Religionsfreiheit

Ärzte wollen Regeln für Beschneidung dpa, 16.07.2012 08:49 Uhr

Berlin - 

Der Streit über rituelle Beschneidungen von Jungen hat nochmals an Schärfe zugenommen. Die Kinderhilfe warnte vor einem „Blankoscheck für religiös motivierte Kindesmisshandlungen“. Sie verteidigte die Kölner Richter, die in Beschneidungen strafbare Körperverletzungen sehen. Dagegen erklärte die Rabbinerkonferenz: „Verantwortungsbewusste Beschneidungen müssen weitergehen dürfen – vollkommen legal und gesetzlich abgesichert.“ Nur so könne Religionsfreiheit in Deutschland glaubwürdig Bestand haben, schrieb ihr Vorsitzender Henry Brandt in der Bild am Sonntag.

Die Bundesärztekammer (BÄK) begrüßte das Versprechen der Regierung, Rechtssicherheit schaffen zu wollen. „Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir das Urteil für sehr kulturunsensibel und falsch halten“, sagte Dr. Frank Ulrich Montgomery dem Tagesspiegel. Gleichzeitig riet er den Mitgliedern der Kammer davon ab, derzeit zu beschneiden. Für Ärzte bestehe die Gefahr der Bestrafung.

Der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke, mahnte ebenfalls eine verbindliche Regelung an. „Unsere Sorge ist, dass jetzt Beschneidungen stattfinden, die nicht unter den notwendigen medizinischen Voraussetzungen erfolgen.“

 

 

Die Bundesregierung hatte am Freitag auf einen Proteststurm von Juden und Muslimen gegen das Urteil reagiert und angekündigt, Rechtsklarheit schaffen zu wollen. Konkrete Vorstellungen für ein Gesetz gibt es aber noch nicht. Rabbiner Brandt betonte, im Judentum wie im Islam sei die Beschneidung von Knaben „fundamental“. Deshalb sei es „wohltuend, dass die Bundesregierung jetzt angekündigt hat, in dieser leidigen Angelegenheit Rechtssicherheit zu schaffen“.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) lässt der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zufolge prüfen, wie die Beschneidung von Jungen rechtssicher möglich gemacht werden kann. Die Formulierung eines Gesetzes sei mit erheblichen rechtstechnischen Schwierigkeiten verbunden. Insbesondere solle ausgeschlossen werden, dass auch Mädchen beschnitten werden könnten.

Die Kinderhilfe kritisierte, dass im aktuellen Streit das Thema Religionsfreiheit dominiere. Die Organisation fordert, zwischen den Grundrechten auf körperliche Unversehrtheit und Religionsfreiheit abzuwägen.