Kann eine Zyklus-App genauso zuverlässig eine Schwangerschaft verhindern wie die Einnahme der Pille? Stiftung Warentest hat 21 solcher Apps unter die Lupe genommen. Das Fazit ist ernüchternd, denn etliche Apps versagen, und auch der Datenschutz lässt zu wünschen übrig.
Durch das wachsende Bewusstsein zu Risiken der „Pille“ junger Mädchen und Frauen verliere die klassische Verhütungsmethode an Beliebtheit. Das ergab eine aktuelle Analyse des wissenschaftlichen Instituts der AOK (WidO). Demnach habe sich die schon in den Vorjahren abzeichnende Tendenz weiter verstärkt: Der Verordnungsanteil kombinierter oraler Kontrazeptiva sank um 4 Prozentpunkte auf 28 Prozent. Doch kann eine Zyklus-App eine Alternative darstellen um eine Schwangerschaft zuverlässig zu verhindern?
Stiftung Warentest hat hierzu insgesamt 21 Apps unter die Lupe genommen: 12 Apps für Android und 9 für iOS. Das Fazit ist ernüchternd, denn auch die besten fünf Apps erhalten nur ein „mangelhaft“. Das Problem: Diese Apps rechnen realitätsfern nur mathematisch. Eine Frau müsste demnach eine Zykluslänge von 28 Tagen und den Eisprung genau am 14. Tag haben.
Dr. Gunnar Schwan, Projektleiter des Tests warnt: „Wer die fruchtbaren Tage nach Kalender oder Mittelwerten früherer Zyklen berechnet, der kann schwer daneben liegen – und unverhofft schwanger werden.“ Beispiele für mangelhaft bewertete Apps: Flo und Menstruationskalender. Trotz der Unzuverlässigkeit werden diese Apps millionenfach heruntergeladen.
Apps, die besser abgeschnitten haben, nutzen die sogenannte symptothermale Methode: Frauen geben dazu jeden Morgen die Basaltemperatur, auch Aufwachtemperatur genannt sowie die Beschaffenheit des Zervixschleimes an. Alle Beobachtungen und Messungen werden während eines Zyklus in der App festgehalten und nach bestimmten Regeln ausgewertet. So lassen sich mit der Zeit Beginn und Ende der fruchtbaren Tage gut bestimmen. Beispiele: Lady Cycle und MyNFP.
MyNFP hat allerdings einen gravierenden Schwachpunkt: Einfache Passwörter wie simple Zahlenfolgen seien laut Warentest möglich und erleichtern so Hackern den Datenklau. „Ein sicheres Passwort sollte mindestens acht Zeichen haben sowie Groß- und Kleinbuchstaben, Ziffern und Sonderkennzeichen enthalten“, so Schwan.
Bezüglich des Datenschutzes ergab auch eine gemeinsame Überprüfung von Stiftung Warentest und der Verbraucherzentrale Bundesverband, dass es erhebliche Defizite beim Datenschutz gebe. Zyklus-Apps verarbeiten sensible Daten der Nutzerinnen: Angaben zur Periode, den Beweggründen zur App-Nutzung sowie Informationen zu körperlichen und seelischen Beschwerden.
Im Rahmen der Untersuchung wurde im Namen von drei App-Nutzerinnen umgangssprachlich formulierte Auskunftsersuchen an die zwölf ausgewählten App-Anbieter gestellt. „Die Nutzerinnen wollten wissen, ob und welche Daten über sie verarbeitet werden und wen sie bei Fragen zum Datenschutz kontaktieren können.“, so der vzbv. Sechs Anbieter solcher Apps verarbeiten personenbezogene Daten, beantworteten aber den Großteil der an sie gerichteten Anfragen nicht vollständig (gemäß Artikel 15 DSGVO). beantwortet.
„Zyklus-Apps bieten viele Vorteile: von Erinnerungen an die Periode über Unterstützung bei der Verhütung bis hin zur Planung einer Schwangerschaft. Gerade bei diesen intimen Themen müssen sich Verbraucherinnen darauf verlassen können, dass ihr Recht auf Auskunft ernst genommen und transparent beantwortet wird. Vage oder ausbleibende Antworten der Anbieter sind für Verbraucherinnen nicht tragbar“, so Sandra Krüger, Referentin im Projekt Verbraucherschutz bei digitalen Gesundheitsangeboten im vzbv.
Daher fordert Krüger: „Anbieter sollten sensibilisiert sein, auch formlose Auskunftsanfragen zu erkennen und nicht nur solche, die explizit die gesetzliche Grundlage gemäß Artikel 15 DSGVO nennen. Die Auskunftsanfragen müssen klar und verständlich beantwortet werden und Nutzerinnen müssen auf ihre Betroffenenrechte hingewiesen werden. Schon in der Datenschutzerklärung sollten die Anbieter alle tatsächlich durchgeführten Datenverarbeitungsschritte für die App nachvollziehbar erklären, damit Verbraucherinnen in der Lage sind, bereits vor dem Download eine bewusste Entscheidung für oder gegen eine Nutzung der App zu treffen.“
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