Hilfsorganisationen

Antiseren gegen Schlangenbisse fehlen dpa, 08.09.2015 15:24 Uhr

Berlin - 

Etwa fünf Millionen Menschen pro Jahr werden von Schlangen gebissen. Mindestens 100.000 sterben an dem Gift. Nun droht das Gegenmittel auszugehen.

Das wichtigste Gegengift, das bei Schlangenbissen verabreicht wird, geht der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ (ÄoG) zufolge aus. „Im Bereich Schlangenbisse sind wir heute mit einer echten Krise konfrontiert“, warnte der medizinische Sachverständige Dr. Gabriel Alcoba. Der Organisation zufolge erreichen die letzten Bestände des Medikamentes Fav-Afrique im Juni 2016 ihr Verfallsdatum.

Der Hersteller Sanofi hat die Produktion nach eigenen Angaben eingestellt. Das Unternehmen begründet das unter anderem mit hohem Aufwand bei Produktion und Qualitätskontrolle. Man lote derzeit eine Partnerschaft mit einem anderen Hersteller aus, der die Entwicklung übernehmen könnte, hieß es.

ÄoG zufolge dürfte angesichts des langen Herstellungsprozesses ab Mitte 2016 dennoch mindestens zwei Jahre lang ein Ersatzprodukt für Fav-Afrique fehlen. Das Medikament wirkt gegen das Gift von zehn Schlangenarten – darunter Kobra und Mamba. „In Afrika gibt es einige weitere Gegengifte, doch deren Wirksamkeit und Sicherheit wurden bislang nicht ausreichend nachgewiesen“, erklärte die Hilfsorganisation.

„Wir hoffen, dass Sanofi sofort mit der Herstellung des Grundstoffs zur Produktion von Fav-Afrique beginnen kann und Kapazitäten findet, um daraus die nötigen Antivenine zu extrahieren, bis in Afrika ein Ersatzprodukt für Fav-Afrique verfügbar ist“, erklärt Julien Potet, Experte für vernachlässigte Krankheiten bei der Medikamentenkampagne von ÄoG.

Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge werden jährlich etwa fünf Millionen Menschen von Schlangen gebissen – mindestens 100.000 sterben an dem Gift. Die meisten Fälle treten nach WHO-Angaben in Afrika, Asien und Lateinamerika auf.

ÄoG kritisiert, dass Schlangenbisse trotz der hohen Zahl an Todesopfern von der WHO nach wie vor als „vernachlässigtes Leiden ohne formelles Programm“ eingestuft werden. „Die Verantwortlichen im Gesundheitsbereich, die Geberländer, die Regierungen und die Pharmaunternehmen weltweit sollten anerkennen, dass ihre Vernachlässigung von Schlangenbissen zu einer Gesundheitskrise geführt hat, und unverzüglich angemessen und koordiniert reagieren.“