Ein junger Mann nimmt das Breitbandantibiotikum Cefcil (Cefprozil), leidet danach mutmaßlich an einer Psychose und verschwindet. Seit Juli 2014 wird Lars Mittank vermisst. Die ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY“ hat den Fall aufgegriffen. Die Polizei Itzehoe erhielt daraufhin 76 Hinweise, darunter einen von zwei Fachärzten. Sie weisen darauf hin, dass die Symptome des Mannes auffällig waren und er vermutlich an einer Nebenwirkung des Medikaments litt.
Der damals 27-jährige Mittank aus Marne in Schleswig-Holstein reiste 2014 mit Freunden nach Bulgarien, sie machten Urlaub in der Hafenstadt Varna. Mittank wurde in eine Schlägerei verwickelt und dabei am Trommelfell verletzt. Ein Arzt erklärte ihn für fluguntauglich und verordnete ihm das Antibiotikum. Seine Freunde flogen am 7. Juli nach Deutschland zurück.
Mittank blieb in Varna und nahm sich ein günstiges Hotelzimmer. In der Nacht rief er seine Mutter an: Er fühle sich im Hotel nicht sicher und habe Angst um sein Leben, sagte er ihr. Am nächsten Tag verließ Mittank das Hotel und tauchte am Flughafen wieder auf. Er ging zu einem Arzt und wollte sich erneut untersuchen lassen.
Doch während der Untersuchung schien Mittank in Panik zu geraten. Die Überwachungskameras zeichneten auf, wie er aus der Arztpraxis rannte. Sein Gepäck und sein Handy ließ er zurück. Er lief aus der Flughafenhalle und kletterte über einen zweieinhalb Meter hohen Zaun. Danach verschwand er in einem dicht bewachsenen Gelände.
Mittanks Mutter hat seitdem nichts mehr von ihrem Sohn gehört. Sie hat eine Vermisstenanzeige aufgegeben, die bulgarischen Behörden wurden eingeschaltet. Sie suchen mit Nachdruck, aber ohne Erfolg. Sie glaubt, dass das Medikament Nebenwirkungen bei ihrem Sohn hatte und die folgende Stresssituation eine Amnesie ausgelöst haben könnte – er also noch in Bulgarien leben könnte.
Cefprozil ist ein Antibiotikum aus der Gruppe der Cephalosporine und in Deutschland nicht zugelassen. Das Präparat Cefzil von Bristol-Myers Squibb wurde 1992 in den USA zugelassen.
Apothekerin Rada Pechliwanowa vom bulgarischen Apothekerverband erklärt in dem ZDF-Beitrag: „Zwischen dem Antibiotikum und dem auffallenden Verhalten des Patienten könnte ein Zusammenhang bestehen. Wir sprechen aber von einer sehr seltenen Nebenwirkung, die davon abhängt, ob er zum Beispiel ein anderes Medikament eingenommen oder Alkohol getrunken hat.“
Aus Sicht von zwei Fachärzten, die sich nach der ZDF-Sendung bei der Polizei gemeldet haben, könnte das Verhalten von Mittank mit dem Antibiotikum erklärt werden. Die Symptome seien auffällig, teilten sie der Polizei mit. Das Misstrauen und Wegrennen vor imaginären Verfolgern sprächen für eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis. Die Polizei prüft diesen und alle anderen Hinweise, eine abschließende Bewertung ist einem Sprecher zufolge noch nicht erfolgt.
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