Unter den Rechenzentren bahnt sich ein Wettbieten um das ARZ Darmstadt an. Beim Branchenprimus Noventi war man sich eigentlich schon sicher, den Konkurrenten übernehmen zu können. Doch jetzt hat nach Informationen von APOTHEKE ADHOC auch der private Anbieter AvP seinen Hut in den Ring geworfen. Und gerüchtehalber sollen weitere Interessenten vorgefühlt haben.
Das Interesse von Noventi am ARZ Darmstadt ist hinterlegt, eigentlich sollte die Übernahme im Oktober verkündet werden. Damit würde im Markt der Rechenzentren ein wahrer Riese entstehen: Noventi bringt allein mit den eigenen Rechenzentren VSA, ALG und SARZ auf 6000 bis 7000 Apotheken auf Kundenseite. Das ARZ Darmstadt hat zwar in den vergangenen Jahren Federn lassen müssen, dürfte aber immerhin noch mit mehr als 2000 Apotheken abrechnen.
Kerngebiet des Rechenzentrums sind die Bundesländer Hessen, Thüringen, Rheinland-Pfalz und das Saarland. In den Stammländern ist man nach eigenen Angaben Marktführer. Das ist historisch bedingt, denn das ARZ Darmstadt gehört den Vermögensverwaltungsgesellschaften der Landesapothekerverbände dieser vier Bundesländer.
Und genau hier scheint es derzeit zu klemmen. Dem Vernehmen nach gibt es bei mindestens einem Apothekerverband noch Vorbehalte dagegen, das eigene Rechenzentrum an die Konkurrenz aus dem Süden abzugeben. Und die Satzung des ARZ Darmstadt sieht vor, dass die vier beteiligten Verbände in grundsätzlichen Fragen einstimmig entscheiden. Noventi – oder ein anderer Interessent – hätte also noch Überzeugungsarbeit zu leisten.
Hier wittert AvP-Chef Mathias Wettstein seine Chance. Er hat sich direkt an Jürgen Schneider, Geschäftsführer des Hessischen Apothekerverbands (HAV), gewandt. In einer kurzen und recht formlosen E-Mail signalisiert Wettstein sein Interesse am Kauf des ARZ Darmstadt. Er würde sich freuen, schreibt der AvP-Chef, ein Angebot machen zu dürfen, das im hohen zweistelligen Millionenbereich zuzüglich freiem Vermögen liegen könnte.
Wettstein erklärt gegenüber APOTHEKE ADHOC, warum er Interesse am Kauf des Konkurrenten bekundet hat: Bei AvP wurde demnach mit Verwunderung zur Kenntnis genommen, dass von keinem anderen Unternehmen Angebote eingeholt wurden. Bislang habe nur Noventi den sogenannten Due-Diligence-Prozess abgeschlossen. Andere potenzielle Käufer hätten dazu keine Gelegenheit gehabt, geschweige denn ein konkretes Angebot abgeben können. Genau das wäre aber doch im Interesse einer optimalen Kaufpreisfindung geboten gewesen, findet Wettstein. Es liege der Verdacht nahe, dass der derzeitige ARZ-Geschäftsführer Eigeninteressen in der Form einer Erfolgsprämie verfolge, mutmaßt der AvP-Chef.
Schneider wollte sich auf Nachfrage nicht zu dem Gesprächsangebot und auch nicht zu den Übernahmeplänen von Noventi äußern. Gespräche zwischen den Rechenzentren gebe es immer, sagte er lediglich. Das ist in diesem Zusammenhang ein Standardsatz – in diesem Fall aber mit dem kleinen Rippenstoß, dass sich Noventi-Chef Dr. Hermann Sommer, angesprochen auf das Angebot, wortgleich geäußert hat.
Sollte es zu einem Deal kommen, würde das die Kräfteverhältnisse im Markt deutlich verschieben, denn das ARZ Darmstadt zählt zu den fünf Schwergewichten der Branche. Das Rechenzentrum beschäftigt nach eigenen Angaben mehr als 100 Mitarbeiter und rechnet monatlich fünf Millionen Rezepten mit einem Gesamtvolumen von mehr als 350 Millionen Euro ab.
AvP rechnet nach eigenen Angaben mit rund 3500 Apotheken ab. Der Zukauf des ARZ Darmstadt würde den Marktanteil der Gruppe entsprechend auf circa 30 Prozent erhöhen. Das entspreche einer „gesunden Größe im Markt“, findet Wettstein. „Kauft Noventi, würde eine ungesunde Größe von circa 50 Prozent den Markt beeinflussen.“ Auch historisch betrachtet passe der Zukauf zu AvP: Immerhin habe sein Vater, Hanns Dietrich Wettstein, die Geschicke beim ARZ Darmstadt in der Vergangenheit als Geschäftsführer geleitet.
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