Wettsteins Leute im AvP-Verfahren Alexander Müller, 24.08.2021 10:52 Uhr
Der ehemalige AVP-Chef Mathias Wettstein sitzt seit Mai in Untersuchungshaft. Ein Verfahren wegen mutmaßlicher Steuerhinterziehung wurde schon eröffnet, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen weiterer Vorwürfe im Umfeld der Insolvenz des Rechenzentrums. Auf das laufende Insolvenzverfahren versucht Wettstein so gut es geht Einfluss zu nehmen und hat seine eigenen Leute im Unternehmen positioniert. Die Motivation hat vermutlich zwei Seiten.
Seit Mitte Juli ist bei der insolventen AvP Deutschland GmbH Lars Diederichs als neuer Geschäftsführer eingetragen. Die Personalie des ehemaligen Avie-Managers hat insofern für Verwunderung gesorgt, als Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos die alleinige Entscheidungsgewalt bei AvP hat. Diederichs hat also formal keine Rechte und ist auch in das laufende Verfahren nicht eingebunden, wie er im Gespräch mit APOTHEKE ADHOC bestätigte. Hoos hat er persönlich noch nicht kennengelernt und die ehemaligen Mitarbeiter von AvP, die dem Insolvenzverwalter zuarbeiten, haben Diederichs in den früheren Räumen des Rechenzentrums auch noch nie zu Gesicht bekommen.
Es geht bei der Personalie auch eher darum, einen Fuß in der Tür zu haben und zu wissen, was im Insolvenzverfahren vor sich geht. Als Geschäftsführer der früher für die Apothekenabrechnung zuständigen AvP Deutschland GmbH hat er zumindest Akteneinsicht. Aus diesem Grund wurde Diederichs von der Vorstandsvorsitzenden der AvP AG, Daniela Klahn, zum Geschäftsführer ernannt im Namen der Gesellschafter. Und alleiniger Gesellschafter der AG ist nach wie vor Wettstein.
Klahn wurde im September – kurz nach der Pleite des Rechenzentrums – von Wettstein angesprochen und hat in der Folge den Vorstandsvorsitz bei der AG übernommen. Das klinge allerdings größer als es in Wirklichkeit ist, sagt Klahn. Auch hier geht es um Akteneinsicht und darum, eine Gesprächsebene zu haben. Für sie sei AvP ein Mandat unter anderen, der nur einen kleinen Teil ihrer Tätigkeit ausmache.
Die Juristin hat sich schon in der Vergangenheit viel mit Regulierungsrecht befasst und unter anderem zusammen mit dem Rechenzentrum König für DocMorris verschiedene Kostendämpfungsmaßnahmen überprüft – insbesondere die sozialrechtliche Frage, ob der niederländischen Versandapotheke die Herstellerrabatte zustehen. Diese Expertise wollte Wettstein an Bord holen, zumal es einen persönlichen Draht gab.
Denn der Kontakt zu Wettstein kam wohl nicht nur wegen Klahns Erfahrungen im Sozialrecht zustande. Ihr Ehemann, der ehemalige Avie-Manager Dominik Klahn sollte noch vor der Pleite des Rechenzentrums eigentlich in die Geschäftsleitung von AvP wechseln. Doch an seinem ersten Arbeitstag im September stellten sich die vermeintlichen neuen Kollegen als Mitarbeiter der BaFin heraus, die gerade beim Rechenzentrum das Ruder übernahmen. Sein Vertag war damit hinfällig, Klahn hat sich im Dezember selbstständig gemacht und mit AvP nichts mehr zu tun. Er kennt aber wiederum Diederichs gut aus gemeinsamen Zeiten beim MVDA und später bei Avie.
Daniela Klahn hat schon mehrfach beim Insolvenzverwalter vorgesprochen. „Wir bieten Herrn Hoos Zuarbeit in der Frage des Rabattverfalls an, denn das ist ja im Insolvenzverfahren einer der großen Prüfpunkte“, so Klahn gegenüber APOTHEKE ADHOC. Hoos hatte keinen übergroßen Bedarf, sich mit Personen aus Wettsteins Umfeld zu befassen, wollte aber auch gleichzeitig keine Möglichkeit ungenutzt lassen. Ein daraufhin geführtes Gespräch hat laut Hoos jedoch keine neuen Erkenntnisse gebracht. Fürs Protokoll hält Hoos nur fest, dass die neue „Geschäftsführung“ natürlich nicht aus der Insolvenzmasse bezahlt werde.
Klahn zufolge ging es bei der angebotenen Unterstützung nicht um Wettstein, sondern ausschließlich um die Insolvenzgeschädigten. Doch fraglos würde der Ex-AvP-Chef selbst davon profitieren, den Schaden der Apotheken möglichst gering zu halten. Deswegen bringt sich auch Rechtsanwalt und Steuerberater Christian Slota, der Wettstein in Zivilsachen vertritt, ebenfalls mit ein. Ob es Wettstein darum geht, seine Firma nicht schlechter dastehen zu lassen, als sie war, oder doch eher darum, Informationen für seine Verteidigung in den straf- und zivilrechtlichen Prozessen zu sammeln, wissen nur die Beteiligten selbst.