Der österreichische Hersteller Allergosan hat erneut Ärger wegen Aussagen zu seinem Nahrungsergänzungsmittel Omnibiotic. Den Hinweis „zu jedem Antibiotikum“ verbot das Landgericht München I als unzulässige gesundheitsbezogene Werbung.
Allergosan bewirbt das Produkt Omnibiotic 10 als „Probiotikum zum Antibiotikum“. Die Portionsbeutel enthalten zehn Bakterienstämme mit mindestens 5 Milliarden Keimen pro Portion und sind dazu gedacht, dem Körper die natürlich im menschlichen Darm vorkommenden Bakterien zuzuführen. Der Hinweis „zu jedem Antibotikum“ findet sich auch auf der Verpackung, genauso wie die Formulierung „wissenschaftlich geprüft“.
Beide Aussagen hält der Schutzverband gegen Unwesen in der Wirtschaft für unzulässig, im Eilverfahren kassierte das Brandenburgische Oberlandesgericht aber eine Entscheidung des Landgerichts Cottbus gegen den Hersteller. Das Hauptsacheverfahren wurde daher in München geführt. Dort sahen die Richter einen Verstoß gegen die europäische Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV), nach der Lebensmitteln keine Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zugeschrieben werden dürfen.
Der Aufdruck „zu jedem Antibiotikum“ sei hinreichend erkennbar mit der Aussage verknüpft, dass die im menschlichen Darm vorkommenden Baktierienkulturen, die durch die Einnahme eines Antibiotikums angegriffen wurden, durch die Einnahme des Produkts positiv beeinflusst werden könnten. „Hiermit wird jedenfalls der Eindruck erweckt, das angepriesene Nahrungsergänzungsmittel habe Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit, nämlich der aufgrund der Antibiotikum-Einnahme zerstörten oder angegriffenen Darmflora.“
Noch deutlicher werde dies bei der Werbung auf der Website, wo erklärt werde, dass Antibiotika nicht nur Krankheitserreger zerstörten, sondern auch ganze Stämme der „guten“ Darmbakterien, und dass es daher wichtig sei, diese durch „Nachschub“ zu ersetzen. Dieser Text habe Krankheitsbezug und werde mit der Überschrift „zu jedem Antibiotikum“ eingeleitet, sodass ganz klar erkennbar sei, welche Krankheit in Bezug genommen werden solle.
Im Eilverfahren hatte das OLG noch befunden, dass die Aussage keine Krankheit beschreibe, „denn ein Antibiotikum ist ein Arzneimittel und keine Krankheit“. Zwar könne man auf eine Linderung oder Heilung der im Zusammenhang mit der antibiotischen Therapie auftretenden Darmreizung schließen; primär werde wohl aber an die „grundsätzliche Verträglichkeit des Nahrungsergänzungsmittels im Rahmen einer begleitenden allgemeinen Nährstoffversorgung bei der Einnahme von Antibiotika“ gedacht. „Der maßgebliche Verbraucher kennt insoweit auch den Unterschied zwischen einem Arzneimittel und einem Nahrungsergänzungsmittel. Er wird daher bei einem Nahrungsergänzungsmittel nicht ohne Weiteres eine arzneimittelgleiche Wirkung erwarten.“ Außerdem fehlte den Richtern ein Sachverständigengutachten.
In München bewertete man die Sache aber durchweg anders. Das Argument des Herstellers, wonach es sich um eine Pflichtangabe handele, ließen die Richter nicht gelten: „Zutreffend ist zwar, dass Pflichtangaben von vornherein nicht wettbewerbsrechtlich unlauter sein können. Mit dem Verbot der Bewerbung ‚zu jedem Antibiotikum‘, die die in dem Präparat enthaltenen Nährstoffe gerade nicht enthält, werden der Beklagten diese Pflichtangaben jedoch in keiner Weise verboten.“
Als irreführend sei der Zusatz „wissenschaftlich geprüft“ auf der Vorder- und Rückseite der Umverpackung einzustufen. Denn Allergosan hatte im Verfügungsverfahren nur eine Untersuchung zu Amoxicillin vorgelegt. Verbraucher:innen würden die Aussage aber so verstehen, dass das Produkt zu jedem denkbaren Antibiotikum einer wissenschaftlichen Prüfung unterzogen wurde und diese Prüfung erfolgreich war. „Dies ist jedoch unstreitig nicht der Fall. Insbesondere reicht es nicht aus, Studien vorzulegen, die sich nur mit einem Antibiotikum befassen.“
Dass sich die Aussage auch auf andere auf der Produktverpackung enthaltene Angaben beziehen können, etwa auf die Vermehrungsfähigkeit der verwendeten Bakterienstämme oder darauf, dass die Inhaltsstoffe geprüft wurden und tatsächlich im Produkt enthalten sind, tut laut Urteil nichts zur Sache: „Auch in diesem Fall läge eine [...] Irreführung vor, weil auf der angegriffenen Werbeaussage gerade nicht eindeutig ersichtlich ist, was wissenschaftlich geprüft wurde.“
Da die Aussagen immer noch auf der Website zu finden sind, ist davon auszugehen, dass der Fall in die nächste Instanz geht. Weder Allergosan noch der Schutzverband wollten sich auf Nachfrage äußern. Beide Parteien streiten schon seit Jahren über das Produkt. Zunächst war der Wettbewerbsverein gegen den Vertrieb des Produkts als diätetisches Lebensmittel vorgegangen. Auch den ursprünglichen Zusatz „AAD“ musste der Hersteller später ersetzen.
Parallel ging der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) gegen das Produkt Omnibiotic Stress vor. Im Eilverfahren wurden die Bezeichnung und diverse Aussagen untersagt. Allergosan hat das Produkt in SR-9 umbenannt – und setzt auf den Bundesgerichtshof (BGH).
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