Im Kindergarten: „Gemeinsam gegen Hautkrebs“ Alexandra Negt, 20.06.2020 13:28 Uhr
Unter dem Motto „Gemeinsam gegen Hautkrebs“ beantwortet der Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) Kindergärten alle offenen Fragen rund ums Thema Sonnenschutz. Interessierte Kitas können sich an den Verband wenden und einen Besuch eines Hautarztes in Anspruch nehmen, bis Oktober ist dieses Angebot möglich. Neben Elterninformationsabenden können auch praktische Übungen mit eingebaut werden, bei denen die Kinder spielerisch mit Sonnenschutzmaßnahmen vertraut gemacht werden.
Im Sommer heißt es: Ab nach draußen. Kaum ein Kind spielt noch drinnen – alle freuen sich, dass sie wieder den ganzen Tag klettern und im Sand spielen können. Bei einem langen Aufenthalt im Freien sollte der Sonnenschutz nicht vergessen werden. Die Kinder selbst können noch nicht daran denken und so werden die Betreuer in die Pflicht genommen. Gerade Kinderhaut benötigt einen hohen Lichtschutzfaktor, um Sonnenbrände zu vermeiden.
Kinderhaut besonders dünn
Zum einen ist Kinderhaut dünner als die Haut von Erwachsenern, zum anderen kann das Organ noch nicht ausreichende Mengen Melainin bilden, sodass der körpereigene Schutz gegen UV-Strahlen gemindert ist. Die genetischen Hautveränderungen werden maßgeblich durch UV-Strahlung beeinflusst, dies gilt insbesondere für Haut im Kindes- und Jugendalter. Bei vielen Kindern entstehen auch heute noch UV-Schädigungen, die später zu einem malignen Melanom entarten können. Sonnenbrände sind in frühen Lebensjahren Risikofaktor Nummer eins für die Entstehung von Hautkrebs.
Ein weiterer Grund: Die UV-empfindlichen Stammzellen liegen bei Kindern sehr viel dichter unter der Hautoberfläche und sind den UV-Strahlen somit stärker ausgesetzt als im Erwachsenenalter. Wird nach einem langen Tag an der frischen Luft abends ein Sonnenbrand sichtbar, ist die Haut bereits erheblich geschädigt – die für die Entzündungsreaktion typische Rotfärbung tritt zeitverzögert ein. Sonnenbrände beschädigen die Reparaturmechanismen der Haut dauerhaft. UV-Strahlungsschäden addieren sich sozusagen im Laufe des Lebens.
Hautkrebs immer noch häufig
Trotz Aufklärung steigt die Zahl der Hautkrebserkrankunge weiter an. Dermatologinnen und Dermatologen erleben täglich, was das für betroffene Patienten bedeutet – zu spät erkannt, kann auch Hautkrebs auf andere Organe übergreifen. Über 150.000 Menschen erkranken jährlich in Deutschland am Basalzellkarzinom – damit liegt die Erkrankung auf Platz eins der onkologischen Erkrankungen. Um Kindern den richtigen Umgang mit Sonne und Sonnenschutzprodukten beizubringen, müssen Gesundheitserziehung und Prävention bereits im Kindesalter beginnen. Daher besuchen die Dermatologen die Kitas und sprechen vor Ort nicht nur mit den Erziehern, sondern auch mit den Kindern selbst. Akzeptieren und verstehen sie den Aufwand mit dem Eincremen, so steigt die Chance, dass sie Sonnenschutz auch als Teenager und Erwachsener in ihren Alltag integrieren.
