Infektionsketten digital nachverfolgt werden. Die diskutierte freiwillige Nutzung knüpft Thüringens Datenschutzbeauftragter Lutz Hasse aber eine Bedingung.
Hasse sieht den möglichen Einsatz einer Anti-Corona-App auf freiwilliger Basis skeptisch und fordert mehr Informationen für die Nutzer: „Man greift gerne zur Freiwilligkeit, wenn man es anders nicht hinbekommt.“ Das Handy-Tracking-Verfahren für Corona-Infizierte wird derzeit in Berlin getestet.
Zwar sei die freiwillige Preisgabe von Handydaten nicht so scharf geregelt wie eine gesetzlich angeordnete. Damit gebe die Legislative aber auch die Verantwortung an die Bürger ab, meinte Hasse. Thüringens Justiz- und Verbraucherschutzminister Dirk Adams (Grüne) sprach sich hingegen klar für eine freiwillige App aus.
Thüringens oberster Datenschützer sagte hingegen: „Würde der Einsatz einer solchen App gesetzlich vorgeschrieben, dann würde in parlamentarischen Debatten unter Einbeziehung von Juristen, Medizinern, Informatikern das Pro und Contra ausführlich erörtert.“ Mit der Abwägung von Argumenten etwa zur Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme, werde der Gesetzgeber in die Lage versetzt, verantwortungsvoll zu entscheiden.
„Diese Aufklärung unterbleibt in der gebotenen Intensität aber vielleicht, wenn – wie geplant – die Bürger jetzt rasch freiwillig alles selbst entscheiden sollen“, befürchtete Hasse. Er forderte daher eine „informierte Freiwilligkeit“.
Je transparenter und umfangreicher Experten über die Anonymisierung der Daten sowie die Sach- und Rechtslage – etwa in den Medien – aufklärten, desto höher falle dann auch die Zustimmung zu einer Anti-Corona-App aus. „Wer den Bürgern die eigenverantwortliche Nutzung der App überlasse, sollte ihnen auch die Entscheidung über alle tragenden Argumente dafür und dagegen überlassen.“
Justizminister Adams sieht in der Handy-App ein geeignetes Mittel bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie. „Ich verstehe, dass die staatlichen Maßnahmen und die Notwendigkeit ihres Ausmaßes kritisch diskutiert werden – eine App auf freiwilliger Basis aber begrüße ich ganz klar.“
In Deutschland wird über den möglichen Einsatz von Handydaten diskutiert, um so mögliche Kontaktpersonen von Infizierten zu finden und zu warnen. Für eine App, die Bürger freiwillig installieren könnten und die sie ohne Preisgabe von Namen oder Standortdaten anonymisiert warnt, wenn sie Kontakt mit einem bestätigten Infizierten hatten, gibt es politische Unterstützung aus allen im Bundestag vertretenen Parteien. Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber (SPD) hält dies für einen gangbaren Weg.