Kommentar

Leise, leiser, ABDA

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Berlin -

Es ist wieder soweit. Warentest prüft Apotheken, das Ergebnis ist einmal mehr eher schlecht als recht. „Beratungspflichten verletzt“, „Auf Wechselwirkungen oft nicht hingewiesen“, „Rezepturen teils nicht oder falsch hergestellt“, heißt es in den Überschriften zum Beitrag. Doch die ABDA ist zufrieden: Immerhin sei man ja nicht schlechter geworden, heißt es schulterzuckend. Eine solche Interpretation ist gefährlich.

Die ABDA rechnet vor: 71 Prozent der 38 getesteten Vor-Ort- und Versandapotheken hätten diesmal mit „gut“ oder „befriedigend“ abgeschnitten. Beim letzten Test im Jahr 2010 hätten nur 54 Prozent der Stichprobe von 50 Apotheken diese Wertungen erreicht.

Das ist zwar richtig. Betrachtet man aber Offizin- und Versandapotheken getrennt voneinander, kommt man zu einem ganz anderen Ergebnis: Dann haben die Kollegen vor Ort mit akzeptabler Bewertung nämlich von 85 auf 76 Prozent verloren, während die Versender von 17 auf 64 Prozent zulegen konnten. Die ABDA kann dankbar sein, dass es die Konkurrenz im Internet gibt.

Doch vermutlich werden eh die wenigsten Medien differenzieren, wenn sie sich in ihren morgigen Ausgaben die Apotheker zur Brust nehmen. „Schlamperei aufgedeckt: Apotheken beraten schlecht“, titelt Focus bereits online. „Apothekerlobby zufrieden“, könnte nun also hinzugefügt werden.

Andere „Testopfer“ haben längst erkannt, dass man mit schlechten Testergebnissen keinen Blumentopf gewinnen kann. Erinnert sei an den Schokoladenhersteller Ritter Sport, der Warentest wegen unhaltbarer Aussagen vor Gericht zerrte. Manchmal muss man eben entschlossen kämpfen, wenn es um die eigene Sache geht.

Aber die ABDA will leise treten. Sie will keinen Krach, schon gar nicht mit Warentest. Schon im vergangenen Jahr diktierte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt einem Reporter des „Stern“ in den Block: „Ich will nicht bezweifeln, dass die meisten Tests nach Regeln stattfinden, die man akzeptieren kann.“

Zweifel gegen die Methodik wären nicht nur kommunikativ notwendig, sondern auch inhaltlich angebracht gewesen: 38 von 21.000 Apotheken sind heute genauso wenig repräsentativ wie vor vier Jahren. Wer das nicht klar macht, der riskiert, dass Trittbrettfahrer Konjunktur bekommen.

Zu behaupten, alles sei doch ganz in Ordnung bei den Apotheken, ist definitiv der falsche Weg. Einfacher kann man es Kritikern wie den Krankenkassen jedenfalls nicht machen. Wer mit mittelmäßigen Ergebnissen zufrieden ist, der will einfach nicht besser werden. Die Öffentlichkeit erwartet entweder Reue oder Gegenwehr.

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