Versandapotheken

Zur Rose schluckt Vitalsana APOTHEKE ADHOC, 23.11.2017 10:23 Uhr

Berlin - 

Zur Rose übernimmt die niederländische Versandapotheke Vitalsana. Wie der DocMorris-Mutterkonzern jetzt bekanntgab, will er im Zuge der Akquisition seine Versandaktivitäten in der Region Aachen/Heerlen bündeln – gerade einmal acht Kilometer liegen zwischen den Zentralen von DocMorris und Vitalsana. Übernommen wird aber auch die Großhandelstochter ApDG mit Sitz in Ulm.

Damit ist Ströers Ausflug in die Versandapothekenbranche nach nur einem Jahr schon vorbei. Im September 2016 hatte der Werbekonzern Vitalsana für 4,5 Millionen Euro gekauft. Wie viel Zur Rose nun zahlt, wurde nicht veröffentlicht, dem Vernehmen nach ist es aber erneut ein einstelliger Millionenbetrag. Laut eigenen Angaben machte Vitalsana hauptsächlich mit OTC-Produkten im vergangenen Jahr 30 Millionen Euro Umsatz.

Ströer scheint aber nicht ganz mit Vitalsana brechen zu wollen: Im selben Atemzug, mit dem die Übernahme bekanntgegeben wurde, kündigte Zur Rose eine „strategische Partnerschaft“ mit Ströer an. Das Vitalsana-Marketing – mit dem sich Ströer vergangenes Jahr bei vielen Apothekern unbeliebt gemacht hat – bleibt damit in der Hand des Kölner Konzerns. Die Versandapotheke werde „weiterhin auf die reichweitenstarken Medienangebote, Performance-Marketing-Möglichkeiten und datenfokussierten Produkte von Ströer“ setzen.

Vitalsana ist eine Ausgründung der Drogeriekette Schlecker. Der Konzern gründete die Versandapotheke im August 2007, ein halbes Jahr später nahm sie den reguläre Geschäftsbetrieb auf. Zwar kam Vitalsana trotz breiten Marketings nie aus den roten Zahlen raus. Die spektakuläre Schlecker-Pleite überstand das Unternehmen aber trotzdem. Schlecker Controlling-Chef Marcus Breyer übernahm die Führung im September 2012 gemeinsam mit Winfried Filzek. Geschäftsführer und Chefapotheker ist heute Jaques Waterval – der Gründer von DocMorris.

Ströer hatte nach der Vitalsana-Übernahme zunächst sogar Gespräche mit weiteren potenziellen Übernahmekandidaten geführt; unter anderem soll der Konzern bei Apo-Discounter die Bücher geprüft haben. Ein Deal kam aber nie zustande, stattdessen zieht man in Köln jetzt offenbar die Reißleine. „Die haben sich völlig verschätzt“, sagte ein Branchenkenner schon nach Bekanntwerden der ersten Gerüchte.

Vitalsana war im August 2007 von der Drogeriekette Schlecker gegründet worden. Im Februar 2008 nahm die Versandapotheke mit Sitz im niederländischen Heerlen nach einer Testphase und juristischen Auseinandersetzungen ihren regulären Geschäftsbetrieb auf. Im Juni lagen die Kataloge dann auch bei den damaligen Schlecker-Töchtern „Ihr Platz“ und „drospa“ aus. Im August 2008 wurden die ersten Pick-up-Aufsteller in den Filialen installiert. Aus den roten Zahlen kam Vitalsana trotz der Präsenz in der Fläche nie hinaus.

Nach der Pleite der Drogeriekette war die Zukunft der ehemals hauseigenen Versandapotheke lange ungewiss. Schließlich übernahm das Management im September 2012 die Führung selbst: Der ehemalige Chefcontroller von Schlecker, Marcus Breyer, und Winfried Filzek führten Vitalsana seitdem in Eigenregie. Breyer war mit zwei Dritteln an der gemeinsamen Holding HBF Capital beteiligt, Filzek zu einem Drittel. Geschäftsführer und Chefapotheker bei Vitalsana ist heute der DocMorris-Gründer Jacques Waterval. Filzek ist ebenfalls noch an Bord, er führt die Großhandelstochter ApDG mit Sitz in Ulm.

Bevor der Deal mit Ströer zustande kam, hatten Filzek und Breyer für die Investorensuche einen Verkaufsprospekt aufgelegt. Demzufolge hatte Vitalana im Jahr 2014 rund 70 Mitarbeiter und 1,6 Millionen Kunden, wobei nur ein Drittel der Aufträge über den Webshop kam. Der überwiegende Teil des Geschäfts lief über Katalog und Call Center, außerdem gab es 110.000 Abonnenten des Newsletters. Eine Zeitlang lagen die Prospekte bei der Supermarktkette Netto aus. Das Rx-Geschäft spielte traditionell keine größere Rolle.

Vitalsana rechnete damals damit, den Umsatz bis 2017 auf 32 Millionen Euro steigern zu können. Deutlich mehr Musik wäre im Geschäft, würden drei Millionen Euro in den Betrieb investiert, hieß es im Prospekt: Dann hätten die Erlöse auf 55 Millionen Euro mehr als verdoppelt werden sollen, bei einem operativen Ergebnis (EBIT) von knapp 3 Millionen Euro. Bei der Übernahme Ende 2016 beliefen sich die Erlöse laut Ströer auf rund 30 Millionen Euro.

Walter Oberhänsli, Chef des DocMorris-Mutterkonzerns Zur Rose, hatte bereits nach dem Einstieg bei Eurapon erklärt, nach weiteren Übernahmekandidaten Ausschau zu halten. Er steht unter Druck, nach dem Börsengang und den Gerüchten um einen Einstieg von Amazon beim Konkurrenten Shop-Apotheke eine Wachstumsstory erzählen zu können.