Muskel-Skelett-Erkrankungen, psychische Störungen und Atemwegserkrankungen sind die häufigsten Gründe für Fehltagen von Beschäftigten, deren Anzahl im Jahr 2017 insgesamt leicht rückläufig war. Das geht aus dem aktuellen Gesundheitsreport der Betriebskrankenkassen (BKK) hervor. Das Alter der Beschäftigten spielt allerdings bei der Häufigkeit von Fehltagen keine entscheidende Rolle. Ausschlaggebend ist eher die Berufswahl.
Nach dem Gesundheitsreport ging 2017 für alle bei einer BKK versicherten Beschäftigten die durchschnittliche Anzahl der Fehltage gegenüber dem Vorjahr leicht um knapp 2 Prozent auf 17,7 Tage zurück. Mehr als die Hälfte der Ausfälle waren auf Muskel-Skelett-Erkrankungen, gefolgt von psychischen Störungen und Atemwegserkrankungen zurückzuführen.
Dabei sind die Fehlzeiten zwischen den Branchen sehr unterschiedlich. Die meisten AU-Tage aufgrund von Muskel- und Skeletterkrankungen kommen in Wirtschaftsgruppen mit hohem körperlichen Arbeitsanteil vor: Die meisten Fehltage gab es bei Beschäftigten in den Branchen Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung, Verkehr und Lagerei sowie Baugewerbe. Fehltage aufgrund von psychischen Störungen waren vor allem dort zu finden, wo besonders viel beziehungsweise intensive Arbeit „mit und am Menschen“ stattfindet, wie in den Branchen Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung sowie im Gesundheits- und Sozialwesen.
Besonderes Augenmerk legte der Gesundheitsreport in diesem Jahr auf die „Generation 50+“. In den vergangenen Jahren hat der Anteil der Beschäftigten in dieser Altersgruppe zugenommen und wird, so die Prognose, auch in den nächsten Jahren weiter wachsen. Während im Jahr 2007 gerade einmal ein Fünftel aller beschäftigten BKK-Mitglieder 50 Jahre oder älter waren, war es 2017 gut ein Drittel. In den Branchen Energieversorgung sowie Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung liegt deren Anteil sogar über 43 Prozent, im Gastgewerbe sind es immerhin 25 Prozent.
„Das sind markante Veränderungen in der Arbeitswelt. Diesen angehenden Rentnern folgt eine geringere Zahl an Berufseinsteigern. Hier entsteht eine Erwerbstätigenlücke, der die Unternehmen heute nur damit begegnen können, indem junge Leute rekrutiert werden und gleichzeitig ältere Arbeitnehmer länger in der Arbeit gehalten werden müssen. Mit der Generation Babyboomer steht eine Arbeitskraftreserve zur Verfügung, die einen hohen Erfahrungsschatz besitzt und die in volatilen Zeiten flexibel einsetzbar sind“, so Professor Dr. Holger Pfaff von der Universität Köln.
Ältere BKK-Mitglieder sind laut Gesundheitsreport aber nicht wesentlich häufiger krank als die jüngeren, allerdings ist die Krankheitsdauer oft länger. Entscheidend sind die aus der Arbeit entstehenden Belastungen: So sind zum Beispiel die Beschäftigten im Gastgewerbe durchschnittlich rund einen Tag mehr arbeitsunfähig pro Jahr als die in der Energieversorgung, obwohl die in der Energieversorgung Tätigen im Schnitt etwa fünf Jahre älter sind.
Betrachtet man außerdem die Wirtschaftsgruppen mit den meisten AU-Tagen, so weisen diese in der überwiegenden Zahl auch schon bei den jüngeren Beschäftigten jeweils die meisten Fehltage auf. Ebenso verhält es sich bei Wirtschaftsgruppen mit den wenigsten AU-Tagen: Auch hier sind meist sowohl die Beschäftigten 50+ als auch die unter 50-Jährigen jeweils weniger Tage arbeitsunfähig als der Durchschnitt.
Nur anhand von Arbeitsunfähigkeitskennzahlen können laut Report aber keine Rückschlüsse auf die Produktivität von Beschäftigten 50+ in Unternehmen gezogen werden. „Internationale Studien zeigen, dass – trotz des Nachlassens einiger physischer und psychischer Leistungsvoraussetzungen im Alter – die Arbeitsleistung der älteren Beschäftigten insgesamt betrachtet nicht abnimmt“, betont Professor Dr. Jürgen Wegge von der TU Dresden. „Ältere Beschäftigte können nämlich auf der anderen Seite mit Erfahrung, sozialen Kompetenzen, und Gewissenhaftigkeit und einigem mehr punkten“, so Wegge. Mit dem Alter nehme allerdings die Varianz bei der Leistungsfähigkeit von Mitarbeitern zu. „Eine individualisierte Arbeitsplanung und altersgerechte Führung ist hier also nötig.“
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