Modellprojekte

Wochenblister auf dem Prüfstand

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Höhere Arzneimittelsicherheit, weniger Medikamenten-Abfall und geringere Versorgungskosten - mit diesen Argumenten bewirbt die Kohl-Tochter 7x4 Pharma ihren Wochenblister. Ob sich diese Ziele tatsächlich realisieren lassen, wollen mehrere Krankenkassen nun genau wissen. Deutschlandweit wird die industrielle Verblisterung in mehreren Modellprojekten getestet.

In der sächsischen Region Löbau-Zittau hat die AOK Plus am 1. April ein 18-monatiges Modellprojekt gestartet. Ambulante Patienten, die in der Region am integrierten Versorgungsvertrag Cardio-Integral teilnehmen und täglich mehrere parallel einzunehmende Arzneimittel benötigen, wurden von der AOK Plus über den Feldversuch mit der 7x4-Box informiert. Die Teilnahme ist freiwillig, allerdings entfällt die Zuzahlung.

Grundlage des Modells ist ein dreiseitiger Vertrag zwischen der AOK, dem Sächsischen Apothekerverband (SAV) und 7x4, dem die Apotheken beitreten können. Zusätzlich schließt die Apotheke einen Dienstleistungsvertrag mit 7x4. Die Vergütung erfolgt unabhängig von der Arzneimittelpreisverordnung: Pro Wochenblister erhält die Apotheke 5 Euro.

Verantwortlich für die Akquise der Ärzte und Apotheker ist 7x4; ein Außendienstmitarbeiter betreut die Leistungserbringer vor Ort. Bislang haben sich zwei Apotheken eingeschrieben. Der SAV rechnet damit, dass sich letztlich circa ein Drittel der Apotheken des Altkreises, der auch Modellregion für die elektronische Gesundheitskarte ist, beteiligen werden. Die Ärzte sind durch ihre Teilnahme am Vertrag der Integrierten Versorgung eingebunden.

Anfang Juni hat 7x4 die ersten Blister nach Berlin geliefert. Hier läuft ein Modellprojekt zur Heimversorgung, für das zwei 7x4-Mitarbeiter derzeit noch Leistungserbringer rekrutieren. Sieben Apotheken sind bislang dem Rahmenvertrag zwischen der Kasse, 7x4 und dem Bundesverband Deutscher Apotheker (BVDA) beigetreten. Die AOK Berlin steht eigenen Angaben zufolge derzeit auch in Verhandlungen mit dem Berliner Apotheker-Verein (BAV). Ein Ergebnis wird bis Ende des Monats erwartet.

In der Hauptstadt sollen maximal 40 Heime an der einjährigen Testphase teilnehmen, bislang haben 23 Einrichtungen ihr Interesse bekundet. Pro Heim sind durchschnittlich 60 AOK-Versicherte zu versorgen. Die Apotheke erhält bei der Belieferung von bis zu 50 Heimpatienten eine Betreuungspauschale von 2 Euro pro Wochenblister. Zusätzlich soll die Distribution mit 3,30 Euro vergütet werden.

Die AOK Bayern hatte bereits zum Jahresbeginn einen Modellversuch gestartet, beim dem sieben Apotheken für rund 3.000 Pflegeheimbewohner verblistern. 7x4 ist nur bei einer Apotheke aus Nürnberg Dienstleistungspartner; die anderen Apotheken verblistern selbst oder kooperieren mit einem lokalen Blisterzentrum. Das Pilotprojekt läuft noch bis Ende des Jahres, anschließend soll das Münchner Institut für Gesundheitsökonomik (IfG) die gewonnenen Daten analysieren.

Im Saarland, wo die 7x4-Box bereits in der Vergangenheit bei Heimpatienten getestet wurde, läuft ein weiteres Modell mit privaten Krankenversicherern: 7x4 kooperiert hier mit der Debeka, der Inter Krankenversicherung sowie der Barmenia. Dritter Vertragspartner ist jeweils der BVDA. 130 Apotheken sollen an dem Modellprojekt teilnehmen, mit dem diesmal in erster Linie die häusliche Versorgung verbessert werden soll.

Die Barmenia hat eigenen Angaben zufolge Versicherte angeschrieben, die täglich mehr als drei Medikamente einnehmen müssen und älter als 65 Jahre sind. Finanzielle Anreize zur Teilnahme soll es nicht geben. Die Kasse versteht den Wochenblister als zusätzlichen Service. Sollte dieser bei den Versicherten auf Interesse stoßen, sei ein Roll-out vorgesehen. Eine wissenschaftliche Auswertung wie sie die gesetzlichen Krankenkassen planen, sei nicht beabsichtigt, sagte eine Barmenia-Sprecherin.

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