Nachtdienstgedanken

Neues Jahr, alte Diskussionen?

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Berlin -

Für Sarah Sonntag steht der letzte Notdienst in diesem Jahr an: Nachdem die Weihnachtstage nun überstanden sind, bereitet sich die Apothekerin gedanklich schon einmal auf das bevorstehende Jahr vor und lässt das alte Revue passieren.

„Nun haben wir es bald geschafft“, meint Sarah aufgeregt zu Fantaschale Max. Er ist jedoch gar nicht so beeindruckt wie Sarah. „Na und? Im nächsten Jahr geht es doch genauso weiter wie in diesem“, erklärt er und zuckt die Schultern – so gut das eine Fantaschale kann. Er kann die Aufregung um den Jahreswechsel, die grade allgegenwärtig zu spüren ist, nicht nachvollziehen. „Es steht doch nur eine neue Zahl hinten“, meint er. Sarah jedoch freut sich auf den Jahresabschluss – schließlich war das Jahr ziemlich turbulent.

„Denkst du im neuen Jahr wird es weitere Verunreinigungs-Skandale geben?“, fragt Max. Sarah zuckt die Schultern: „Irgendwie ist das doch schon nichts Besonderes mehr“, meint sie nachdenklich. In den vergangenen Wochen und Monaten geriet das Thema in Kundengesprächen häufig in den Fokus – kein Wunder, wo doch nun schon einige Medikamente verunreinigt waren. „Eigentlich ist es alarmierend“, meint Sarah. Neue Meldungen ernten mittlerweile nur ein genervtes „Schon wieder?“ – die anfängliche Beunruhigung rückt schon fast in den Hintergrund.

Kurz darauf klingelt es an der Notdienstklappe und Sarah wird aus ihren Gedanken gerissen. Eine junge Mutter steht vor der Tür: Die ganze Familie ist erkältet – die beiden Kinder, sie und ihren Mann hat es erwischt. Sarah fragt die Beschwerden der Familie genauer ab. „Ach geben Sie mir einfach Paracetamol“, meint die Frau. Eins der Kinder hustet ununterbrochen und auch die Mutter selbst scheint ordentlich verschleimt zu sein: Die Nase ist verstopft, die Stimme belegt – unter Fieber leidet zum Glück niemand der vier.

Sarah möchte der jungen Mutter noch einen Schleimlöser empfehlen, doch sie wimmelt die Beratung ab. „Nein, nein – geben sie mir das Paracetamol, das hat uns immer geholfen.“ Sarah versucht ihr zu vermitteln, dass der Wirkstoff nur gegen Schmerzen und Fieber helfe, nicht aber gegen die anderen Erkältungssymptome. „Wie schon gesagt, ich nehme nur das“, erklärt die Frau beratungsresistent. „Geben Sie mir bitte die Tabletten, den Saft und die Zäpfchen“, ruft Sie Sarah hinterher, die bereits zur Schublade geht.

Sarah verkauft der jungen Frau schließlich das gewünschte Schmerzmittel, weist sie jedoch noch einmal ausdrücklich auf die Dosierungen hin. „Die Tabletten sind dann für Sie und Ihren Mann, den Kindern können sie entweder Saft oder Zäpfchen geben“, erklärt sie. Ob die junge Frau nur mit Paracetamol über die restlichen Feiertage kommt, bleibt jedoch fraglich. Manche Kunden bleiben nun mal resistent gegen eine ausführliche Beratung. Ohne ein Wort des Dankes oder des Abschieds, dreht sich die Kundin um und geht.

Zurück im Büro lässt sich Sarah in den Sessel fallen. „Du hast Recht“, meint sie zu Max. „Wahrscheinlich wird der Jahreswechsel wirklich überbewertet. Im nächsten Jahr werden manche Kunden genauso unvernünftig sein wie in diesem.“ Max nickt zustimmend. „Ja und ihr werdet von ihnen vermutlich auch weiter für die Lieferengpässe verantwortlich gemacht“, fügt er hinzu. Sarah seufzt laut, nimmt einen großen Schluck Beruhigungstee aus ihrer Tasse und steckt sich ein Stück Schokolade in den Mund. „Naja, neues Jahr, alte Diskussionen.“

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