Das Thema Plattformen für Apotheken gewinnt an Dynamik. Der Wort & Bild Verlag übernimmt eine Mehrheit an Curacado. Die Technologie soll in einem ersten Schritt für ein Vorbestellsystem genutzt werden – für Apotheken, die Kunden des Verlags sind, kostenlos. In einem halben Jahr soll ein echter Lieferdienst an den Start gehen. Gemeinsam mit Partnern will Verlagschef Andreas Arntzen eine Lösung schaffen, die zum Standard für die Branche werden soll.
Dass der Wort & Bild Verlag als Herausgeber der Apotheken Umschau beim Thema Bestellplattformen eine zentrale Rolle spielen will, war schon länger kein Geheimnis mehr. Arntzen hat sich nach eigenem Bekunden ein halbes Dutzend Lösungen im Markt angeschaut, keine hat aus seiner Sicht so gut gepasst wie Curacado: Das vom Nürnberger Apotheker Ralf König initiierte Konzept sei genauso authentisch wie der Gründer selbst, außerdem passe die Technologie zu dem, was der Wort & Bild Verlag für sein Angebot der Apotheken-Websites nutzt. Und schließlich habe Curacado bereits gezeigt, dass es funktioniert: Rund 100 Apotheken konnte König seit dem Start vor einem Jahr bereits für das Konzept gewinnen.
Allerdings will Arntzen die Technologie zunächst nur für ein Click & Collect System nutzen: Alle Kunden, die ihren Internetauftritt über den Wort & Bild Verlag beziehen, sollen sich in Kürze das Vorbestellsystem aufschalten lassen können. Immerhin 10.000 Apotheken könnten so zusammenkommen, das Angebot soll für sie kostenfrei sein. Curacado bleibt dabei genauso im Hintergrund wie der Verlag: Das Konzept ist regional ausgerichtet, die Apotheke steht im Vordergrund.
Um ein echtes Click & Delivery System umzusetzen, möchte Arntzen zunächst weitere Partner aus der Branche gewinnen. Denn auch wenn er auf einen Schlag 10.000 Websites anschließen kann und mit der Apotheken Umschau über die reichweitenstärkste Kundenzeitschrift verfügt: Dem Anspruch, den er an das Projekt stellt, kann er alleine nicht gerecht werden.
„Insellösungen werden nicht funktionieren“, sagt er. „Was wir brauchen, ist eine gemeinsame Standardlösung für den Markt.“ Softwarehäuser, Rechenzentren, Großhändler und viele Anbieter mehr, die ein Interesse daran haben, die Apotheke vor Ort zu stärken, müssten an einen Tisch. Es geht auch um Geld, um die erforderlichen Investitionen stemmen zu können, und um Know-how: „Man kann Bestelllösungen nicht von elektronischen Verordnungen trennen – und andersherum“, sagt Arntzen und hofft, mit Curacado eine Lösung anbieten zu können, an die das E-Rezept andocken kann.
„Wir sind vollkommen offen für jede Art von Partnerschaft und reden derzeit wirklich mit jedem“, sagt Arntzen. Die Resonanz sei positiv; mit Curacado habe er nun ein großes Puzzlestück in der Hand, um die Gespräche zu beschleunigen. Anfang kommenden Jahres könnte eine erste Allianz stehen, hofft er. Auf dem Weg dahin sei es auch nützlich, dass derzeit viele Projekte angestoßen würden: „Das Grundrauschen ist alles andere als kontraproduktiv.“
Eine zentrale Anlaufstelle soll es erst dann geben, wenn das gesamte System steht und eine kritische Masse erreicht ist. „Jegliche Form von nationaler Kooperation ist doch erst dann interessant, wenn man einen flächendeckenden Standard anbieten kann. Dann aber entstehen ganz neue Konstellationen und Möglichkeiten, auch Dinge, an die man heute noch gar nicht denkt.“
Die Messlatte für diesen Standard legt Arntzen hoch: Mehr als 50 Prozent der Apotheken müssten mitmachen, diese müssten dann auch noch richtig verteilt sein. Und auch die Nutzungsfrequenz der Kunden müsse bei mehr als 50 Prozent liegen. Ob das zu schaffen ist? Arntzen glaubt nicht, dass sich das Verhalten der Verbraucher über Nacht ändern wird. Ob das Angebot vom Endkunden angenommen werde, hänge wesentlich von den angebotenen Zusatzservices ab. „Wenn man die Basis geschaffen hat, kann man darauf intelligent aufbauen.“
In erster Linie will Arntzen also ein System anbieten, das vor allem die Apotheker selbst wollen. Und das, so haben Gespräche und Workshops ergeben, ist eine Lösung, mit der die Apotheke in ihrem Umkreis gegenüber dem Versandhandel in Sachen Lieferservice konkurrenzfähig bleiben kann. Auf keinen Fall soll Curacado in Richtung Preisvergleich gehen oder in einem rechtlichen Graubereich operieren. „Qualität geht vor Schnelligkeit“, sagt Arntzen.
„Mit Wort & Bild habe ich den idealen Partner gefunden, um innovative Lösungen und Services im digitalen Bereich für Apotheken weiter zu entwickeln“, freut sich König auf die bevorstehende Expansion. Curacado soll nun ein Büro in München bekommen, derzeit sitzt das Unternehmen in Nürnberg.
Curacado wurde im Juli 2017 gegründet – als Grundstein für einen bundesweiten, aber regional organisierten Versandhandel aus den Vor-Ort-Apotheken heraus. Abgeleitet hat König den Kunstnamen Curacado aus Curare für Heilen und Mercado für Markt. Einen Anstoß gab das Prime-Now-Angebot von Amazon, bei dem innerhalb einer Stunde in Metropolen Ware ausgeliefert wird.
„Nicht der Preis ist das Hauptargument für die Bestellung über den Versand. Es ist die Bequemlichkeit. Darauf müssen wir Apotheker eine Antwort finden.“ König, der selbst vier Apotheken im Nürnberger Raum in dritter Generation führt, findet es einen Fehler, dass Apotheken nur Defekte nachliefern. „Warum haben wir unsere Kunden nicht gefragt, was wir sonst noch nach Hause liefern dürfen?“
Für 149 Euro monatlich können sich Apotheker bisher bei Curacado einen professionell aufgemachten Online-Shop mieten und unter der eigenen Internetdomain betreiben. Dieser ähnelt von Aufbau und Ablauf dem großen Vorbild Amazon. Wer etwas in den Warenkorb legt, kann auswählen, ob er das Produkt in der Apotheke abholen oder sich liefern lassen will. Per Mausklick kann via PayPal, Kreditkarte oder Sofortüberweisung gezahlt werden.
Verbunden ist Curacado per MSV3-Schnittstelle mit den Arzneimittelgroßhändlern: So werden nur die für die jeweilige Apotheke vorrätigen Artikel im Shop angezeigt und die UVP eingepflegt. Jeder Apotheker kann dann seine eigenen Preise eintragen. Auch den Versand muss jede Apotheke zunächst in Eigenregie organisieren – per Botendienst.
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