Der Chef eines Pflegedienstes rechnete über Jahre hinweg zu viele Stunden ab. Das Gericht verurteilt ihn zu einer Haftstrafe, zeigt ihm aber auch eine Perspektive auf.
Über Jahre hinweg hat der Leiter eines großen Pflegedienstes im Kreis Unna zu viele Stunden bei der Krankenkasse AOK Nordwest abgerechnet. Auch Schichten, die von Angehörigen der zu pflegenden Patienten übernommen worden waren, tauchten regelmäßig auf den Monatsabrechnungen auf. Damit gab der Geschäftsmann vor, dass auch diese Leistungen von seinen Mitarbeitern erbracht worden waren. Am Donnerstag hat das Dortmunder Landgericht den 52-Jährigen wegen Betruges zu drei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt.
Die Staatsanwaltschaft hatte ursprünglich Anklage in mehr als 420 Fällen mit einem Gesamtschaden von mehr als acht Millionen Euro erhoben. Im Laufe des Prozesses waren jedoch viele Fälle eingestellt worden, so dass im Urteil nur noch von einem Schaden in Höhe von rund 675.000 Euro die Rede war. Doch auch damit sei der Angeklagte wohl wirtschaftlich ruiniert, sagten die Richter.
Der 52-Jährige hatte die Taten nach anfänglichem Schweigen zuletzt doch noch eingeräumt. Es sei ein Fehler gewesen, sagte er. Aber er habe einfach nicht mehr genügend Fachkräfte zur Verfügung gehabt, um allen Patienten gerecht werden zu können. Die Angehörigen hätten gerne Schichten übernommen, denn sie hätten dafür von ihm zehn Euro pro Stunde in bar erhalten.
In seinem letzten Wort vor der Urteilsberatung hatte er sich bei der AOK und bei seiner Familie entschuldigt und erklärt: „Ich werde nie wieder eine Straftat begehen. Ich werde nicht einmal mehr bei Rot über eine Ampel gehen.“
Mit dem Urteil entließen die Richter den Mann nach 13 Monaten vorerst aus der Untersuchungshaft. Künftig muss sich der Mann zwei Mal pro Woche bei der Polizei melden und seinen Reisepass bei der Staatsanwaltschaft abgeben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft kann gegen die Entscheidung noch Revision einlegen.
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