Gerade als Inhaberin Ina Leischner aus Hohenmölsen bei Leipzig die Ladentür der Neuen Apotheke abgeschlossen hatte, klopfte noch ein Patient an das Fenster der Apotheke. „Es war ein Notfall, der Mann hatte einen allergischen Schock“, erklärt sie. „Wir haben Erste Hilfe geleistet.“ Auch wenn sie es gern getan hat: „Ich wünsche mir für die Apotheken vor Ort mehr Wertschätzung seitens der Politik.“ Denn dieses Beispiel zeigt: „Gut, dass es uns gibt!“
Die Neue Apotheke schließt an Werktagen abends um 19 Uhr. „Ein Familienvater kam nach Ladenschluss noch zu uns. Er stand draußen am Fenster und klopfte, ich habe gleich gesehen, dass es ihm schlecht ging“, so Leischner. Sie habe ihn daraufhin sofort reingelassen. „Er hatte einen allergischen Schock“, beschreibt sie den Notfall. „Er hatte etwa 15 Minuten zuvor ein Antibiotikum eingenommen, welches er offensichtlich nicht vertragen hatte. Der Mann röchelte richtig.“
Sie habe ihn daraufhin notversorgt: „Da er ansprechbar war, bekam er erstmal Cetirizinsaft, dieser wirkt sehr schnell.“ Nachdem er sich dann aber gleich danach erbrochen hatte, entschieden wir schnell den Rettungsdienst zu rufen, so die Inhaberin. „In der Zwischenzeit habe ich mich auch noch um seine beiden kleinen Kinder gekümmert und den Mann selbst versucht zu beruhigen.“ Das Problem: „Da wir sehr ländlich gelegen sind, braucht die Rettung länger.“ Ein Medikament für den Fall, dass er keine Luft mehr bekommen sollte, hatte Leischner schon bereitgelegt. „Ich hätte ihm Fastjekt verabreicht, bevor er an Atemnot stirbt.“
Der Notarzt kam etwa 20 Minuten später und nahm den Patienten mit ins Krankenhaus. „Ich dachte nur, gut dass es Apotheken vor Ort gibt“, so Leischner. „Alle Apotheken haben ausgebildete Ersthelfer und Medikamente für den Notfall da.“ Mehr noch: „Auch wir verfügen über ein sehr gutes Fachwissen, um Patienten zu versorgen, bis der Arzt oder Rettungsdienst eintrifft“, erklärt sie. Zudem sei man für die Patienten meist die erste Anlaufstelle. „An diesem Abend waren die vier Arztpraxen hier im Haus alle bereits geschlossen.“
Der Vorfall zeigt, dass Apotheken weitaus mehr sind als bloße Ausgabestellen für Medikamente. „Für diese Leistung wünsche ich mir mehr Wertschätzung seitens der Politik.“ Sie fragt sich, ob den Entscheidungsträgern überhaupt klar sei, dass alle Apotheken solche Situationen täglich leisten. „Wenn es nach dem Gesundheitsminister ginge, sollen am besten überall statt Apothekern nur noch Automaten stehen. Vorn wird die Gesundheitskarte eingelesen und hinten das Medikament ausgespuckt. Das kann einfach nicht funktionieren.“
Leischner betont: „Wir haben gerne Erste Hilfe geleistet, auch nach Feierabend und ohne Vergütung. Aber ich wünsche mir, dass gesehen wird, was alle Kollegen und Kolleginnen täglich menschlich leisten.“ Apotheken vor Ort sind unverzichtbare Bestandteile der Gesundheitsversorgung, vor allem in Notfallsituationen, die schnelle Entscheidungen, Empathie und Fachkompetenz erfordern, so Leischner. „Die politische Diskussion sollte diesen Aspekt stärker berücksichtigen, anstatt die Automatisierung voranzutreiben, die menschliche Expertise nicht ersetzen kann.“