Standort

Ärztehäuser verlieren

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Berlin -

Einer der zentralen Faktoren für den Erfolg einer Apotheke ist die Lage. Daher kommt bei der Entscheidung für eine Apotheke der eingehenden Analyse des Standorts eine wesentliche Bedeutung zu. Doch viele Apotheker verlassen sich noch immer vor allem auf eines: ihr Bauchgefühl. Sowohl bei der Standortwahl, als auch in der Führung einer Apotheke denken Apotheker vergangenheits- statt zukunftsgerichtet, weiß Marco Benz, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Apomind.

Bereits mit der Wahl des Standortes entscheidet sich vielfach, ob eine Apotheke erfolgreich sein wird oder nicht. Aber nicht nur. „Es ist wichtig zu wissen, dass der Standort nicht nur wesentlich den Ertrag der Apotheke bestimmt, sondern auch für eine Reihe von Themen von zentraler Bedeutung ist“, sagt Benz. Dazu gehörten etwa die internen Strukturen und die Organisation, die Positionierung, die strategische Ausrichtung und Marketing-Strategie, die Anforderungen an das Personal oder aber auch das Sortiment.

Inzwischen seien eine Menge Informationen und Daten verfügbar, die helfen könnten, einen Apothekenstandort zu bewerten. Allein die soziodemografischen Daten verraten nicht nur die Einwohneranzahl und ihre Altersstruktur, sondern auch, wie sich diese künftig entwickeln werden. Auch die Kaufkraft der Menschen aus dem Einzugsgebiet der Apotheke – und zwar differenziert nach gesundheitlichen Konsumsortimenten – lässt sich so bestimmen, und zwar unterteilt nach ihrem Alter.

Der Mix all dieser Informationen und Daten gebe dann Hinweise und Erkenntnisse darüber, wie die Bedürfnisse der Einwohner befriedigt werden können, welche Kunden- und Umsatzpotenziale ein Standort aufweist, wie die Kundenbindung gesteigert werden kann und wie dauerhaft Neukunden gewonnen werden können. Derjenige, der seinen Standort und das Umfeld nicht kennt, werde mittelfristig nicht überlebensfähig sein, warnt der Apothekenberater.

Nach wie vor berücksichtigen aber viele Apotheker bei ihrer Entscheidung für und wider einen Standort vor allem einen Faktor: ihren Bauch. „Es wird häufig lediglich gecheckt, ob es einen oder mehrere Verordner in der Nähe gibt und wie hoch der bisherige Umsatz war“, sagt Benz. „Das hat aber nichts mit dem Umsatzpotenzial einer Apotheke zu tun und ist kein Indiz dafür, wie gut sich der Standort entwickeln wird. Aber allein das ist entscheidend.“ Insgesamt würden viele Apotheker stark vergangenheits- statt zukunftsorientiert und strategisch denken. „Wenn ich heute viele ältere Kunden habe, die für Umsatz sorgen, dafür aber wenige im mittleren Alter, kann ich meine mittel- und langfristige Strategie nicht weiterhin an der älteren Kundschaft ausrichten“, betont er.

Viele unterschiedliche Faktoren des täglichen Apothekenbetriebs – von der Strategie über die Personalanforderungen bis hin zu den Öffnungszeiten – hängen am Standort beziehungsweise am Apothekentyp. Denn nicht jeder Standort sei für jeden Apotheker gleich gut geeignet. „Wer seine Berufung ganz klassisch vor allem darin sieht, Kunden zu beraten, wird mit einer Lauflage-Apotheke wahrscheinlich nicht glücklich“, meint Benz. So sei beispielsweise eine Easy-Apotheke eher ein „besserer Drogeriemarkt“. Es zähle vor allem der Umsatz. „Das hat mit dem traditionellen Berufsbild nichts mehr viel zu tun“, so der Berater.

Apotheken in Shopping- und Nahversorgungszentren würden sich vielmehr für die Unternehmer unter Pharmazeuten eignen. „Marketing ist hier ein zentrales Thema“, weiß er. „An diesen Standorten spielen Verordner eine untergeordnete Rolle, so dass der Großteil des Umsatzes aus dem OTC- und Freiwahl-Bereich resultiert.“ So habe der Inhaber dort weit größere unternehmerische Spielräume als in einer Apotheke, deren Umsatz zu einem erheblichen Teil aus den Rezepten generiert werde.

Solche „einzelhandelsorientierten“ Standorte haben laut Benz in den vergangenen Jahren an Attraktivität gewonnen. Das gelte teilweise auch für Landapotheken. „Vor allem in den Regionen, wo es noch Versorger gibt und bereits einige Konkurrenzstandorte geschlossen wurden, wird es für die verbliebenen Pharmazeuten wieder deutlich attraktiver“, berichtet Benz.

Deutlich an Attraktivität eingebüßt hätten dagegen vor allem Standorte in Ärztehäusern. Dies liege im Wesentlichen an den zunehmenden Regulierungen seitens der Gesundheitspolitik. Auch spiele der Ärztemix eine große Rolle. Besonders attraktiv für eine Apotheke sind laut Benz Allgemeinmediziner, hausärztliche Internisten, Kinderärzte, Gynäkologen sowie Hautärzte. Außerdem bewegen sich die Mieten häufig auf einem hohen Niveau. „Vermieter denken immer noch, dass Apotheken Goldesel sind“, weiß er. Und so würden Ärzteflächen häufig durch die Einnahmen aus Apothekenvermietung subventioniert.

Bei rund 40 Prozent der Apotheken in einer wirtschaftlichen Schieflage ist der ungünstige Standort der Grund für die schwierige Situation, schätzt Benz. Weitere 40 Prozent gehen allerdings mehr oder weniger auf das Konto der Inhaber. „Sie haben in der Regel keine an den Standort angepasste Strategie“, erklärt Benz die Gründe für das wirtschaftliche Scheitern. Auch essenzielle, betriebswirtschaftliche Instrumente, wie etwa das Controlling, würden nicht eingesetzt. Die Apotheke werde nicht gesteuert, sondern laufe von allein. Irgendwie. „Darin äußerst sich das vergangenheitsorientierte Denken einiger Apotheker wieder ganz deutlich“, gibt der Unternehmensberater zu bedenken. Viele Apotheker würden eher fragen, wie das Jahr gelaufen ist, statt zu überlegen, was sie für das nächste planen und wo sie in einem, zwei oder drei Jahren stehen wollten.

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