Falsche Quittungen

Wie DocMorris sich vor Gericht verstrickte

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Berlin -

Privatversicherte haben demnächst nichts mehr davon, ihre Rezepte zu DocMorris zu schicken. Denn der niederländischen Versandapotheke wurde es erneut gerichtlich untersagt, den Kunden falsche Quittungen auszustellen, die die gewährten Boni gegenüber der Krankenversicherung verschweigen. Aus der jetzt vorliegenden Urteilsbegründung des Landgerichts Stendal geht hervor, dass sich DocMorris im Verfahren selbst widersprochen hat. Die Richter wollten der Möglichkeit zum Betrug an der Versicherung nicht zusehen und gaben dem klagenden Apotheker recht.

DocMorris hatte bei einem Testkauf die gewohnten Boni verrechnet. Zusätzlich erhielt der Kunde aber eine „Rezeptkopie zur Vorlage bei Ihrer Krankenkasse“. Auf dieser war nur der Preis ausgewiesen, nicht aber der Bonus. Wenn der Testpatient nur diese Quittung bei seiner Versicherung einreicht, bekommt er den vollen Preis erstattet, obwohl er de facto nichts bezahlt hat. Aus Sicht des Landgerichts Stendal wäre das Betrug. Und DocMorris hätte dazu angestiftet, denn mit der unvollständigen Bescheinigung werde bewusst der Anreiz gesetzt, nur diese einzureichen.

Die Versandapotheke hatte sich mit verschiedenen Argumenten gegen diese Vorwürfe zur Wehr gesetzt. So sei, trugen die Anwälte vor, den privaten Krankenversicherungen spätestens seit dem EuGH-Urteil zu Rx-Boni bekannt, dass DocMorris solche Vorteile gewähre. Es habe aber nie jemand verlangt, dass die Boni auf der Rezeptkopie ausgewiesen würden.

Und überhaupt sei ein strafrechtlich relevantes Verhalten nicht ersichtlich: Die Krankenversicherungen erhielten auch keinen Vermögensnachteil, weil die gewählten Rezeptboni den privatversicherten Kunden zustünden und nicht der Versicherung.

Das sah das Gericht indes völlig anders: Durch Vorlage einer Rezeptkopie ohne Ausweisung der erhaltenen Boni begehe der Patient einen Betrug zu Lasten seiner Versicherung. Diese gehe nämlich dann davon aus, dass der Versicherte den vollen Betrag bezahlt habe. Bei einer privaten Krankenversicherung erstrecke sich der Schutz aber nur auf tatsächlich erbrachte Leistungen, gemäß dem „Grundsatz der konkreten Bedarfsdeckung“.

DocMorris argumentierte im Verfahren aber auch so: Man verleite die Kunden mitnichten dazu, die zur Verfügung gestellten Unterlagen rechtsmissbräuchlich zu verwenden. Wenn der Kunde seiner Versicherung die Rezeptkopie, und nur diese, vorlege, könne das der Versandapotheke nicht angelastet werden, so die Argumentation. An dieser Stelle war offenbar keine Rede mehr davon, wem die Boni aus Sicht von DocMorris eigentlich zustehen.

Das Landgericht Stendal hatte hierzu indes eine klare Position: Reiche ein Versicherter eine solche Rezeptkopie zur Erstattung ein, sei das Versicherungsbetrug, DocMorris der Beihilfe schuldig. Immerhin habe DocMorris selbst vorgetragen, dass die Versicherung nicht den vollen Bertrag erstatten würde, wenn der Versicherte den Bonus mit angeben würde. In diesem Fall sei es nicht tatsächlich zum Betrug gekommen, weil nur ein Testkauf durchgeführt worden sei.

Trotzdem dürfte das Urteil – sollte es rechtskräftig werden – für DocMorris Folgen haben. Denn für Privatversicherte dürfte es kaum interessant sein, die Nachteile des Versandhandels in Kauf zu nehmen, ohne dafür finanziell entschädigt zu werden. Eine indirekte Entlastung der eigenen Beitragssätze wäre als Anreiz wohl deutlich schwächer.

DocMorris hat wie berichtet auch in dem Punkt verloren, dass personenübergreifende Kundenkonten nicht ohne Einwilligung des Patienten angelegt werden dürfen. Der gerichtsbekannte Fall dürfte nunmehr eine Angelegenheit für die Datenschützer sein.

Erwartungsgemäß durchgesetzt hat sich DocMorris dagegen in dem Klagepunkte der grundsätzlichen Gewährung von Rx-Boni. Das Landgericht verwies hier auf die Entscheidung des EuGH, wonach sich ausländische Versandapotheken nicht an die deutsche Preisbindung halten müssen.

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