Zwischenhandel

Kleinanzeigen für Großhandelsapotheken

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Berlin -

Bekommen Apotheker Ware nicht los, drohen ihnen hohe Verluste bis zum Totalausfall. Denn die Großhändler sind bei Retouren strenger als früher, teilweise auch als Reaktion auf das Verhalten ihrer Kunden. Auf der anderen Seite haben Hersteller und Großhändler selbst immer mal Bedarf, Ware über andere als die gewohnten Kanäle zu vertreiben. Im sogenannten Zwischenhandel wird daher Schätzungen zufolge jährlich Ware im Wert von mehr als zwei Milliarden Euro vertrieben. Ein Kölner Unternehmen stellt für solche Geschäfte jetzt eine Plattform bereit: Bei Pharmastoc können Apotheker ab Juni B-Ware wie Kurzläufer verkaufen oder selbst bei Schnäppchen zuschlagen.

Pharmastoc versteht sich als „Echtzeithandelssystem für den Pharmazwischenhandel“. Das Angebot richtet sich an Apotheken mit und ohne Großhandelserlaubnis, Groß- und Zwischenhändler sowie Hersteller. Insgesamt 4000 registrierte Großhändler gibt es bundesweit, 3000 Erlaubnisse entfallen auf Apotheken.

Das Prinzip ist einfach: Die Angebote und Gesuche werden online platziert. Der Handel findet anonym statt – wer dahinter steckt, wird auf der Plattform nicht angezeigt. Das erfahren die Beteiligten – und nur sie – erst nach Abschluss der Transaktion. Dann werden Kontaktdaten, Bankverbindung und die Bezugsberechtigungen der jeweils anderen Partei ausgetauscht, um eine Abwicklung zu ermöglichen.

Damit trotzdem ein sicherer Handel möglich ist, überprüft Pharmastoc die Nutzer bei der Registrierung. Alle Zwischenhändler müssen gegenüber dem Unternehmen nachweisen, dass sie überhaupt mit Arzneimitteln handeln dürfen. Zusätzlich wird die Vorlage eines entsprechenden Handelsregisterauszugs verlangt. „Das Ganze funktioniert nur mit einem geschlossenen Nutzerkreis“, sagt André Amberge. Der Rechtsanwalt ist einer der Köpfe von Pharmastoc. Das achtköpfige Team besteht ansonsten aus Softwareentwicklern um Sebastian Albers, Vorstand ist die Kölner Unternehmerin Katharina Kirsten Salz.

Grundsätzlich können bei Pharmastoc alle Produkte mit einer PZN gehandelt werden, von Rx- und OTC-Arzneimittel über Kosmetik und Freiwahl bis zu Hilfsmitteln. Die Artikel müssen ausdrücklich nicht neuwertig sein: Der Handel mit B- oder AV-Ware oder Kleinstmengen ist ebenfalls möglich – im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften. Auf derselben Handelsstufe sind Nachlässe auch bei Rx erlaubt, auch bei Kurzläufern wurden Abweichungen vom Festpreis schon für zulässig erklärt. Allerdings liegt der Schwerpunkt beim Zwischenhandel auf nicht preisgebundener Ware.

Für die Beschaffenheit der Ware sind Kriterien vorgegeben, die Händler können ihre Angebote also nicht individuell beschreiben. Für jede Transaktion gibt es eine Meldefunktion, Pharmastoc vermittelt notfalls zwischen den Handelspartnern. Als letzte Option können einzelne Händler gesperrt werden. Vor krimineller Energie Einzelner sei man natürlich nicht gefeilt, sagt Amberge. Sicherheit soll die umfassende Registrierung bringen.

Bis zum Zustandekommen eines Deals können die Angebote jederzeit widerrufen werden. Solange noch kein Gebot eingegangen ist, kann auch der Preis nachträglich geändert werden, allerdings nur nach unten. Auch der Bieter kann sein Gebot noch anpassen. Bis ein Angebot angenommen wurde, ist alles unverbindlich. Pharmastoc empfiehlt den Nutzern daher, Ware durchaus mehrfach einzustellen: Einmal 1000 Packungen für einen Großabnehmer sowie 10x100 Packungen mit etwas höherem Preis für Händler mit kleinerem Bedarf.

Wie die Ware von einem Handelspartner zum anderen gelangt, ist deren Sache. „Wir sind nur Vermittler und stellen den Marktplatz zur Verfügung“, sagt Amberge. Unter dem Gesichtspunkt der Arzneimittelsicherheit sicher nichts für Hardliner. Hersteller können Ware bei Pharmastoc nur verkaufen, Apotheken wegen der Preisbindung keine A-Ware von Rx-Arzneimitteln abgeben. „Wir wollen uns klar vom Graumarkt abgrenzen und keine Plattform für illegale Aktivitäten schaffen“, betont Amberge.

Trotzdem ist die Anonymität im Zwischenhandel laut Amberge zentral: „Kein Apotheker will, dass der Nachbar weiß, dass er gerade Ware loswerden muss. Auch die Zwischenhändler haben regelmäßig ein Interesse daran, ihre Lieferanten geheim zu halten.“

Großhändler und Hersteller zahlen für die Nutzung 100 Euro monatlich für mindestens ein Jahr. Eine Grundgebühr für Apotheken gibt es nicht, sie zahlen aber wie alle anderen für jede Aktion: Pharmastoc kassiert jedes Mal 10 Cent, wenn ein Händler ein Angebot oder Gesuch einstellt, nachträgliche Preisänderungen sind kostenlos. Zusätzlich gibt es eine Transaktionsgebühr in Höhe von 1 Prozent des Nettowerts, mindestens aber ein Euro. Um aktiv zu werden, muss man zunächst ein Guthaben bei Pharmastoc aufladen.

Als Konkurrenz zum etablierten Großhandel versteht sich Pharmastoc nicht. „Wir hoffen, dass viele der Großen auch mitmachen. Wir erleichtern jedem Nutzer, Ware in den Markt zu bringen, die sonst vielleicht nicht mehr verkauft werden kann“, so Amberge. Bislang hat allerdings noch keiner der etablierten Großhändler seine Teilnahme erklärt, dasselbe gilt für namhafte Hersteller. In der Testphase haben zunächst 30 Apotheken aus dem Kölner Raum sowie einige Zwischenhändler mitgemacht.

Das Ziel von Pharmastoc: Bis Ende kommenden Jahres sollen 10 Prozent des Zwischenhandels über die Plattform abgewickelt werden. Das entspräche einem Handelsvolumen von 200 bis 300 Millionen Euro. Dass die etablierten Großhändler darüber nicht begeistert sein dürften, ist Amberge bewusst. „Natürlich wird es im Einzelfall Ware geben, die über uns verkauft wird statt über den Großhandel“, sagt er. Andererseits könnten auch die Großhändler zusätzliche Reichweite entwickeln, wenn sie bei Pharmastoc mitmachen.

„Der Großhandel ist nicht unser Feindbild, aber wir sehen uns klar an der Seite der Apotheker“, so Amberge. Pharmastoc soll kein Portal für Palettenware werden, sondern Apothekern die Möglichkeit geben, unerwünschte Ware wieder los zu werden. Ab Juni ist die Plattform für alle offen. Mit den Softwarehäusern sucht Amberge derzeit das Gespräch, damit es bald eine Schnittstelle für die Apotheken-EDV gibt.

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