Anja Alchemilla sitzt im Vorzimmer eines Bundestagsabgeordneten der CDU und wartet auf ihren Termin. Doch wie ist sie dort hingekommen? Im Grunde ist es ganz einfach, mit den Volksvertretern in Kontakt zu treten – man muss es nur wollen. Und ein direktes Gespräch bringt oft mehr als der Austausch per E-Mail.
Der Grund, warum die Filialleiterin einen Termin mit dem Politiker ausgemacht hat, ist schnell erklärt. Eigentlich wollte ihr Chef dieses Gespräch führen, doch ihm kam ein akuter grippaler Infekt dazwischen. Da er dieses Datum schon vor ein paar Wochen eingeplant hatte, um den Abgeordneten zu seinem Standpunkt in der Gesundheitspolitik zu befragen, wollte er ihn nicht ausfallen lassen. Er hat Anja daher gebeten, ihn an seiner Stelle wahrzunehmen, und ihr die Fragen, die er stellen wollte, am Abend zuvor zugeschickt.
Als sie in das Büro hineingebeten wird, ist die Apothekerin ein wenig aufgeregt, denn sie weiß, dass der Grund für ihren Besuch überaus wichtig ist. Nach der Begrüßung geht die Fragerunde schon direkt los und der Abgeordnete steht Rede und Antwort. Er gibt gleich zu Beginn zu, dass er nicht ganz im Thema ist, da er Gesundheit nicht als sein vorrangiges Aufgabengebiet sieht. Aber er zeigt sich interessiert und aufgeschlossen. Anja spricht vieles an, was ihr und ihren Kollegen auf der Seele brennt. Er hört ihr zu und stellt zwischendurch auch Fragen.
Zunächst versucht sie dem CDU-Mann zu erklären, warum sich die Zeiten seit dem EuGH-Urteil im Jahr 2016 für die Vor-Ort-Apotheken so verschlechtert haben. „Wie hat der Europäische Gerichtshof denn sein Urteil begründet“, fragt sie der Politiker daraufhin. „Nun, im Grunde damit, dass der Versandhandel Nachteile gegenüber den stationären Apotheken hat, weil er nicht vor Ort sein kann. Also darf er den Kunden zum Ausgleich dafür bessere Preise bieten.“ Der Abgeordnete schüttelt darüber nur den Kopf und zieht die Augenbrauen nach oben. Er schreibt sich etwas auf.
Anja erklärt ihm, wie wichtig die Apotheken für die Öffentlichkeit sind. Sie spricht über Rezepturen und BtM-Versorgung, über Nacht-und Notdienste, kurze Wege und schnelle Lieferungen nach Hause. Auch qualifizierte Frauenarbeitsplätze, die Möglichkeit zur familienfreundlichen Teilzeitarbeit und soziale Aspekte kommen zur Sprache. Alle Sorgen der Apotheken – von Securpharm über das fehlende Rx-Versandverbot bis hin zu Lieferengpässen – kann sie ansprechen, bevor sich der Termin dem Ende zuneigt.
„Wissen Sie Frau Alchemilla, das war wirklich aufschlussreich. Ich werde mich weiter informieren und versuchen, Sie bestmöglich zu unterstützen. Dafür spreche ich erst einmal mit den anderen Abgeordneten des Landkreises darüber, und wir versuchen einen Konsens zu finden. Wenn wir uns auf eine Linie geeinigt haben, reden wir in der Fraktion darüber. Ich könnte auch einen Termin mit Jens machen, aber ich denke, das ist im Moment nicht zielführend. Kann ich mich an Sie wenden, wenn noch offene Fragen auftauchen?“ Anja ist erfreut über das offenkundige Interesse und sagt zu.
Als sie das Büro verlässt, ist sie sicher, dass ihr Chef absolut richtig damit lag, den Abgeordneten zu kontaktieren. Viele Politiker bieten die Möglichkeit einer Sprechstunde an. Man muss sie nur nutzen und auf die eigenen Belange aufmerksam machen, die sonst einfach untergehen. Der eine oder andere Abgeordnete möchte vielleicht sogar eine Apotheke im Tagesgeschäft besuchen und unmittelbar erfahren, was dort alles geleistet wird. Es ist in jedem Fall sinnvoller und effektiver, selbst aktiv zu werden, als sich seinen Frust nur in internen Netzwerken von der Seele zu schreiben. Je mehr Landespolitiker man auf seine Seite ziehen kann, desto besser. Vielleicht kann man ja sogar als „kleiner Apotheker“ Einfluss nehmen, wer weiß?
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