Nicht nur die für Grippeimpfungen geschulten Apotheker:innen stehen für Covid-19-Immunisierungen bereit. Auch andere Pharmazeut:innen haben sich in den vergangenen Monaten mit dem Thema befasst. Der Verband innovativer Apotheken (via) etwa verweist auf 120 Approbierte, die zeitnah loslegen könnten.
Während heute im Bundestag und Bundesrat über das „Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen Covid-19“ abgestimmt wird, stehen viele Apotheker:innen bereits mit Konzepten für die ihnen zugedachte Aufgabe der Corona-Impfungen bereit. Eine davon ist Dr. Ann-Katrin Gräfe-Bub aus Siegen. Die Inhaberin der Schloss-Apotheken ist auch via-Vorsitzende. Gemeinsam mit rund 120 Kolleg:innen absolvierte sie bereits im Juni eine Schulung zu Covid-19-Impfungen.
Angeboten wurde das Seminar von dem Züricher Unternehmen pnn, das sich auf Online-Kurse für Apotheker:innen, Ärzt:innen und weitere Heilberufler spezialisiert hat. Seit 2016 werden auch Impfapotheker in der Schweiz ausgebildet, seit Januar diesen Jahres Pharma-Assistentinnen in Covid-19-Injektionen. Die Nachfrage ist vorhanden: In der vergangenen Grippeimpfsaison ließen sich mehr als 35.000 Menschen in der Apotheke gegen Influenza impfen. Im 2019 wurden mehr als 40.500 FSME-Impfungen und insgesamt rund 790 Impfungen gegen Hepatitis A und B durchgeführt.
Im April begannen verschiedene Pilotprojekte für Covid-19-Impfungen, immer mehr Kantone kamen dazu. Mittlerweile wurden rund 4 Prozent der insgesamt verabbreichten Dosen in Apotheken gespritzt. Seit Oktober 2020 kann laut dem schweizerischen Apothekerverband Pharmasuisse in 23 Kantonen in der Apotheke ohne Rezept generell geimpft werden.
Die pnn-Impfkurse für Deutschland sind an die Vorgaben der Bundesapothekerkammer (BAK) bezüglich Grippeimpfungen angelehnt und erweitert. Insgesamt gibt es elf Lektionen. „Da wir einerseits von österreichischen und andererseits deutschen Apothekenorganisationen angefragt worden waren, haben wir für sie maßgeschneiderte Kurse organisiert“, sagt Firmenchef Dr. Marc Otto. Der Informatiker betont, dass die Inhalte „nach bestem Wissen und Gewissen, in Absprache mit unseren Kunden und in Anlehnung an das von der BAK empfohlene Grippeschutz-Curriculum“ entwickelt worden seien.
Für Deutschland sei zudem darauf geachtet worden, dass in jedem Kurs auch eine Ärzt:in vor Ort sei, da im Grippeschutz-Curriculum eine ärztliche Schulung gefordert sei, sagt er. Für ihn ist klar: „Es wäre toll, wenn unsere über 100 Kursbesucher die Erlaubnis erhalten würden, gegen Covid zu impfen. Die Fähigkeit dazu haben sie.“ Und bei Covid-19 sei es wichtig, dass jeder Impfwillige seine Impfung erhalte.
Gräfe-Bub lobt den Kurs: „Diese Schulung ist sehr anspruchsvoll. Man impft auch nicht in eine Apfelsine, sondern Natriumchlorid-Lösung in den Arm seines Gruppenpartners“, sagt Gräfe-Bub. Der erste Kurs sei schnell ausgebucht gewesen. In diesem Jahr sind noch drei weitere anvisiert, die ebenfalls stark nachgefragt seien.
Die geschulten Apotheker:innen trafen bereits verschiedene Maßnahmen, um auf lokaler Ebene direkt mit dem Impfen zu beginnen. „Es handelt sich dabei um engagierte Apotheker:innen, die professionell starten können.“ Zu den Vorbereitungen zählten Gespräche mit Ämtern und Behörden beispielsweise, um Räume anzumieten – für den Fall, dass das Gesetz die Impfung außerhalb der Apotheke zulasse. „Außerdem wurde die Dienstleistung logistisch vorbereitet. Wir haben eine digitale Terminvergabe, die bereits im Hintergrund auf Covid-19-eingestellt ist.“
Wichtig ist für die Apothekerin auch die Zusammenarbeit mit den Arztpraxen. „Ich habe vorher mit meinen Ärzten gesprochen, dass ich die Impfung anbieten will“, sagt sie. „Das Miteinander an der ‚Basis‘ ist gut. Das ist ein Gemeinschaftswille da. Apotheker und Ärzte stehen im Dialog miteinander. Ich glaube nicht, dass es zu Konflikten kommt, da die Zusammenarbeit seit Jahren Hand in Hand geht.“ Außerdem müssten nicht alle Apotheken Covid-19-Impfungen anbieten. Allerdings profitiere die ganze Apothekerschaft von der neuen Dienstleistung: „Das niederschwellige Angebot von Präventionsleistungen wird den ganzen Berufsstand stärken.“
Dass seitens der Abda auf das erste Quartal verwiesen wird, kann sie nicht verstehen: „Das Thema rollt seit Monaten auf uns zu. Mit sehendem Auge hätte man die Covid-19-Impfung in der Apotheke seitens der Standesvertretung bereits so vorbereiten können, dass wir jetzt startklar gewesen wären. Das Grippe-Curriculum hätte angepasst werden können.“ Immerhin befinde man sich in einer Pandemie. „Das einzige wichtige Thema muss jetzt sein, dass sich jeder einbringt, um die Impfquote zu erhöhen.“ Dabei müssten standespolitische Gedanken außen vorgelassen werden, betont sie.
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