Homöopathin wechselt die Seiten APOTHEKE ADHOC, 26.11.2015 10:52 Uhr
„Es ist nichts drin. Es ist nicht nur kein Wirkstoff drin, sondern ganz sicher auch keine Energie oder Information.“ Davon ist Dr. Natalie Grams, Ärztin und ehemalige Homöopathin, inzwischen überzeugt. In der gestrigen Sendung von „Stern TV“ stellte sich die Medizinerin dem Streitgespräch mit überzeugten Befürwortern der Homöopathie.
Grams war bis vor kurzer Zeit selbst von der Wirkung der Globuli und Dilutionen überzeugt. Sie betrieb eine eigene Arztpraxis mit homöopathischem Schwerpunkt. Sie wollte ihr Wissen einem breiteren Publikum zugänglich machen und entschied sich, ein Buch über die alternative Medizin zu verfassen. Damit wollte sie Kritiker in die Schranken weisen.
Bei der Recherche stellte die Ärztin jedoch fest, dass sie jahrelang daneben gelegen hatte: „Ich habe aus heutiger Sicht den Patienten gegenüber ein schlechtes Gewissen, dass ich ihnen Placebos verordnet habe“, so Grams. Sie sei sich heute sicher, dass die Kügelchen aus Zucker keine Heilwirkung hätten.
Die Ärztin schloss daraufhin ihre Praxis und will sich von jetzt an ihrer Facharztausbildung widmen. Sie möchte damit verdeutlichen, dass die alternative Therapierichtung wissenschaftlicher Humbug sei und die Homöopathie vom Markt verschwinden solle. Ihr Buch hat die Ärztin dennoch veröffentlicht – als Kritik an Hahnemanns Theorien.
Erst vor kurzem hatte das Magazin Geo eine ähnliche Karriere vorgestellt: Professor Dr. Edzard Ernst hatte als Mediziner in den 1970er Jahren in einem homöopathisch geführten Krankenhaus gearbeitet. In dieser Zeit habe er gelernt, mit weißen Kügelchen „Wunder“ zu vollbringen. „Bei vielen Patienten besserte sich der Zustand in beeindruckender Weise“, berichtete er in seinem Gastbeitrag. Die angewendeten Behandlungsmethoden habe er zu dieser Zeit aber kaum kritisch hinterfragt. Das machte Ernst viel später – und zwar als er in Exeter den Lehrstuhl für Komplementärmedizin aufbaute.
Jahrelang habe er dort zusammen mit seinen Mitarbeitern intensiv geforscht und etliche Therapieformen unter die Lupe genommen. Manche Verfahren der Alternativmedizin hätten dabei gut abgeschnitten. Insgesamt sei die Bilanz durchwachsen gewesen. Doch gerade für die Homöopathie seien die Ergebnisse ziemlich niederschmetternd gewesen.
„Homöopathie kann lebensgefährlich sein“, schrieb Ernst und griff Pharmazeuten, Mediziner und Politiker gleichermaßen an. Apotheker verhalten sich nach Einschätzung von Ernst unmoralisch, wenn sie ihren Kunden „Placebo“ verkaufen. Ärzte kritisierte er dafür, dass sie ihren Patienten zum Teil widerlegte Therapieformen anbieten, nur um Geld zu verdienen. Außerdem bemängelte er, dass es Politiker gebe, die die Alternativmedizin unterstützten, obwohl sie nicht das geringste medizinische Verständnis hätten.