„Die Apobank schuldet den Apothekern Millionen“ Alexander Müller, 27.01.2014 11:41 Uhr
Die Apobank steht wegen ihrer Zinsanpassungklauseln in der Kritik. Bundesweit wird vor den Gerichten über Rückzahlungen gestritten. Ralph Brendel ist Vorsitzender des Bundesverbands Kreditsachverständige und Kontenprüfer. Mit seinem Büro „Zinsprüf“ unterstützt er Apotheker und Ärzte mit Gutachten. Mit APOTHEKE ADHOC sprach er über die Tricks mit den Zinsen und was Apotheker dagegen unternehmen können.
ADHOC: Wie bewerten Sie die Zinsanpassungsklauseln der Apobank?
BRENDEL: Aus meiner Sicht gibt es drei Probleme: Der erste Fehler liegt darin, dass die Apobank den Korridor für die variablen Zinsen selbst festlegt. So schön die Sicherheit ist, unabhängig von der Entwicklung am Finanzmarkt nie mehr als den maximal vereinbarten Zinssatz zu zahlen – sehr viel wahrscheinlicher ist es, dass der Leitzins unter die vereinbarte Schwelle fällt. So ist am Ende meist die Bank der Gewinner, die zusätzlich eine Abschlussgebühr kassiert und so doppelt profitiert.
ADHOC: Klingt nicht besonders fair, aber auch nicht illegal.
BRENDEL: Kritisch sind in der Tat vor allem die Regeln zur Anpassung der variablen Zinsen: Nach dem Äquivalenzprinzip müssten die Zinsen bei jeder Veränderung des Leitzinses 1:1 angepasst werden – und zwar in beide Richtungen nach den gleichen Schwellen und ohne Ermessensspielraum. Die Apobank schreibt aber oftmals auch in neuere Verträge, dass die Anpassung je nach den eigenen Refinanizierungskosten erfolgt. Das ist vollkommen intransparent und auch nicht nachvollziehbar: Was kann der Apotheker dafür, wenn sich die Apobank mal wieder verspekuliert hat?
ADHOC: Wie viele Kunden der Apobank sind betroffen?
BRENDEL: Das ist schwer zu sagen, aber anscheinend waren die meisten Verträge nicht in Ordnung. Selbst wenn die Apobank bei laufenden Verträgen die Klauseln anpasst, müsste sie die falschen Berechnungen in der Vergangenheit korrigieren und damit würde der Apotheker eine Zahlung erhalten.
ADHOC: Verjähren die Ansprüche der Apotheker?
BRENDEL: Wenn die Zinsklausel fehlerhaft ist, muss zunächst ein Richter nach billigem Ermessen die korrekte Höhe des Zinssatzes festlegen, bevor die Verjährung überhaupt zu laufen beginnt. So steht es im Gesetz, und diese Linie vertritt auch der Bundesgerichtshof (BGH). Manche Gerichte gehen in den Verfahren von einer 10-jährigen Frist aus. Die von der Apobank oft angeführte 3-jährige Verjährung greift aus meiner Sicht nicht, weil der Kunde nicht alle Umstände kennen konnte. Die kurze Frist greift nur, wenn sich der Kunde grob fahrlässig verhält. Und grob fahrlässig ist kaum, wenn die Bank verkehrt abrechnet. Ist der Apotheker noch Kunde bei der Apobank, kann er sogar mit verjährten Ansprüchen – siehe § 215 BGB – heute noch aufrechnen.
ADHOC: Was raten Sie Apothekern?
BRENDEL: Alle Konten überprüfen lassen und nichts wegwerfen – Unterlagen sind Wertpapiere. Wegen der Verjährung und der Möglichkeit der Aufrechnung sollte eine Umschuldung auf ein anderes Geldhaus auch erst nach einer Prüfung erfolgen.
ADHOC: Damit verdienen Sie dann Ihr Geld...
BRENDEL: Unsere Kunden haben die Wahl: Entweder wir rechnen stundenweise ab, dann kostet eine Prüfung der kompletten Finanzierung zwischen 2000 und 10.000 Euro, bei sehr komplexen Einzelfällen kann es auch mehr sein. Alternativ zahlt der Apotheker 25 Prozent des tatsächlich erzielten Erfolgs.
ADHOC: Was kann der Streit für die Apobank bedeuten?
BRENDEL: Dass die Apobank zu Unrecht erhaltene Beträge zurückzahlen muss. Es geht ja nur um eine Korrektur von berechtigten Ansprüchen. Die Bank hat kein Recht, Millionen zu behalten, die ihr nicht zustehen.
ADHOC: Ist das Vorgehen der Apobank vorsätzlich?
BRENDEL: Ich bewerte das mehr wirtschaftlich, arbeite aber auch regelmäßig als Gutachter den Staatsanwaltschaften zu. Strafrechtler gehen davon aus, dass eine bewusste unzulässige Handlung ab dem dritten Mal gewerbsmäßig ist. Über die Apobank sind gut 100 Gutachten im Umlauf. Das kann jeder für sich bewerten.
ADHOC: Handelt es sich um ein spezifisches Problem der Apobank?
BRENDEL: Andere Banken sind bei den Zinsanpassungen teilweise korrekter, haben aber dafür andere Schwachstellen. Die Apobank ist nicht per se schlecht. Gerade bei Existenzgründungen kann sie aufgrund ihrer Expertise mit Heilberuflern sehr schnelle und kompetente Kreditentscheidungen treffen. Allerdings gibt es schon eine ganze Reihe kritischer Produkte. Die Fondsversicherungen sind beispielsweise aus meiner Sicht totaler Unsinn.