Eigenblut statt Arzneimittel dpa/APOTHEKE ADHOC, 27.11.2013 12:39 Uhr
Es ist nicht mal ein richtiger Eingriff, es wird nur Blut abgenommen –
und das soll große Wirkung haben: Die Eigenbluttherapie wird sowohl von
Heilpraktikern als auch von vielen Ärzten angewandt, um eine lange Liste
von Krankheiten zu bekämpfen, unter anderem so gravierende wie
Neurodermitis und Asthma. Einen wissenschaftlichen Beweis für die
Wirksamkeit der Methode gibt es nicht, dennoch hat sie einen festen
Platz in deutschen Praxen.
In der Regel werden bis zu fünf Milliliter Blut aus der Armvene des Patienten entnommen und in den Gesäßmuskel gespritzt. Das Blut im Hämatom wird vom Körper als „fremd“ angesehen und löst eine Immunreaktion aus. Diese sogenannte unspezifische Reiztherapie umfasst normalerweise bis zu zwölf solcher Behandlungen mit zwei Terminen pro Woche.
Angewandt wird die Therapie unter anderem bei Abwehrschwäche, Asthma, Beschwerden bei Hormonumstellung in den Wechseljahren, Durchblutungs- und Blutbildstörungen, Erschöpfungszuständen, Heuschnupfen und anderen Allergien, akuten und chronischen Infektionen, Neurodermitis, Rheuma und sogar zur Erholung nach schwerer Erkrankung.
Eigenbluttherapie ist in Deutschland keine reguläre Krankenkassenleistung. Allerdings bieten die privaten Versicherungen und einige Kassen an, die Kosten dafür zu übernehmen. Wer selbst zahlt, muss mit einem Betrag von circa 15 Euro pro Spritze rechnen. Laut IGeL-Monitor gibt es beispielsweise zur Behandlung von Sehnenreizung keinen Beweis für die Wirksamkeit, aber ein mögliches Schadenspotenzial. Daher lautet das Urteil in diesem Fall „tendenziell negativ“.
Gelegentlich kommt es zu grippeähnlichen Symptomen über zwei bis drei Tage. Wird unsauber gearbeitet, drohen Hepatitisinfektionen. Aus Großbritannien sind solche Zwischenfälle bekannt. Generell ist Vorsicht geboten bei Gerinnungsstörungen oder der Einnahme von Gerinnungshemmern wie Marcumar.
Trotz aller Kritik ist die Eigenbluttherapie bei Patienten beliebt. Einer Umfrage zufolge führen rund 75.000 Ärzte in Deutschland die Eigenbluttherapie durch. Auch die Forschung hat sich mit der Eigenbluttherapie befasst, allerdings gibt es mangels konkreter wirtschaftlicher Interessen weltweit bislang nur kleinere Studien. Um ein wissenschaftlich aussagekräftiges Gesamtbild zu bekommen, fehlen viele Teile des Puzzles wie etwa Tierversuchsreihen und Vergleichstests an großen Gruppen von Menschen.
Neben der sogenannten kleinen Eigenbluttherapie gibt es noch zahlreiche Varianten. Gängig ist etwa die Entnahme von größeren Mengen von Eigenblut und dessen Behandlung, die Große Eigenbluttherapie. Dabei wird Sauerstoff oder Ozon zugesetzt, oder das Blut mit UV-Licht bestrahlt. Auch der Zusatz von homöopathischen Heilmitteln vor der Re-Injektion sind möglich.