Der ehemalige Inhaber einer Apotheke im Berliner Westen stand vor dem Amtsgericht Tiergarten. 2020 und 2021 soll er gefälschte Rezepte abgerechnet und auch Arzneimittel ohne Rezept an unbekannte Empfänger abgegeben haben. Während des Verfahrens wurden drei Anklagen zusammengefasst. Die Staatsanwaltschaft plädierte in jedem der Fälle auf etwa ein Jahr Freiheitsstrafe, insgesamt drei Jahre und drei Monate. Mildernde Umstände brachten dem Angeklagten wegen Betrugs in 54 Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.
In der Anklageschrift tauchen die Punkte Betrug, Urkundenfälschung, und Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz auf: Alleine im Jahr 2020 habe der Angeklagte 169 Rezeptebei verschiedenen Krankenkassen eingereicht. Den betroffenen Kassen sei dabei ein Gesamtschaden von etwa 82.000 Euro entstanden.
Neben diesem Abrechnungsbetrug und der Urkundenfälschung sei es zudem zur Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel im Wert von rund 80.000 Euro ohne Rezept an verschiedene unbekannte Abnehmer gekommen. Zu Beginn des Prozesses kamen weitere Fälle hinzu. Aufgrund des Entgegenkommens des Angeklagten gab es einen Verständigungsvorschlag, durch den alle Vergehen im Prozess geeint werden konnten. Zusammen mit dieser dritten Anklage kam ein wesentlich höherer Schaden zustande.
Das Entgegenkommen des Apothekers war es nun, weshalb tatsächlich für alle Vergehen gesammelt die Strafe von knapp zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Tatvorwürfe räumte er vollständig ein, 10 Prozent des Schadens zahlte er bereits an die Kassen zurück, obwohl ihm selbst nicht viel Geld zur Verfügung steht. Auch seine Apotheke habe er bereits verloren. Aktuell ist diese geschlossen.
Auch der Verteidiger des Apothekers betonte die vollständige Beständigkeit und die Flucht nach vorne. Der aus dem Gaza-Streifen stammende Pharmazeut stehe immerhin vor den Trümmern seiner beruflichen Existenz, neben der Apotheke würde er vermutlich auch seine Approbation demnächst verlieren. Eine Strafe würde er sicher nicht mehr begehen und er war vorher auch nicht vorbestraft.
Außerdem seien durch die Abrechnungswege nur 20 bis 30 Prozent des bei den Kassen entstandenen Schadens am Ende beim Angeklagten gelandet, was er aber trotzdem bereitwillig weiter zurückzahle. Teilweise habe er auch Arzneimittel abgegeben, für die es tatsächlich ein echtes Rezept gab, die der eigentliche Empfänger aber nicht selbst einnahm – somit könne hier eigentlich nicht einmal von einem Schaden für die betreffende Krankenkasse gesprochen werden, so der Verteidiger.
In seinem Plädoyer sprach sich der Verteidiger für eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten aus. Der Apotheker selbst sagte, es tue ihm leid, was er getan hat. Der Richter sah von einer zusätzlichen Strafzahlung ab, zumal der Angeklagte bereits den Großteil des Schadens aus der ersten Anklage zurückgezahlt habe. Die Einziehung des Wertersatzes in einer Höhe von insgesamt 697.411,77 Euro aus allen drei Anklagen wurde angeordnet.
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