Die Brücken-Apotheke in Schwäbisch Hall ist geschlossen. Der Großhändler Gehe räumt zur Stunde die Ware aus – Apotheker Hartmut Rudolf Wagner konnte seine Rechnungen nicht mehr bezahlen. Wagner wird beim Regierungspräsidium seine Betriebserlaubnis zurückgeben und die Apothekerkammer wegen der Notdienstregelung informieren. Das Ende einer skurrilen Geschichte.
Wagner und sein Anwalt Christoph Becker von der Kanzlei „Richtig. Recht. Leipzig“ hatten bundesweit mehrere tausend Apotheker abgemahnt und hohe Forderungen gestellt. Doch als sich die Abgemahnten zur Wehr setzten, war der Angriff schnell verebbt. Der Anwalt hatte per Rundfax die Rücknahme der ausgesprochenen Abmahnungen verkündet. In dem Schreiben hieß es zudem, Wagner würde seine Geschäfte umgehend einstellen.
Wagner hatte dem widersprochen, nachdem sich Kammer und Aufsicht bei ihm gemeldet hatten. Offenbar war das Schreiben in dieser Form nicht abgestimmt gewesen. Anwalt Becker stellte später gegenüber Abgemahnten klar: Mit „umgehend“ habe er nicht „sofort“ gemeint, sondern „unter Beachtung der gebotenen Fristen“. Dahingehend habe er die zuständigen Aufsichtsbehörden informiert.
Die widersprüchlichen Angaben zur Schließung der Apotheke hatten bei betroffenen Apothekern Sorge betreffend der Rücknahme der Abmahnungen ausgelöst. Wagner hatte daraufhin versichert, dass sein Dementi nur die Schließung der Apotheke betraf: „Natürlich ist davon nicht betroffen mein Entschluss, dass der Rechtsanwalt Becker sämtliche Abmahnungen mit den darin enthaltenen Forderungen gegen die Apotheken in meinem Auftrag zurückziehen sollte und deshalb auch zurückgezogen hat.“
Von Beckers Seite hieß es: „Unser Mandant hat uns noch einmal beauftragt, zu bestätigen, dass alle Abmahnungen aufgrund des Wegfalls der Aktivlegitimation zurückgenommen worden sind.“ Damit ist die Versanderlaubnis gemeint, die Wagner auch zum Zeitpunkt der Abmahnung gar nicht besessen hatte. Einen entsprechenden Antrag hatte er auf Empfehlung der zuständigen Behörde zurückgezogen. Insofern bestand endgültig kein Wettbewerbsverhältnis mehr zu den abgemahnten Apotheken.
Jetzt schließt die Brücken-Apotheke definitiv. Laut Wagners kurzfristig hinzugezogenem Berater Detlev Bergner war es wichtig, erst die Ware abholen zu lassen. Ansonsten könne es im schlimmsten Fall passieren, dass diese beschlagnahmt und vernichtet werde. In Sachsen-Anhalt habe er so einen Fall schon einmal erlebt. Auch mit Blick auf die Kündigungsfristen gegenüber dem Personal und dem Vermieter sei ein geordneter Ablauf vonnöten. Mit der Abmahnwelle hatte Bergner nichts zu tun, die Apotheke konnte aber auch er nicht mehr vor dem Aus retten.
Schon der Vorbesitzer Karl Biener hatte die Brücken-Apotheke als Filiale im Oktober 2013 aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen. Wagner hatte die Apotheke im November übernommen. Vorübergehend hatte es Schwierigkeiten mit der neuen Betriebserlaubnis gegeben. Nach den Vorgaben der novellierten Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) mussten unter anderem im Labor einige Änderungen vorgenommen werden. Die Apotheke eröffnete erst im Februar 2014 neu.
Wagner will sich zur Ruhe setzen und auch mit dem Thema Abmahnungen abschließen. Das liegt allerdings nicht mehr in seiner Hand: Gegen beide Inititatoren der Abmahnungen wurden Beschwerden bei den jeweiligen Berufskammern eingereicht, zudem haben Betroffene mit Gegenklagen und Strafanzeigen gedroht.
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