MVZ ohne ärztliche Leitung

37.000 Euro: Regress wegen Mutterschutz

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Berlin -

So wie Apotheken oder Arztpraxen durch die jeweiligen Inhaberinnen und Inhaber geführt werden, braucht jedes Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) eine ärztliche Leitung. Kann diese nicht nachgewiesen werden, riskiert es nicht nur seine Zulassung, sondern auch seinen Anspruch auf Abrechnung. In Bayern holten sich die Kassen jetzt 37.000 Euro bei einem MVZ zurück – weil die Verantwortliche in Mutterschutz geschickt worden war.

Im Oktober 2021 teilte das zahnärztliche MVZ dem Zulassungsausschuss mit, dass die bisherige ärztliche Leiterin ihre Tätigkeit beendet habe und dass die Funktion ab Ende November von einem Nachfolger übernommen werde. Der Zulassungsausschuss bestätigte den Wechsel – die Sache schien damit geklärt zu sein.

Die leitende Zahnärztin war jedoch bereits Ende Juli ausgeschieden; der Geschäftsführer hatte ein vollständiges Beschäftigungsverbot gemäß Mutterschutzgesetz ausgesprochen. Dass es so lange gedauert hatte, bis ein Nachfolger gefunden war, und dass der Betrieb damit fast vier Monate lang ohne verantwortliche Leitung lief, sah der Zulassungsausschuss nicht als Problem: Aufgrund des statusbegründenden Charakters gebe es keine gesetzliche Möglichkeit, Beschlüsse rückwirkend zu erlassen. Daher wurde das Ende der Anstellung sowie der zahnärztlichen Leitung wie beantragt zum 24. November festgestellt.

Keine zahnärztliche Leitung

Doch ein Krankenkassenverband sah die Sache anders und beantragte bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZVB) eine Korrektur der Abrechnungen aller zwischen 29. Juli und 25. November erbrachten zahnärztlichen Leistungen. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass das MVZ in diesem Zeitraum ohne zahnärztliche Leitung gewesen sei. Die Betreiber hätten ihre Anzeigepflichten verletzt und sich dadurch einen unrechtmäßigen Vorteil verschafft.

Das MVZ verteidigte die verspätete Anzeige: Gerade bei schwangerschaftsbedingten Beschäftigungsverboten könnten sich auch auch kurzfristige Änderungen ergeben. Im Übrigen stelle ein rein arbeitsschutz- beziehungsweise mutterschutzrechtliches Beschäftigungsverbot kein absolutes Hindernis dar, Aufgaben der ärztlichen Leitung zu übernehmen, zumal es dabei um eine rein formale Stellung gehe.

Auch die KZVB gab zu Protokoll, dass das MVZ durchgehend zugelassen und zur Abrechnung berechtigt seigewesen. Selbst ohne körperliche Anwesenheit sei die zahnärztliche Leiterin weiter verantwortlich gewesen, zumal sie überhaupt erst durch Beschluss des Zulassungsausschusses in diesen Stand gehoben und entsprechend auch erst zum Stichtag aus ihm abberufen worden sei. Im Übrigen bleibe ein Leistungserbringer selbst bei Entzug der Zulassung zur Teilnahme an der Versorgung und zur Abrechnung zu Lasten der Krankenkassen berechtigt, bis die Entscheidung rechtskräftig sei – und niemals mit Rückwirkung auf den Entscheidungszeitpunkt.

Hohe Verantwortung

Doch das Sozialgericht München (SG) sah die Sache anders: Mangels zahnärztlicher Leitung seien die abgerechneten Leistungen nicht rechtmäßig erbracht worden – der Gesetzgeber messe dem Vorhandensein einer verantwortlichen Person eine hohe Bedeutung bei, wie aus der Gesetzesbegründung hervorgehe: „Nur ein ärztlicher Leiter, der in die Organisations- und Versorgungsstrukturen des medizinischen Versorgungszentrums eingebunden ist, hat tatsächlich Einwirkungsmöglichkeiten auf die dortigen Abläufe und kann sicherstellen, dass ärztliche Entscheidungen unabhängig von sachfremden Erwägungen getroffen werden.“

Weder sei die vormalige Leiterin noch in den Betrieb eingebunden gewesen, noch hätten die Betreiber des MVZ beantworten können, wer stattdessen vor Ort die Verantwortung gehabt habe. „Es ist vielmehr völlig unklar, ob überhaupt jemand und wenn ja, wer, in diesem Zeitraum die zahnärztliche Leitung ausgeübt, die Abrechnung erstellt und die Garantieerklärung [...] abgegeben hat.“

Regress trotz Zulassung

Dass das MVZ durchweg über eine Zulassung und damit einen vertragszahnärztlichen Status verfügt habe, stehe einer Richtigstellung der Abrechnung nicht entgegen. „Allein der vertragszahnärztliche Status berechtigt einen Leistungserbringer nicht automatisch zu kassenzahnärztlicher Tätigkeit.“ Vielmehr seien auch bei zugelassenen Leistungserbringern „Pflichtverstöße gegen die vertragszahnärztlichen Regelungen nicht nur disziplinarisch zu ahnden, sondern sind Leistungen die unter Verstoß gegen vertragszahnärztliche Pflichten erbracht wurden, richtig zu stellen“.

Dies stelle auch keinen vorweggenommenen Zulassungsentzug dar – da dieser endgültig zu einer Sperre für die Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung führe.

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