Hauttyp und Lichtschutzfaktor
Ab wann ein Sonnenschutz nötig ist, hängt neben dem Hauttyp und der Dauer im Freien auch von der Intensität der UV-Strahlung ab. Wie hoch sie in Deutschland ist, kann jeder auf der Webseite des Bundesamts für Strahlenschutz nachlesen. LSF unter 30 sollten keine Anwendung mehr finden. Als Faustregel für die Dauer des Schutzes gilt: LSF x Eigenschutz – 10 Prozent = mögliche Sonnenzeit. Benutzt man also einen LSF von 30 und hat einen Eigenschutz von 10 Minuten (heller Hauttyp), so ergibt sich eine mögliche Sonnenzeit von 270 Minuten. Für Kinder gilt diese Regel aufgrund der abweichenden Zusammensetzung der Haut nicht. Kinder sollten sich insgesamt kürzer in der Sonne aufhalten und öfter nachgecremt werden. Denn durch Wasser oder mechanische Belastung können einzelne Hautpartien weniger geschützt sein, dies ist insbesondere bei mineralischen Filtern der Fall. Bei der verwendeten Menge sind die meisten zu sparsam. Ausreichend sind zwei Milligramm pro Quadratzentimeter Haut.
Auswahl der Sonnencreme
In den Produkten für Kinder sollten keine chemischen Filter enthalten – Titandioxid- und Zinkpartikel gehören zu den physikalischen Filtern, die meist auch von Kinderhaut gut vertragen werden. Zinkoxid gilt darüber hinaus derzeit als der sicherste UV-Filter für die Umwelt. Das Mineral weist einen ausgeglichenen UV-A- und UV-B-Schutz auf und kann auch im Urlaub am Strand oder See unbesorgt vor dem Schwimmen angewendet werden. Kinder mit einem hellen Hauttyp sollten in der Zeit von 11 bis 15 Uhr gar nicht in der Sonne sein. Das Tragen von Kleidung schützt – je nach Gewebeart – unterschiedlich gut. Hüte mit zusätzlicher Nackenbedeckung schützen Säuglinge und Kleinkinder zusätzlich. Eltern sollten sich bewusst sein, dass auch im Schatten ein großer Teil UV-Strahlung ankommt. Auch Kinder die unter Bäumen und Sonnensegeln spielen sollten mit einer ausreicheng großen Menge Sonnenmilch eingecremt werden.
Ökotest bemängelt nicht nur den ausgewählten Filter
Öko-Test hat passend zum Ferienstart Sonnencremes speziell für Kinder getestet. Das Erfreuliche: Mehr als die Hälfte der Cremes im Test schneidet „gut“ oder „sehr gut“ ab. Alle Produkte waren als „parfümfrei“ und „wasserfest“ oder „sehr wasserfest“ deklariert. Neben den enthaltenen Sonnenschutzfiltern wurden die Produkte auch in Bezug auf die Unbedenklichkeit der Inhaltsstoffe bewertet: Es wurde auf problematische Konservierungsmittel, umstrittene halogenorganische Verbindungen und das Vergällungsmittel Diethylphthalat geprüft, welches mit dem Alkohol in die Produkte geraten kann.
Kritisch sieht Öko-Test die chemischen UV-Filter Octocrylen und Homosalat, die im Verdacht stehen bei der Aufnahme in die Blutbahn das Hormonsystem zu beeinflussen. Besonders für Kinder seien diese Stoffe bedenklich, da sie sich mitten in der Entwicklung befinden. „Immerhin scheint nun auch die EU diesem Problem nachzugehen und bewertet die beiden Substanzen derzeit neu“, heißt es weiter. Enthalten sind diese Wirkstoffe in acht der getesteten Cremes – darunter auch in der Eucerin Sensitive Protect Kids Sun Lotion 50+ von Beiersdorf.
Enthaltene Kunststoffverbindungen wie Silikon oder Acrylate werteten das Gesamtergebnis ebenfalls ab. Diese Stoffe können beim Baden ins Gewässer oder auch über das Abwasser in die Umwelt gelangen. Dort können sie kaum abgebaut werden. Diese sind nicht nur im bereits erwähnten Eucerin Produkt – welches insgesamt mit „befriedigend“ bewertet wurde – sondern in fast allen konventionellen Produkten enthalten. Auch in der Eau Thermale Avène Kinder-Sonnenmilch SPF 50+ von Pierre Fabre ließen sich derartige Verbindungen finden.