„Auch Apotheker haben Angst!“

Darf ich im Notdienst das Telefon abschalten?

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Berlin -

Störende oder gar belästigende Anrufe im Notdienst sind für die diensthabenden Apotheker:innen keine Seltenheit. Beate Schubert-Zeißler, Inhaberin der Apotheke Naußlitz-Center in Dresden, würde deshalb am liebsten nach Mitternacht die Telefonanlage abschalten. Aus juristischer Sicht ist das schwierig.

Schubert-Zeißler leistet schon seit vielen Jahren Notdienste, wie viele andere Inhaber:innen macht sie 90 Prozent davon selbst. Oft schließt sich dabei an einen Ganztagesdienst nicht nur der Nachtdienst, sondern auch noch ein halber Tag danach an. Der Arbeitsschutz schreibe für Mitarbeiter:innen vor, dass der Tag nach dem Notdienst Freizeit sein muss. Bei Inhaber:innen frage niemand danach, „du hältst das einfach durch“, so Schubert-Zeißler.

Die allermeisten Notfälle kommen ihrer Erfahrung nach vor Mitternacht in die Apotheke. Nach 0 Uhr häufen sich Anrufe, die auch bis zur normalen Öffnungszeit hätten warten können. Neben Erkundigungen nach Zahnbürsten, Kindermilch, Juckreiz oder der Pille Danach folgt auch öfter eine dreimalige Störung: „Haben sie Notdienst?“, lautet die Frage beim ersten Anruf, wenig später klingelt erneut das Telefon für ein „Ich fahre jetzt los“, nur damit dann nach kurzer Zeit die Notdienstglocke schrillt. Auf Gereiztheit am Telefon reagieren die Patient:innen häufig mit Unverständnis, zuweilen folgte dann eine negative Bewertung auf Google. „Mit der Notdienstpauschale ist dieser Leidensdruck nicht abgegolten“, findet die Inhaberin.

Die Störanrufe kommen noch hinzu: Stöhnen oder Schreie am anderen Ende der Leitung oder Fragen zu XXL-Kondomen stellen zusätzlich eine besondere psychische Belastung da. Auch seien es oft Serientäter, sodass regelrecht Telefonterror entstehe, indem immer wieder angerufen werde, und auch mehrere Apotheken von Anrufen in derselben Nacht berichten. „Kolleg:innen haben Angst vorm Notdienst, auch Apotheker“, berichtet sie.

Die Apothekerkammern empfehlen beim Auftreten von Störanrufen oder Belästigungen am Telefon die Kontaktaufnahme mit der Polizei und die Erstattung einer Strafanzeige.

Kaum Arztanrufe

Aber kann man in solchen Fällen auch einfach das Telefon abschalten? „Ich kann die Motivation nachvollziehen“, so Klaus Laskowski, stellvertretender Geschäftsführer und Justiziar der Bayrischen Landesapothekerkammer, aber zum Notdienst gehöre telefonische Erreichbarkeit dazu. Gerade weil die Wege im Notdienst oft weiter seien, riefen Patient:innen gerne vorher an, ob das Medikament wirklich vorrätig sei. Auch Ärzte müssten anrufen können.

Nach Schubert-Zeißlers Erfahrungen spielt das in der Praxis keine Rolle: Sie erinnert sich an genau einen Anruf von einem Klinikarzt in ihren 13 Jahren Notdiensterfahrung. Viel häufiger sei es so, dass die Apotheke den Arzt oder die Klinik kontaktiere, aktuell noch vermehrt aufgrund der Lieferschwierigkeiten.

Laut Corina Seidel, Justiziarin der Sächsischen Landesapothekerkammer, häufen sich Berichte über Belästigungen und Störanrufe seit einigen Jahren. Daher informiere man die Mitglieder regelmäßig per Rundschreiben über das Verhalten in solchen Fällen. Außer der genauen Dokumentation wird ebenfalls zu einer Strafanzeige geraten, auch soll eine Meldung an die Kammer erfolgen. Dann gebe es auch im persönlichen Gespräch eine Beratung, wie damit umzugehen sei. Im September habe man die letzte Meldung erhalten, sagt Seidel.

Das Abstellen der Telefonanlage sei „bei massiver Belästigung“ im Einzelfall für einen kurzen Zeitraum zulässig, dafür gebe es aber keine pauschale Empfehlung. „Entscheidend ist es, persönlich erreichbar zu sein“, so Seidel, grundsätzlich sollte die diensthabende Apotheke aber auch telefonisch erreichbar sein. Dass Anrufende im Notdienst direkt mit der Apothekerin verbunden werden, sei aber „ein Einfallstor“ für diese Anrufe.

Bandansage kann abschrecken

Deshalb hat Schubert-Zeißler ihren Mann eine Bandansage mit dem Hinweis auf eine persönliche Erreichbarkeit in Notfällen einsprechen lassen. „Eventuell lasse ich noch eine eigens dafür angelegte Handynummer hinterlegen, die dann nach der Ansage für echte Notfälle durchgegeben wird“, sagt die Inhaberin.

Laut Laskowski ist eine vorgeschaltete Bandansage aus juristischer Sicht sauber. Eine männliche Stimme, die dem Anrufenden sagt: „Einen Augenblick bitte, sie werden mit dem notdiensthabenden Apotheker verbunden“ könne vielleicht schon einige Störanrufer abschrecken – besonders wenn dabei auf einen männlichen Ansprechpartner hingewiesen wird. Wichtig ist dabei, dass trotz solcher Zwischenschritte die Erreichbarkeit gewährleistet bleibt.

Am besten fände Schubert-Zeißler aber das Einrichten einer zentralen Nummer so wie beim ärztlichen Bereitschaftsdienst 116 117. Dort könnten im Vorfeld echte Notfälle ausgesiebt und erst dann an die Apotheken weitergeleitet werden.

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